Nyetimber in der Region Sussex gehört zu den Pionieren des englischen Sparkling-Weins.

Nyetimber in der Region Sussex gehört zu den Pionieren des englischen Sparkling-Weins.
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Die besten Schaumweine aus aller Welt

Schaumweine entstehen in praktisch allen Weinregionen der Welt. Während einige Prickler neuartiger Herkunft noch heute als Exoten gelten, sind andere bereits etabliert und überraschen mit Spitzenqualitäten.

Praktisch überall auf der Welt, wo Reben wachsen, kann auch Schaumwein produziert werden. Grundsätzlich ist das sicher richtig, denn die bewusst für die Schaumweinproduktion angestrebte niedrigere Traubenreife macht es einfacher, geeignetes Traubenmaterial zu produzieren. Ganz anders ist das etwa bei tiefgründigen Rotweinen mit Barriqueausbau, die nach besonders reifen Trauben verlangen. Wer erstklassige Schaumweine von internationalem Format produzieren will, braucht jedoch mehr als nur Reben und mildes Klima. Vielmehr stammen auch die besten Schaumweine fernab der klassischen Anbauzonen Mitteleuropas immer aus privilegierten Regionen. 

Berühmtester Aufsteiger im Schaumweinsegment war in den letzten Jahren England. Der Erfolg der englischen Schaumweine ist mitunter der Tatsache geschuldet, dass die Kreideböden der Insel geologisch nahezu identisch mit jenen der Champagne sind. Erst seit 1992 werden auf der Insel dank der Klimaerwärmung Schaumweine aus den klassischen Champagnersorten hergestellt – und heute in alle Welt exportiert. Gleich mehrere Champagnerhäuser investieren derzeit in den Weinbau in England und bauen Produktionsstätten auf. Der wirk­liche Erfolg der englischen Prickler scheint aber noch bevorzustehen. 1992 erster und heute größter Hersteller ist Nyetimber, der auch bei der Falstaff-Sparkling-Trophy erfolgreich war. Rund 1,5 Millionen ­Flaschen Schaumwein produziert das Gut jährlich. Mit Erfolg, wie der erste Platz bei unserer diesjährigen Trophy beweist. Auf dem zweiten Platz landete das eigentlich noch junge und sehr beliebte Gut Gusbourne, das 2006 die ersten Weine auf den Markt brachte. Wichtigster Exportmarkt für die englischen Schaumweine sind heute die USA.

Nyetimber ist der größte Schaumweinhersteller Englands. Roederer ist seit 1982 in den USA aktiv.
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Nyetimber ist der größte Schaumweinhersteller Englands. Roederer ist seit 1982 in den USA aktiv.

Die USA selbst haben eine lange Geschichte in der Produktion von Schaumweinen nach Champagner-Vorbild. In Kalifornien werden seit den 1860er-Jahren prickelnde Weine produziert. Bemerkenswert dabei ist, dass man in den USA noch heute Flaschen produziert auf denen der Begriff »Californian Champagne« Verwendung findet. Und das völlig legal. Dies ist auf ein Abkommen von 2005 zwischen den USA und der EU zurückzuführen, das Produzenten erlaubt, Begriffe wie »Champagner«, »Chablis« oder »Sherry« auf ihren Etiketten weiter zu verwenden, wenn sie diese Namen bereits vor der Vereinbarung verwendet haben. Nach 2005 ist das verboten. Allerdings sind es nur mehr vereinzelte, eher industrielle Produzenten, die davon heute noch Gebrauch machen. Die kalifornischen Schaumwein-Spitzenproduzenten sind heute stolz auf ihre eigenen Produkte. Und das dürfen sie auch!

Wie in England traten auch in den USA einst Champagnerproduzenten auf den Plan und investierten in den Weinbau in aufstrebenden Schaumwein-Gegenden. Die Familie Roederer kam 1982 ins nebelverhangene Anderson Valley in Mendocino County. Durch die Nähe zum Pazifik profitieren die Trauben hier von warmen Tagen und kühlen Nächten, was eine langsame Reifung und eine gute Aromenentwicklung erlaubt. Das Gut gehört zu den wenigen Schaumweinproduzenten Kaliforniens, die nur eigene Trauben verarbeiten. Der bei der Falstaff-Trophy siegreiche Spitzenwein »L’Ermitage 2013« produziert Roederer Estate seit 1989. Die »Tête de Cuvée« wird nur in den besten Jahren produziert. Der Tradition in der Heimat Frankreich folgend werden die Grundweine teilweise im Holzfass ausgebaut und mittels traditioneller Flaschengärung mit langem Ausbau auf der Hefe versektet.

Charlie Holland ist Chief Winemaker von Gusbourne in Südengland. In Kalifornien wird seit den 1860er-Jahren Schaumwein produziert. So auch im Napa Valley (u.). 
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Charlie Holland ist Chief Winemaker von Gusbourne in Südengland. In Kalifornien wird seit den 1860er-Jahren Schaumwein produziert. So auch im Napa Valley (u.). 

Bei der Falstaff-Trophy ebenfalls vorne mit dabei, aber diesmal nicht auf dem Treppchen, sind Schaumweine aus Südafrika. Auch hier etablierte sich in den vergangenen Jahrzehnten eine Kultur um die Produktion erstklassiger Schaumweine. Als Geburtsjahr des südafrikanischen Schaumweins gilt das Jahr 1971 – damals produzierte das bekannte Weingut Simonsig den ersten Schaumwein aus traditioneller Flaschengärung. Seit rund 20 Jahren – seit 1992 – wurde die Bezeichnung »Méthode Cap Classique« für die nach der Champagnermethode hergestellten südafrikanischen Weine eingeführt. Die Initiative kam damals von Herstellern von Qualitätsschaumweinen, die sich von den einfach im Tankgärverfahren oder mittels CO2-Zugabe hergestellten Pricklern abgrenzen wollten.

Napa Valley
© GettyImages
Napa Valley

Der gewählte Name Méthode Cap Classique lässt die Verbindung zum französischen Vorbild mehr als erahnen, und auch die Qualität in den Flaschen legitimiert diese Marketingstrategie durchaus. Obwohl bei Cap Classique theoretisch alle Traubensorten zugelassen sind, setzen auch die südafrikanischen Sparklingproduzenten insbesondere auf die klassischen Champagnersorten wie Chardonnay oder Pinot Noir. Die Weine müssen mindestens neun Monate auf der Hefe und insgesamt zwölf Monate auf der Flasche verbringen, um als Cap Classique bezeichnet werden zu dürfen. Erklärtes Ziel ist es, ­diesen Wert auf 15 Monate zu erhöhen, womit die Anforderungen an den Ausbau denen von klassischem Champagner entsprechen würden. Qualitativ spricht dagegen schon heute nichts.


Benjamin Herzog
Benjamin Herzog
Chefredaktion Schweiz
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