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Analyse: Der Wein-Jahrgang 2020 weltweit

Auch im Weinbau war Corona das beherrschende Thema des letzten Jahres. Die Winzer haben diese Herausforderung zwar bestanden, die Absatzmärkte jedoch noch lange nicht.

Deutschland: Aussichtsreich

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In Deutschland ist das augenfälligste Merkmal des Jahrgangs 2020, wie stark die Erträge je nach Anbaugebiet variieren: Die Hessische Bergstraße und der Rheingau etwa haben eine reiche Ernte eingefahren – 31 bzw. 20 Prozent über dem langjährigen Mittel. Am anderen Ende der Skala rangieren, bedingt durch verheerende Spätfröste, Saale-Unstrut mit minus 29 und Franken mit minus 38 Prozent.

In puncto Vegetationsverlauf ist 2020 vom Austrieb weg der dritte frühe Jahrgang in Folge. Auch ein weiteres Motiv kennt man bereits aus den Vorjahren: Obwohl es im Jänner und Februar 2020 reichlich Niederschlag gab, waren die Wasserreserven im Spätsommer aufgezehrt. Die Trockenheit führte zu kleinen Beeren, was sich besonders in den Rotweinen mit guter Farbe und stoffiger Dichte bemerkbar macht. In besonders warmen Regionen wie dem Kaiserstuhl in Südbaden war die Lese bereits um den 15. September beendet. Die extrem warme Witterung Mitte September führte dazu, dass die Winzer vermehrt in den frühen Morgenstunden oder hie und da sogar mitten in der Nacht zur Lese schritten, um die Frische der Trauben zu wahren. In den kühleren Riesling-Regionen wie Nahe und Mosel dauerte die Lese bis in den Oktober hinein. Allgemein wird aber berichtet, dass der zeitliche Abstand zwischen früh- und spätreifen Sorten dieses Jahr besonders klein war. 

Hinsichtlich der Qualität sprechen die Winzer von vielversprechenden Ergebnissen. Die Weine weisen in der Regel eine gute Konzentration auf, durch die schnelle und zeitige Lese konnten frische Säuren erhalten werden. In den Kellern liegt ein klassischer Riesling-Jahrgang.

Österreich: Lebendig, klassisch und vielversprechend

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Die Winzer der Alpenrepublik zeigen sich mit dem Weinjahr 2020 auf breiter Front zufrieden. Ein kaltes und trockenes Frühjahr hatte den Austrieb der Reben zunächst verzögert, ab April sorgte eine signifikant hohe Anzahl von Sonnenstunden für eine zügige Entwicklung der Reben, die gefürchteten Spätfröste blieben aus. Die Blüte war bei den meisten Sorten Mitte Juni abgeschlossen, nur punktuell gab es Einbußen durch Verrieseln. Der Sommer brachte viele heiße Tage, immer wieder unterbrochen von Niederschlägen, der Druck durch Pilzkrankheiten ließ die Winzer wachsam bleiben. Leider gab es auch während der Reife-periode lokale Hagelereignisse, zum Beispiel im Donauraum, wobei die Wachau mit Schwerpunkt Spitz besonders hart getroffen wurde. Dank der Niederschläge nahmen die Reben und Trauben sonst im Großen und Ganzen eine weitgehend stressfreie Entwicklung. Das Finale des Weinjahres 2020 brachte für die Winzer einerseits überdurchschnittlich viele Sonnenstunden dank zahlreicher noch sehr sommerlicher Tage, was eine optimale Reife der Trauben beförderte, ein Kaltlufteinbruch brachte aber auch starke Niederschläge mit sich. Man beeilte sich also schließlich, die gesunden Trauben in den Keller zu bringen.

Erste Jungweinproben haben Vielversprechendes gezeigt, sowohl Weiß- wie Rotweine präsentieren sich mit guter Frucht und harmonisch, die Weißweine verfügen über eine lebendige Säure-struktur. Ähnlich wie 2019 dürfte die Erntemenge mit etwa 2,3 Millionen Hektoliter leicht unter dem Durchschnitt liegen, was angesichts der Covid-bedingten Reserven kein Problem darstellt. Nicht nur in Bezug auf die geernteten Mengen, auch stilistisch dürfte der jüngste österreichische Weinjahrgang seinem sehr guten Vorgänger recht ähnlich sein. Weißweinfreunde dürfen sich schon bald auf spritzige, knackige Sortenvertreter freuen, insgesamt könnten die Säurewerte vielleicht eine Spur über jenen von 2019 liegen, was die Trinkfreude noch beflügelt. Bei den reiferen Weinen zeigt sich eine sehr gute Aromenausprägung und eingebundene Säure-struktur, auch die Rotweine sind in dieser jungen Phase sehr vielversprechend.

Schweiz: Klein, aber fein

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Nach den ertragreichen letzten beiden Jahren mussten sich die Schweizer Winzer 2020 mit einer geringeren Menge begnügen. In der Deutschschweiz erntete man vor allem in den östlichen Regionen wie Graubünden deutlich weniger als im Vorjahr – Winzer sprechen von einer Halbierung im Vergleich zu 2019. Schuld daran war eine Kaltwetterperiode während der Blüte, die nicht nur in Graubünden, sondern auch im Waadtland für Ertragseinbußen sorgte.

Auch aus dem Thurgau vermelden die Winzer weniger Ertrag, etwa 70 Prozent des Vorjahres wurden hier erreicht. Bei der aktuellen Lage im Schweizer Weinmarkt, der mit Überbeständen – nicht nur wegen der Corona-Krise – zu kämpfen hat, nicht unbedingt ein Wermuts-tropfen. Genau wegen dieser besonderen Marktsituation hatten einige Regionen nämlich schon vor der Ernte eine Mengenbeschränkung für den Jahrgang 2020 beschlossen. Im Tessin bespielsweise durften für die Weine mit DOC-Status nur mehr 800 Gramm statt ein Kilo Trauben pro Quadratmeter geerntet werden. Auch im Wallis, dem größten Weinbaukanton des Landes, setzte man auf Ertragsregulierung. Wegen der klimatischen Bedingungen sowie den Bestrebungen zur Ertragsminderung wird der Jahrgang 2020 wohl unterhalb des Zehnjahresschnitts liegen. Genaue Zahlen waren bis Redaktionsschluss jedoch noch nicht verfügbar. Auch wenn die Erntemenge für das letzte Jahr deutlich geringer ausgefallen ist, zeigt man sich jedoch landesweit mit der Qualität des 2020er-Jahrgangs höchst zufrieden. Vom Tessin über das Wallis und Waadtland bis hin zur Deutschschweiz spricht man dank langer physiologischer Reife von hervorragender Aromakonzentration und Zugänglichkeit.  Die Winzer im nördlichen Teil des Tessins sehen gar einen der besten Jahrgänge der letzten zwanzig Jahre kommen.

Frankreich: Mixed emotions

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Glorios an der nördlichen Rhône, durchwachsen in Bordeaux – der Jahrgang 2020 brachte den französischen Winzern einen Ertrag auf durchschnittlichem Niveau, und das bei qualitativ stark streuenden Ergebnissen. In Bordeaux führten nach einem frühen Austrieb vier feuchte Monate von März bis Juni zu kräftigem Mehltau-Druck. Juli und Anfang August waren heiß und trocken, Mitte August führten starke Niederschläge zu Botrytis-Infektionen. Da das trockene Wetter zurückkehrte, konnte die Lese des Merlot Mitte September unter günstigen Bedingungen erfolgen. Allerdings zwangen die hochsommerlichen Temperaturen dazu, Trauben und Most bestmöglich zu kühlen. Ab dem 30. September folgten zehn Tage mit Regen und Gewittern, so dass die Cabernets vielerorts unter Regen gelesen wurden. In der ersten Oktoberwoche war die Lese vorüber. Man darf davon ausgehen, dass das Jahr eher eines des rechten als des linken Ufers ist.

Auch in Burgund war die Witterung 2020 extrem: Der Sommer war trockener als 2003, die Lese war verbreitet bereits Ende August vorüber, nach einer Vegetationsperiode von meist 90 statt der sprichwörtlichen 100 Tage nach der Blüte. Auch die übliche Lesereihenfolge stand 2020 Kopf: Der Pinot Noir war vor dem Chardonnay reif, durch die Trockenheit eingeschrumpfte Beerenhäute führten zu hoher Konzentration. Die Weine haben eher geringe Gesamtsäuren, aber paradoxerweise auch einen niedrigen pH-Wert. Manche Winzer ziehen Vergleiche mit dem Jahrgang 2005 – an der Nordrhône spricht etwa Michel Chapoutier von einem »Jahrhundertjahrgang«. Bei niedrigen Erträgen hätten die Weine trotz ihres »solaren« Charakters Balance und eine große Frische.

Italien: Hervorragend in Mittel- und Süditalien, schwierig im Norden

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Während das öffentliche Leben zum Stillstand kam, ging es in der Natur beständig weiter. Frühjahr und Sommer verliefen wie aus dem Bilderbuch, das Wetter war warm und sonnig, im Juli gab es zwar Spitzen um die 40 Grad, aber Regen fiel ausreichend und zum richtigen Zeitpunkt. So ging das in weiten Teilen Italiens bis Ende August. Dann gab es im Norden einen Wetterumschwung. Im Valpolicella verwüstete Hagel große Gebiete, im Trentino, in Südtirol und im Friaul gab es ab Mitte September viel Regen. Da waren aber die Weißen und auch einige Rote schon im Keller. Stephan Filippi, Kellermeister der Kellerei Bozen, zeigt sich »erfreut über die hohe Qualität«, man habe »gut auf die Wetterverhältnisse reagiert und gesundes, reifes Traubengut lesen können. Vor allem beim Lagrein erwarten wir einen exzellenten Jahrgang 2020

Weiter im Süden herrscht eitel Wonne. Pio Cesare im Piemont vergleicht 2020 gar mit dem herausragenden Jahrgang 2016. Viel verspricht man sich vom Jahrgang auch in der Toskana. Lamberto Frescobaldi: »September war bei uns warm und sonnig. Sangiovese konnte perfekt ausreifen, und sowohl bei Rufina als auch bei Chianti Classico und Brunello erwarten wir uns herausragende Qualitäten.« Ähnlich die Einschätzung ganz im Süden. Alessio Planeta vom gleichnamigen Weingut in Sizilien meint: »Das einzig Gute an 2020 war die Qualität der Trauben, die wir einbringen konnten. Einzig die Mengen liegen um 15 bis 20 Prozent unter dem langjährigen Mittel.« Was sonst zu großem Jammer führen würde, nimmt nun allerdings Verkaufsdruck. Und es gab auch Regionen, in denen die Erntemenge gestiegen ist: Sardinien meldet plus 20, Lombardei und Emilia Romagna plus zehn Prozent, so dass sich die Ertragsminderung für ganz Italien auf zwei Prozent beschränkt.

Spanien: Ungewöhnliche Voraussetzungen

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Das Jahr 2020 wird den spanischen Weinproduzenten wohl lange in Erinnerung bleiben. Zum einen sorgte die Covid-Pandemie für Personalengpässe während der Vegetationsperiode, zum anderen machte eine in Spanien nahezu unbekannte Rebenplage den Winzern zu schaffen: der echte Mehltau. Hohe Temperaturen im Frühling und starke Regenfälle sorgten in vielen Regionen des Landes für nahezu tropische Wetterkonditionen. Sogar im sonst sehr trockenen Priorat fiel im Frühling übermäßig viel Regen: perfekter Nährboden für Pilzkrankheiten wie den erwähnten echten Mehltau. Regionen wie Rioja, Galizien und Penedès litten besonders unter dessen Auswirkungen. In der Region Penedès verloren einige Produzenten bis zu drei Viertel der Erntemenge. Lediglich Ribera del Duero blieb dank seiner Höhenlage verschont. Dafür führten in der Prestige-Region Regenfälle während der Ernte zu Unterbrechungen derselben. Richtig rund lief es also kaum irgendwo.

Außerdem litten die spanischen Winzer aufgrund der Covid-Situation unter großen Absatzschwierigkeiten, manche Betriebe sprachen von bis zu 80 Prozent Rückgang gegenüber dem Vorjahr. Um übervolle Keller zu vermeiden, entschieden sich einige Regionen deshalb für Mengenbeschränkungen für die jüngste Ernte. In Rioja beispielsweise durften nur 90 Prozent geerntet werden. Hinsichtlich der erwarteten Weinqualität zeigen sich die spanischen Produzenten jedoch optimistisch und sprechen von charakterstarken, frischen Rot- und Weißweinen mit lebendiger Frucht und großem Reifepotenzial

Portugal: Zu trocken, zu warm – und dennoch gut

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Ein kompliziertes Jahr stand 2020 den Winzern Portugals ins Haus. Wie praktisch überall in Europa trieben die Reben früh aus. Im Sommer gingen Hitzewellen über das Land, die selbst für portugiesische Verhältnisse ungewöhnlich hohe Temperaturen mit sich brachten. Während der Sommermonate Juni und Juli blieb es etwa am Douro komplett trocken, sodass eine darauf folgende Niederschlagsperiode im August höchst willkommen war. Die Lese begann früh – Anfang September – und sie verlief schnell. Fast alle Sorten wurden gleichzeitig reif, was manche Erzeuger dazu nützten, beispielsweise Touriga Nacional und Touriga Franca gemeinsam zu vergären. Auch die übliche Abfolge zwischen den diversen Douro-Teilregionen war 2020 so gut wie aufgehoben. Aufgrund der kleinen Beeren fielen die Erträge gering aus. Die Port-Produzenten berichten von sehr dunklen, hoch konzentrierten Weinen. Paradoxerweise scheint allerdings die stark unter Hitze und Trockenheit leidende Sorte Touriga Nacional sehr gute Ergebnisse gebracht und zugleich auch die Säure gut gehalten zu haben. Dabei brachten oft Osthänge bessere Ergebnisse als Südlagen. Und eine weitere Besonderheit macht den Port-Jahrgang 2020 einzigartig: Wegen der Covid-19-Vorkehrungen war die traditionelle Kelterungsweise des Stampfens der Trauben mit den Füßen in diesem Jahr nicht zulässig – Kollege Roboter hat diese Arbeit übernommen.

Neben den von Covid verursachten Sorgen hatten die kalifornischen Winzer 2020 während der Weinlese auch noch zusätzlich mit rekordverdächtigen Waldbränden zu kämpfen. Wer sich an die furchtbaren Bilder zurückerinnert, wird kaum glauben können, dass am Ende weniger als 20 von insgesamt 4200 Betrieben von nennenswerten Schäden an den Kellereien berichteten. Mit den durch die tagelange Rauchentwicklung entstandenen Problemen haben deutlich mehr Weingüter zu kämpfen, hier kam es bei den später reifenden Sorten, allen voran beim Cabernet Sauvignon, zu teils gravierenden Einschnitten. Von der Qualität der Jungweine an sich zeigen sich die Produzenten durchwegs begeistert. Ein relativ kühler und milder Witterungsverlauf, gefolgt von einer heißen Periode im August, erlaubte eine um zwei Wochen frühere Ernte als sonst, die Trauben waren kleinbeerig und die Aromen in den Beeren konzentriert. Alle Weine aus Traubenmaterial, das vor dem Ausbruch der Feuer geerntet wurde, zeigen sich toll, beim Rest werden strenge Selektionen die Mengen stark reduzieren.

Kalifornien: Frische im Feuer-Jahr

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Argentinien: Ernte so früh wie nie

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Dieses Jahr wird man in Argentinien nicht so schnell vergessen: Es brachte die früheste Weinlese, an die man sich hier erinnern kann. Einem kalten, trockenen Winter war ein heißer Sommer mit 70 Prozent weniger Niederschlag gefolgt, die Beeren der Trauben waren dadurch winzig und reiften extrem schnell heran. Am Ende wurden die Weißweine zwei Wochen, die Rotweine in einigen Fällen sogar ein Monat vor dem üblichen Termin geerntet. Frost und Hagel reduzierten die Erntemenge im Uco Valley, Spitzenzonen wie Gualtallary, La Consulta, Altamira und San Pablo waren davon betroffen. Es erforderte von den Winzern eine große logistische Leistung, den richtigen Reifezeitpunkt zu erwischen und überreife Noten zu vermeiden. Den Konsumenten erwarten tieffarbige, komplexe und fruchtbetonte Rotweine von erstaunlicher Frische, teilweise in fantastischen Qualitäten, aber in entsprechend geringeren Mengen. Weniger einfach war die Situation für den spätreifenden Cabernet Sauvignon, hier fehlt es manchmal an der nötigen Balance. Fazit: ein bemerkenswertes Jahr.

Chile: Heiß und trocken, tolle Cabernets

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Auch aus Chile wird ein frühes, sehr warmes und trockenes Jahr gemeldet, hier konnten allerdings bei den wichtigen Sorten Cabernet Sauvignon und Carménère sehr gute Ergebnisse erzielt werden. Weniger zufrieden ist man mit dem Merlot, der unter dem anhaltenden Trockenstress stärker zu leiden hatte als andere Rotweinsorten. In Maipo erntete man zwei Wochen früher und die Menge fiel rund ein Fünftel kleiner aus, in Aconcagua waren die Leseverluste geringer. Dank der kleinen Beeren und geringen Erträge waren die Säurewerte in den Jungweinen überdurchschnittlich hoch, was nach der Vinifikation zu einer sehr angenehmen, lebendigen Frische in den Rotweinen führte. Oft sind die sehr heißen Jahre in Kombination mit anhaltender Trockenheit nicht die besten, diesmal spielten die bestimmenden Faktoren aber den Winzern in die Hände. Auch mit den Weißweinen ist man sehr glücklich, die Chardonnays aus Limarí zeigen sich zwar konzentriert, verfügen aber über eine überzeugende Frische. In Itata und Biobío im Süden sorgten Frost und Trockenheit für empfindliche Verluste.

Südafrika: Gute Mengen, tolle Weine

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Das Weinland am Südkap blickt auf ein tolles Jahr zurück, denn hier hat 2020 so ziemlich alles gepasst. Durchgängig herrschten optimale Bedingungen für die Rebe, eine recht windige Phase während der Blüte und der Beerenausbildung führte zu kleineren Früchten und lockeren Trauben. Die wichtigsten Anbauzonen wie Stellenbosch, Paarl, Breedekloof, Cape South Part und Swartland dürfen sich nicht nur über tolle Qualitäten, sondern auch über sehr gute Erntemengen freuen, insgesamt verzeichnete Südafrika ein Plus von 8,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr, Frostprobleme gab es nur in North Cape Part. Mit der anhaltenden Trockenheit zu kämpfen hatten Winzer in Klein Karoo und Teilen der Region Robertson. Weißweinfreunde kommen mit exzellenten Chenins Blancs und sehr guten Chardonnays voll auf ihre Rechnung, die Rotweine zeigen sich tieffärbig, komplex und ausgestattet mit reifem Tannin. Das Potenzial des Jahres ist also sehr hoch einzuschätzen, man darf sich auf eine breite Palette von Pinot Noir bis Pinotage, aber auch auf facettenreiche, reife Weißweine freuen.

Australien: Weniger ist mehr

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In Australien erntete man 2020 so wenig wie zuletzt im Jahr 2007. Die Erntemenge lag bei rund 1,5 Millionen Tonnen, womit sie etwa um zwölf Prozent niedriger als im Vorjahr und rund 13 Prozent niedriger als im Zehnjahres-Durchschnitt (1,75 Millionen Tonnen) ausfiel. Zu Beginn des Jahres wüteten schwere Waldbrände auf dem Kontinent, wobei ein Viertel der gesamten Weinanbaufläche Australiens betroffen war. Die Schäden für die Weinindustrie hielten sich jedoch glücklicherweise in Grenzen. Lediglich drei Prozent der gesamten Erntemenge, oder etwa 40.000 Tonnen Trauben, fielen den Flammen und ihren direkten Auswirkungen zum Opfer. Die Einzelschicksale der Weinproduzenten spiegelt diese Zahl jedoch kaum wider, denn die Brände betrafen vor allem kleinere Weingüter im Süden und Osten des Landes, die teils ihre gesamte Erntemenge verloren.

Zur Erntezeit sorgten dann kühlere Temperaturen für optimale Traubenreife, sodass sich Weinliebhaber auf qualitativ hochwertige 2020er-Tropfen aus Down Under freuen dürfen. 

Neuseeland: Kühles Jahr, tolle Weine

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Hier gilt es, den mengenmäßig drittstärksten Jahrgang der letzten Dekade zu vermelden – und die Qualitäten sind gut ausgefallen. Im Vergleich zu 2018 war 2020 ein sehr spätes Jahr, in manchen Regionen wie Central Otago begann die Weinlese erst zu einem Zeitpunkt, wo sie vor zwei Jahren bereits abgeschlossen war. In den Weingärten kam es während der Vegetation und Reifeperiode zu keinerlei nennenswerten Problemen, es war ein trockener, aber kein ausgesprochen warmer Jahrgang. In Marlborough zeigt man sich enthusiastisch über die Frische und Frucht des Sauvignon Blanc, jener Sorte, die sich zur Leitsorte des Landes entwickelt hat. Aber auch Riesling und Pinot Gris haben von diesem feinen, kühlen Jahr profitiert. In Hawke’s Bay berichten die Kellermeister von sehr gelungenen Rotweinen, von Syrah bis Cabernet Sauvignon, viele zählen den Jahrgang schon jetzt zu den Besten. Deutlich geringer – um 28 Prozent im Vergleich zu 2019 – fiel die Ernte in Central Otago aus, wo manche Winzer wegen der kühlen Bedingungen zu kämpfen hatten, um die volle Reife zu erreichen.

Erschienen in
Falstaff Nr. 01/2021

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Benjamin Herzog
Chefredaktion Schweiz
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Wein-Chefredakteur Österreich
Ulrich Sautter
Wein-Chefredakteur Deutschland
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