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Der Fruchtsaft-Sommelier: »Jede Sorte hat ihren eigenen Charakter«

Der staatlich geprüfte Lebensmittelchemiker Peter Schropp hat sich im Bereich Sensorik in den letzten Jahren weltweit große Reputation erworben. Im Gespräch mit Falstaff spricht er über Qualitätsunterschiede bei Säften und gibt Pairing-Empfehlungen für alkoholfreie Menübegleiter.

Falstaff: Herr Dr. Schropp, was gibt es beim Einsatz von Saft als Speisenbegleiter zu beachten?

Peter Schropp: Durch seinen relativ hohen Zuckergehalt kann Fruchtsaft bei Genuss von größeren Mengen sehr sättigend wirken. Daher sollte man es am besten ähnlich machen wie bei Wein: den Fruchtsaft – perfekt serviert im Weinglas – in kleineren Mengen genießen und als Durstlöscher ein Mineralwasser bereitstellen. Alternativ kann man den Fruchtsaft natürlich auch zu einer Schorle mischen. Hier sollte man unbedingt darauf achten, ein Mineralwasser mit möglichst geringem Gehalt an Hydrogencarbonat zu verwenden, da sonst die Fruchtsäure des Saftes verringert wird und somit die Schorle ihren ganz typisch frischen, fruchtigen Charakter verliert.

Gibt es, wie bei Wein, Empfehlungen für die ideale Trinktemperatur eines Safts?

Auf jeden Fall sollte er nicht zu kalt sein. ­Aromen werden bei Raumtemperatur inten­siver wahrgenommen. Etwa elf Grad ist die niedrigste Temperatur, bis zu der Saft noch seine volle Aromatik entwickeln kann.

Wie lässt sich ein qualitativ hochwertiger Saft von einem konventionellen unterscheiden?

Säfte, wie man sie im Supermarkt findet, sind qualitativ bereits sehr hochwertig. Gerade für die gehobene Gastronomie werden von Obstkeltereien wie beispielsweise van Nahmen, Kohl, Retter oder Geiger auch sortenreine Fruchtsäfte angeboten, bei denen man entdecken kann, welche Spezifika unterschiedliche Sorten entwickeln können. Aroma, Duft, ­Farbe, Mundgefühl – jede Sorte hat ihren eigenen Charakter.

Allein vom Flaschenetikett ausgehend kann man diese Qualitätskriterien aber nur schwer beurteilen …

Auch das Etikett ist ein gutes Erkennungsmerkmal. Auf vielen hochwertigen Säften finden sich neben den lebensmittelrechtlich verpflichtenden Kennzeichnungselementen auch Angaben über Süße- und Säuregehalt des ­Produkts, sodass man ihn ideal kombinieren kann. Obstkelterer Thomas Kohl aus Südtirol gliedert sein Angebot an sortenreinen Berg­apfelsäften nach deren Säuregrad: von sehr süß wie der Jonagold bis säurebetont wie der Weirouge, eine Sorte, die sich durch ihr ­vollständig rotes Fruchtfleisch auszeichnet. 

Zum Food Pairing: Gibt es Faustregeln, ­welche Saftsorte zu welchem Gang passt?

Zu feinen, leichten Gerichten wie Salaten oder Fisch passen milde, helle Säfte von Apfel, Birne oder Orange. Die herbe Note der Johannisbeere oder Sauerkirsche passt hervorragend zu dunklen Fleisch- und ­Wildgerichten. Das süße Aroma eines ­Aprikosennektars harmoniert gut mit ­asiatischen Gerichten. Der vielschichtige Geschmack der Quitte entfaltet sich hingegen perfekt in Verbindung mit Käse. Rhabarber passt zu Ziegenkäse und Fischgerichten. Und zu einem fruchtig-scharfen Curry ist meines Erachtens Ananassaft ideal.

Die schädliche Wirkung übermäßigen Alkoholkonsums ist kein Geheimnis, weniger bekannt ist dagegen das Gesundheitsrisiko, das Fruchtsäfte bergen. Fruchtzucker wandelt unser Dünndarm direkt in Fett um. Geschieht das über einen längeren Zeitraum, entsteht eine Fettleber. Wie gesund ist Saft wirklich?

Fruchtsäfte sind meiner Meinung nach sehr gesund, was auch in der Lebensmittelpyramide der Deutschen Gesellschaft für Ernährung zum Ausdruck kommt. Gemeinsam mit Obst und Gemüse findet man dort Säfte als wichtigen Bestandteil einer ausgewogenen Ernährung. Schließlich enthalten Fruchtsäfte auch wertvolle Nährstoffe wie Vitamine, Minera­lien und weitere sogenannte sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe. Seit einiger Zeit gibt es auch Hersteller, die ihre Säfte mit Kokoswasser mischen, das lebensmittelrechtlich auch als Saft gilt. Man hat also einen hundertprozentigen Saft, der aber weniger Kalorien und weniger Zucker enthält – das allerdings auch meist zulasten des Aromas.

Erschienen in
Falstaff Nr. 06/2023

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Sebastian Späth
Sebastian Späth
Chefredakteur Deutschland
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