Chefredakteur Wein Ulrich Sautter, Newcomer Simon Hornstein und Falstaff-Deutschland-Geschäftsführer Philipp Froben.

Chefredakteur Wein Ulrich Sautter, Newcomer Simon Hornstein und Falstaff-Deutschland-Geschäftsführer Philipp Froben.
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Falstaff Wein-Trophy Deutschland 2023: Newcomer des Jahres

Wächst am bayerischen Bodenseeufer wirklich Wein? Aber ja! Und was für einer! Simon Hornstein gehört zu einer Gruppe engagierter Winzer, die dieses Gebiet eindrucksvoll auf die Wein-Landkarte setzen.

Zur Siegerehrung in »Brenners Park-Hotel« in Baden-Baden kommt Simon Hornstein mit Lebensgefährtin Lisa Ullmann und mit Töchterchen Alva. Der elf Monate junge Sonnenschein lächelt vertrauensvoll alle Fremden an und zeigt sich tiefenentspannt. Ganz der Papa! So könnte man jedenfalls meinen, wenn man Hornstein, gerade 30 geworden, über sich und sein Weingut sprechen hört. Vielleicht kommt solche Souveränität von der ruhigen Kraft des Bodensees, der sich – nur ein paar Rebzeilen entfernt – vor dem Hornstein’schen Anwesen ausbreitet?

Simon Hornstein mit Lebensgefährtin Lisa Ullmann und Tochter Alva.
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Simon Hornstein mit Lebensgefährtin Lisa Ullmann und Tochter Alva.

Hornstein jedenfalls hat seine Master­thesis über das Seeufer und dessen Weinbergsböden geschrieben, über den Lehmanteil in ihnen, über Terrassenkiese und Süßwassermuscheln. »Nonnenhorn ist eine Landzunge«, gibt der Winzer die geografische Perspektive vor, »geprägt von jener Zeit, als hier das Wasser noch höher stand.« Die Horizonte im Boden, die im Lauf der Jahrtausende abgelagerten Schichten, seien mit bloßem Auge gut zu erkennen, sagt Hornstein, mal sei der Kies grober, mal feiner. Die gute Durchlässigkeit dieser Böden drainiert einen Überfluss an Regenwasser, der sich so nah am Alpenrand schnell einmal einstellen kann, die Höhenlage von 400 Metern schafft ein kühles Grundklima, dem nun die Erd­erwärmung den i-Punkt aufzusetzen scheint: Denn es ist nicht mehr zu kühl und nicht mehr zu nass wie noch vor 30 Jahren. Derzeit pendelt sich die Witterung auf einem Niveau ein, das wie geschaffen ist für Spätburgunder und Chardonnay im stilistischen Eleganztypus.

Es ist die Aufgabe unserer Generation, zu ­schauen: Wie schmecken die einzelnen Lagen? Und welche Rebsorte transportiert das am besten?

Mit diesen beiden Sorten verbindet Hornstein den meisten Ehrgeiz, auch wenn er weit davon entfernt ist, das Seekind Müller-Thurgau gering zu schätzen. Aber die Burgundersorten lassen eben doch mehr Gestaltungsspielraum, und Hornstein brennt darauf, diesen zu nützen und immer noch etwas weiter zu denken – beispielsweise beim Chardonnay: »Wir ernten sehr selektiv von Hand, machen Varianten von Ganztraubenpressungen, tasten uns auch an Maischestandzeiten heran, maximal 16 Stunden, versuchen, viel ins Holz zu legen, wobei ich in Zukunft lieber größere Fässer wie Halbstücke verwenden will als Barriques, die Weine bleiben ein Jahr im Fass, ohne Schwefel auf der Vollhefe, ohne Bâtonnage. Die ­vorsichtige, aber stetige Oxidation von Phenolen schafft Haltbarkeit. Dabei komme ich von einem Stil her, der sehr streng und frisch und reduktiv unterwegs ist, aber ich stelle mir auch die Frage: Was ist kulinarischer und transportiert das Terroir besser?«

»Stehen ganz am Anfang«

Mit den anderen Betrieben im Umkreis von zehn Kilometern, die fast alle ebenfalls seiner Altersgruppe angehören, ­verbindet Hornstein die Neugier darauf, diesen früher nur für simple Tischweine genutzten ­Landstrich neu zu erkunden: »Es ist die Aufgabe unserer Generation, zu ­schauen: Wie schmecken die einzelnen Lagen? Und welche Rebsorte transportiert das am besten?« Das kommt bei Hornstein sehr glaubhaft rüber. Doch wenn er anfügt: »Ich bin mir bewusst, dass wir ganz am Anfang stehen«, möchte man ergänzen: Aber der Anfang ist glänzend gelungen. Und das ist bekanntlich die ­einfachste Übung nicht.

Ulrich Sautter
Ulrich Sautter
Wein-Chefredakteur Deutschland
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