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Große Weine auf großer Fahrt: So überbieten sich die Luxus-Schiffe mit ihrem Weinangebot

Weinkenner möchten auch auf einer Kreuzfahrt nicht auf den Genuss von Spitzenweinen verzichten. Die Schiffe des Luxussegments überbieten sich geradezu mit ihrem Angebot an Feinem und Rarem, an Wein-Events und an Wein-Service.

Der Annonce einer Reederei kann man entnehmen, welche Fähigkeiten ein Sommelier für den Dienst an Bord mitbringen sollte: flüssige Sprachkenntnisse des Englischen. Hervorragende Weinkenntnisse, gerne nach dem Ausbildungsstandard WSET Level 3. Ausgeprägtes Wissen über die Harmonie von Wein und Speisen, Serviceorientierung, außergewöhnliche kommunikative Fähigkeiten. Und die Eignung, »in einem kulturell diversen und dynamischen Umfeld« Teams zu führen.

Auch in Sachen Weinservice sollen die Gäste an Bord auf ihrer Kreuzfahrt Besonderes erleben. Das lässt sich auch an den Weinkarten der Top-Schiffe ablesen. So umfasst die Weinkarte der Ritz-Carlton Yacht Collection rund 200 verschiedene Positionen. Die Raritäten auf der Karte lassen einem das Wasser im Mund zusammenlaufen: Château Lafite gibt es als Jahrgang 2015 und 1990, es gibt vier Jahrgänge des DRC-Monopols La Tâche (2015, 2005, 2003, 1999) und ebenso des Pomerol-Hochkaräters Pétrus (2016, 2009, 2000, 1990). Im Offenausschank kann man Corton-Charlemagne von Louis Latour genießen, Opus One, Solaia oder Château d’Yquem. Auch an Land gibt es nicht viele Restaurants mit einem solchen Angebot. 

MS The World Luxury Residences: An Bord ist alles für einen glamourösen und zugleich fachlich perfekt servierten Weingenuss vorhanden.
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MS The World Luxury Residences: An Bord ist alles für einen glamourösen und zugleich fachlich perfekt servierten Weingenuss vorhanden.

Die »Europa 2« von Hapag-Lloyd Cruises hält sogar 550 verschiedene Referenzen auf ihrer Karte vor, darunter alleine 150 verschiedene Champagner, inklusive Krug Clos du Mesnil, Dom Pérignon »Plénitude« P2 oder Roederer Cristal. Bei den Stillweinen reicht die Auswahl von Flaschenpreisen ab 30 bis 6.000 Euro, mit Namen wie Mouton Rothschild, Leflaive, Leroy oder Klaus Peter Keller. Die ebenfalls auf das Top-Segment spezialisierte Reederei Crystal Cruises bietet in ihrem Restaurant »Waterside« 220 Positionen an, darunter Perlen wie den Bâtard Montrachet von Etienne Sauzet, ­mehrere Jahrgänge Romanée-Saint-Vivant von DRC, alle fünf Premiers Crus aus Bordeaux, Barbaresco Sorí Tildin von Angelo Gaja, Nicolás Catena Zapata aus Argentinien, oder Edel­süßes von Kracher, Château d’Yquem und Royal Tokaji. Etwas bescheidener, aber unter Preis-Genuss-Aspekt durchaus stimmig geht es auf den Schiffen von Seabourn Cruises zu – mit einem Weinangebot, das Chablis Grand Cru Les Blanchots von La­roche, Meursault von Louis Latour, Chateau­neuf-du-Pape beider Farben von Château La Nerthe, Amarone von Bertani oder Mas La Plana von Torres umfasst.

Ritz Carlton Yacht Collection: Die brandneue Evrima wurde im Jahr 2021 in Dienst gestellt.
© The Ritz Carlton Yacht Collection
Ritz Carlton Yacht Collection: Die brandneue Evrima wurde im Jahr 2021 in Dienst gestellt.

Winzer an Bord

Die Anbieter der Luxusklasse legen nicht nur viel Wert auf ihre Weinauswahl, sie wissen auch um den Wert des Weins für die Unterhaltung von Gästen an Bord. So ließ zuletzt die norwegische Linie Hurtigruten 1700 Flaschen eines englischen Schaumweins ein halbes Jahr lang am Grund der arktischen See reifen, hob den Schatz im Mai und schenkt die Weine nun auf den Schiffen aus, Erzählungen inklusive. Fast alle Anbieter im gehobenen Segment bieten auch Wine-Pairing-Seminare, Verkostungskurse oder sogar Vertikalproben und Masterclasses an. Gerade der Verbindung von Kulinarik und Wein schenken die Linien besondere Aufmerksamkeit; so stehen auf dem Schiff Evrima aus der Ritz Carlton Yacht Collection derzeit israelische Küche und Weine aus Israel im Fokus.

Spitzenwinzer sind überdies gern gesehene Gäste an Bord: So waren auf etwa der Europa 2 schon »Black Print«-Kultwinzer Markus Schneider oder auch Günther Jauch (von Othegraven) zu Gast, bei Crystal Cruises haben unter anderem Christian Moueix (namhafte Pomerols und Dominus/Napa), Gerhard Kracher und Roman Niewodni­czanski (Van Volxem) an Bord ihre Weine präsentiert, und sogar Jancis Robinson konnte schon für ein Weinseminar gewonnen werden. Regent Seven Seas bietet für seine Wine-&-Dine-Abende Doug Frost auf – einen der wenigen Menschen, die zugleich die Titel »Master Sommelier« und »Master of Wine« tragen. Auf The World kann man demnächst Seminare mit Aurélio Montes aus Chile oder mit Jean-Emmanuel Danjoy von Mouton-Rothschild erleben. Die Linie Norwegian präsentiert in der Reihe »Meet the Winemaker« Rob Mondavi Jr., Antonio Hidalgo (Sherry La Gitana) oder Languedoc-Starwinzer Gérard Bertrand.

Geführte Wine Tastings (hier auf der Evrima / Ritz Carlton Yacht Collection) gehören auf vielen Schiffen zum Angebot an Bord.
© Jack Hardy
Geführte Wine Tastings (hier auf der Evrima / Ritz Carlton Yacht Collection) gehören auf vielen Schiffen zum Angebot an Bord.

Eigentumswohnung auf See

Die umfangreichste und vermutlich auch hochwertigste Weinkarte auf See bietet die MS The World: Beverage Manager Marinela Ivanova, die in Deutschland im »Schlosshotel Bühlerhöhe« tätig war, bevor sie 2008 zu The World stieß, gebietet über eine Weinkarte mit 1400 Referenzen aus 19 Ländern. Dank des Coravin-Systems werden alleine 40 Weine auch glasweise ausgeschenkt. Bei den Champagnern stehen neben den großen Marken auch Winzerchampagner auf der Karte, etwa von Pierre Gimonnet, Larmandier-Bernier, de Sousa, Egly-Ouriet … Das Schlaraffenland setzt sich mit Burgundern und Bordeaux fort, etwa mit Meursault Les Perrières von Leroy, mit Clos de la Roche von Ponsot und sogar mit einem Corton-Vergennes, der eigens für The World auf der Auktion des Hospice de Beaune ersteigert wurde. Aus Bordeaux findet man unter anderem sieben Jahrgänge Lynch-­Bages auf der Liste, je drei Jahrgänge Lafite und Mouton, vier Jahrgänge Haut-Brion und alle anderen Hochkaräter mit einem bis zwei Jahrgängen. Die bittere Wahrheit ist jedoch, dass man eine Fahrt auf der The World nicht einfach buchen kann. Das Schiff definiert sich nicht als Kreuzfahrtschiff, sondern als »private residential ship«. Das heißt: Man muss Eigentümer einer der 165 Studios oder Appartements an Bord sein (oder werden), um von diesem Angebot zu profitieren. Laut der betreuenden Agentur stehen immer wieder Studios zum Verkauf, für Preise zwischen zwei und 15 Millionen US-Dollar zuzüglich der jährlichen Kosten für den Unterhalt des Schiffs.

© Hapag Lloyd Cruises

Billigere Anbieter haben eigene Gesetze

Die Durchsicht zahlreicher anderer Weinkarten zeigt, dass die Qualität der im Ausschank befindlichen Weine sehr rasch sinkt, wenn man sich von den absoluten Top-Anbietern entfernt. Bei vielen der Preislisten selbst im gehobenen Mittelfeld wird ganz offenkundig vor allem nach Marge eingekauft. Häufig werden auch Getränkepakete angeboten, die eine Art Flatrate für den Weinkonsum an Bord darstellen. Die allermeisten dieser Offerten sind eindeutig nicht empfehlenswert. Immerhin bietet Norwegian in diesem Genre ein »Premium Plus«-Paket an, das einige akzeptable bis gute Weine vorsieht, etwa Eroica aus Washington (Loosen/Château St. Michelle), Terrazas de los Andes Reserva Malbec oder Dow’s Quinta do Bomfim Port.

Ein von Falstaff befragter Gast eines Kreuzfahrtschiffs der Mittelklasse erzählte, dass er die Weinbar an Bord trotz 5.000 Reisegästen oft menschenleer angetroffen habe. Doch nichts ist so schlecht, dass es nicht auch gute Seiten hätte: Aus dem insgesamt mediokren Angebot habe ein Posten Champagner herausgeragt: Eine Flasche Dom Pérignon 2012 stand für 120 Dollar auf der Karte. Deutlich unter Ladenpreis.


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Erschienen in
Falstaff Nr. 08/2023

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Ulrich Sautter
Ulrich Sautter
Wein-Chefredakteur Deutschland
Aakriti Dhawan
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