© Manfred Horvath

Welt aus Kalk und Schiefer

Im Westen des Neusiedler Sees erhebt sich der lang gestreckte Rücken des Leithabergs, an dessen Ostflanken seit Jahrhunderten der Weinbau blüht.

Die optimale Ausrichtung und die kalkreichen Böden lassen Weiß- wie Rotweine entstehen, die ein unverwechselbares aromatisches Profil besitzen. Das Gebiet für Leithaberg DAC-Weine beginnt in Jois am nördlichsten Ende des letzten Alpenzipfels und zieht sich bis nach Mörbisch und in die Ausläufer des Ruster Hügellandes. Eine Gruppe von qualitätsorientierten Winzern teilte bereits früh die Idee, dass die Weine vom Leithaberg dank dessen spezieller Geologie und der klimatischen Bedingungen etwas Besonderes sind. Sie gründete den Verein Leithaberg, um gemeinsam die unverwechselbaren Eigenschaften zu bewerben. Vor elf Jahren wurde diese Idee in ein eigenständiges DAC überführt, mit dem ersten Jahrgang Leithaberg DAC Rot 2008 sowie Weiß 2009 gab es erstmals ein DAC-Herkunftsgebiet, das sowohl einen Rot- als auch einen Weißwein hat.

In einem jüngst gesetzten Schritt wurden nun die auch Lagenweine mit ins Boot geholt. Lagenweine, die früher unter der Bezeichnung Burgenland gefüllt wurden, können nun ebenfalls unter das DAC-Siegel genommen werden.

Heute ist das Leithaberg DAC eine der echten Erfolgsgeschichten unter den in den beiden letzten Dekaden in Österreich neu definierten geschützten Herkünften. Der entscheidende Punkt dabei war wohl, dass es aufgrund sehr sorgfältiger Vorarbeit gelungen ist, einen gebietstypischen Stil zu definieren, der nicht nur auf dem geduldigen Papier steht, sondern auch vom Konsumenten sehr leicht erkostet werden kann. Es sind mehrere positive Faktoren, die die Leithaberg DAC-Weine so besonders machen. Da wäre der Leithaberg am Westufer des Neusiedler Sees selbst. Viel Sonne bei Tag und kühle Nächte verleihen dem Wein eine unverwechselbare Frische. Der wahre Schatz aber ist das Terroir, das hier gleich mit zwei prägenden Elementen aufwartet: dem Leithakalk und dem Glimmerschiefer. Der Kalkstein, der sich aus dem versteinerten Erbe Millionen Jahre alter Meeresfossilien zusammensetzt, gibt dem Wein außerdem Dichte und eine einzigartige mineralische Note.

Die Verteilung von Kalk und Schiefer in den Rieden am Leithaberg ist sehr unterschiedlich gewichtet. Daher ist es essenziell, dass die Winzer ihre Böden sehr genau kennen und die Wahl der Rebsorten richtig auf die Gegebenheiten abstimmen. Und weil die Bedingungen selbst in einem Dorf von Weingarten zu Weingarten, ja, auch innerhalb einer einzigen Riede sehr unterschiedlich sein können, gibt es neuerdings auch die Möglichkeit, Leithaberg DAC mit Riedbezeichnung herzustellen. So werden heute in speziellen Programmen die einzelnen Lagen der Dörfer am Leithaberg genau erforscht.

Darüber hinaus sind aber zahlreiche Projekte in Planung, die Flora und Fauna im Habitat Leithaberg betreffen und nicht nur den Weinbau, sondern die gesamte Region zum Gegenstand haben. So wurde bereits begonnen, in und um die Weingärten gewisse Baumarten zu rekultivieren.

Weine mit der Herkunft Leithaberg DAC gibt es sowohl weiß wie rot, wobei die erlaubten Sorten exakt auf die regionalen Bedürfnisse zugeschnitten sind. Bei den weißen Leithaberg DAC-Weinen sind Chardonnay, Weißburgunder, Neuburger und der am Leithaberg schon lange heimische Grüne Veltliner sowie Cuvées aus den genannten Sorten erlaubt.  Beim Rotwein fungiert der Blaufränkisch als die optimal geeignete Rebsorte als Einzeldarsteller. Der Ausbau der Weine erfolgt im großen Holzfass, der Einsatz von neuem Holz ist ausdrücklich nicht gewünscht, damit die feinen Nuancen der jeweiligen Herkunft nicht von Eichenaromen überspült werden. Sowohl Leithaberg DAC Weiß wie auch Leithaberg DAC Rot fallen in die Kategorie der Reserve-Weine. Sie kommen daher erst nach einem beziehungsweise im Falle des Leithaberg DAC Blaufränkisch nach zwei Jahren auf den Markt.

Nachhaltigkeit im Fokus

Die Nähe zur Natur spielt für die Leithaberg DAC-Winzer eine wesentliche Rolle. In keiner anderen geschützten Herkunft für österreichischen Wein kann man einen so hohen Anteil an Betrieben finden, die bio oder biodynamisch zertifiziert sind oder sich durch entsprechende Umstellungsmaßnahmen bereits auf dem Weg dorthin befinden. Und das ist ein weiteres Mosaiksteinchen, das dazu beiträgt, den Weinen ihren ungeschminkten Charakter zu belassen und dem Genießer den wahren Kern des Leithabergs im Glas zu präsentieren. In der Verkostung gereifterer Produkte kann man den Tiefgang und die Langlebigkeit ergründen, die dank der Zutaten Kalk und Schiefer die Leithaberg DAC-Weinen auszeichnen.

Eine besondere Stellung am Leithaberg kommt dem Weingut Kollwentz zu, das in jeder Hinsicht zu den Qualitätspionieren dieser Region zählt. Andreas Kollwentz führt das konsequent fort, was Anton Kollwentz bereits in den Siebzigerjahren begonnen hat. Kollwentz zählt seit Jahrzehnten sowohl beim Chardonnay als auch bei den Rotweinen zur absoluten Spitze des Landes. Von historisch eminenter Bedeutung ist auch Esterházy Wein, das Weingut der einstigen Landesfürsten, das dank umfangreicher Innovation in einen neuen Keller und dank seiner exquisiten Weingärten zu den Leitbetrieben gehört. In Donnerskirchen am Leithaberg werden aufgrund der speziellen Bedingungen traditionell Grüner Veltliner und auch etwas Riesling gepflegt, in Eisenstadt hat die autochthone Sorte Neuburger in Erwin Tinhof ihren engagiertesten Verfechter. Längst hat sich die Güte der Burgunder- und Blaufränkischtrauben vom Leithaberg herumgesprochen, sodass heute auch führende Betriebe vom Ostufer des Sees diese gerne verarbeiten. Im Süden schließt an das Leithaberg-Gebiet das Gebiet am Fuße des Rosaliengebirges an, das Pöttelsdorf als Zentrum hat und seit dem Jahrgang 2017 die Herkunft Rosalia DAC trägt. Auf den fruchtbaren Braunerde-Lössböden dominieren hier der Blaufränkisch und Zweigelt, die hier reinsortig zu DAC und DAC Reserve verarbeitet werden. Rosalia ist auch das erste DAC-Gebiet, das für einen Roséwein zugelassen wurde.


Die kleine Weinstadt Rust ist nicht nur Sitz der Weinakademie Österreichs, sondern Herkunft von gesuchten trockenen Weiß- und Rotweinen. Hier kelterte 1986 Ernst Triebaumer den legendären Blaufränkisch Ried Mariental, der als einer der ersten österreichischen Rotweine von internationalem Format Geschichte schrieb. Rust ist zudem die Wiege eines besonderen Süßweinjuwels, des Ruster Ausbruchs. Das Vorbild für diesen Weinstil bildet der weltberühmte Süßwein von Tokaj. Kein Wunder, dass sich in Rust bis heute die rare Rebsorte Furmint gehalten hat, die auch in Ostungarn zur Tokaj-Produktion in Verwendung war.

In Rust haben sich 1991 die Betriebe zum Verein Cercle Ruster Ausbruch zusammengeschlossen, der diese Tradition hochhält. Die bekanntesten Erzeuger sind Heidi Schröck, Feiler-Artinger, Peter Schandl, Georg Seiler, Günter und Regina Triebaumer und Michael Wenzel. Der klassische Ausbruch zeigt sich im Vergleich mit den Trockenbeerenauslesen von der anderen Seite des Neusiedler Sees oft etwas kräftiger in Farbe, hat in der Nase zart brotig-würzige Nuancen von der Botrytis, besitzt etwas mehr Alkohol und verfügt über weniger Üppigkeit, dafür aber über mehr Finesse.

Als typisch für den Ruster Ausbruch gilt das charakteristische Süße-Säure-Spiel, der dieser Dessertweintypus den sorgfältig gewählten Rebsorten ebenso verdankt wie den speziellen Voraussetzungen, die die Region zu bieten hat. Kulinarisch bietet der Ruster Ausbruch eine große Vielfalt an Kombinationen, die weit über Nachspeisen hinausreichen. Neben Blauschimmelkäse und Gänseleber machte er speziell zur asiatischen Küche gute Figur.


Peter Moser
Peter Moser
Wein-Chefredakteur Österreich
Mehr entdecken
Weingut
Weingut Kollwentz
Das macht die wirklich Großen unter den Winzern aus: Ob kleiner oder grandioser Jahrgang, auf sie...
Hauptstraße 120, 7051 Großhöflein
Mehr zum Thema