Gin voll im Trend
Gerade die Schweiz mit ihrer historisch auf Obst- und Kräuterbrände ausgerichteten Brennkultur ist bestens auf die Produktion von Gin vorbereitet.
Noch vor ein paar Jahren hätte wohl keiner geglaubt, dass Gin eine solch steile Renaissance erlebt. Als etwas in Vergessenheit geratene Spirituose bildete er jedoch schon immer einen elementaren und somit unverzichtbaren Bestandteil vieler klassischer Cocktails. Also ganz verschwunden ist er nie, er war immer da. Wenn wir heute von Gin reden, dann geht es um seine Mannigfaltigkeit, neue Geschmacksstile, die Kombination mit Tonic Waters. Der Gin & Tonic wurde neu entdeckt, modern interpretiert und massiv verfeinert – und das mit Stil. Auch in der bis anhin von Obstbränden dominierten Schweiz wird mittlerweile emsig und erfolgreich Gin hergestellt. Die Jury der DistiSuisse 2017 hat nun die schönsten Schweizer Gins erkoren.
Als Spirituose mit «Heilwirkung gegen Magenverstimmungen» wurde der «Genever», der Vorläufer des heutigen Gins, bereits in der holländischen Arzneiliteratur des 17. Jahrhunderts erwähnt. Die rege Handelstätigkeit der Holländer brachte den Genever schnell nach England, von wo er, der sprachlichen Einfachheit halber als «Gin» bezeichnet, seinen internationalen Erfolgszug antrat. Schon schnell wurde auch auf der Insel selbst produziert, und zwar in unglaublichen Mengen, die über die ganzen Kolonien verteilt wurden. Dabei wurden neben dem Wacholder auch andere «Botanicals» beigefügt, die den Geschmack des Gins verfeinerten. Unter «Botanicals» versteht man Gewürze, Wurzeln, Früchte, Gemüse, Blätter und Blüten, die in Kombination miteinander einem Gin zu einer harmonischen und geschmacklich interessanten Einheit verhelfen.
Der globale Gin-Markt wird heute de facto von zwei grossen Kategorien geprägt: Dem «Dry Gin» und dem «Contemporary Gin». Während der Dry Gin klassisch eine prägende Wacholdernote aufweist und die anderen verwendeten Botanicals eine abrundende Aufgabe erfüllen und spezielle Facetten beigeben, stehen bei «Contemporary Gins» oftmals Zitrusfrüchte, Beeren oder andere Gewürze im Vordergrund, während der Wacholder nur dezent im Hintergrund wahrnehmbar ist, wenn überhaupt. Die «Contemporary Gins» haben über ihre innovativen Ansätze zweifellos entschieden dazu beigetragen, dass Gin in den letzten Jahren wieder ins Interesse des Konsumenten gerückt ist.
Die Schweiz mit ihrer historisch auf Obst- und Kräuterbrände ausgerichteten Brennkultur ist an und für sich bestens auf die Produktion von Gin vorbereitet. Die alpenländischen Brennereien zählen schliesslich zu den besten weltweit. Doch die gute Ausgangslage rief zuerst innovative Kräfte auf den Plan, die ausserhalb der bekannten Destillerien standen. Es waren die Initiativen von Einzelpersonen und auch von Freaks, die Brennaufträge an bestehende Brennereien gaben, Gin nach ihrer Rezeptur zu brennen, bevor diese den Nutzen eines eigenen Gins zur Bereicherung der eigenen Produktlinie erkannten und sich selbst mit Gin in der Tiefe befassten. Die Anzahl der heute in der Schweiz hergestellten Gins – offizielle Zahlen gibt es keine – dürfte deutlich über 30 liegen. Die meisten hiervon werden lokal vertrieben, andere haben über die Grossverteiler längst eine landesweite Präsenz erlangt.
Die Urteile der Juroren der DistiSuisse stehen fest. Die ausgezeichneten Produkte folgen dem international feststellbaren Trend zurück zum Dry Gin. Wobei Langeweile hier keinen Platz mehr hat. Im Gegenteil, die Wacholdernote stützt ein rundes Ganzes. Die verwendeten Botanicals bedürfen der präzisen Abstimmung, analog zu den Zahnrädchen eines Schweizer Uhrwerks. «Swiss Made» ist also schon Teil des Rezepts. Wir dürfen gespannt sein, welche Gins aus Schweizer Produktion noch folgen werden. Wobei – stolz dürfen wir schon heute sein.
Aus dem Falstaff Spezial DistiSuisse 2017.