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So wird der Weinjahrgang 2023 in Deutschland, Frankreich, Italien und der Schweiz

Das Weinjahr 2023 war alles andere als einfach. Wie die »Internationale Organisation für Rebe und Wein« (OIV) mitteilte, wurden nur rund 244,1 Mio. Hektoliter geerntet, sieben Prozent weniger als 2022. Ein Blick in die wichtigsten Länder Europas.

Deutschland

Riesling im Vorteil der Oktobersonne  

Das Jahr 2023 war für Winzer herausfordernd: Ein zu nasses Frühjahr führte zu Mehltauinfektionen, dann kam ein sehr trockener und warmer, langer Sommer – auch Anfang September herrschten noch Temperaturen von 30 Grad. Dieses Wetter, kombiniert mit Regen, verursachte rasche Fäulnis bei früh reifenden Sorten wie Burgundern und Probleme durch die Kirschessigfliege, besonders bei dunkelschaligen Beeren. Eine schnelle Lese war erforderlich, was die (noch Anfang September als reichlich eingestuften) Erträge deutlich reduzierte. Die letzte Ernteprognose beläuft sich auf 8,8 Millionen Hektoliter, einen durchschnittlichen Jahrgang. 

Trotz der Widrigkeiten gab es Gewinner: Spätreifende Sorten wie Riesling profitierten von trockenen, kühlen und sonnigen Bedingungen im späten Herbst. Die Rieslinge dieses Jahrgangs sind leicht bis mittelgewichtig, gut strukturiert und zeigen frische, komplexe Aromen. Es war ein besonders gutes Jahr für frucht- und edelsüße Rieslinge mit frischer Säure und ausgewogener Frucht. Wo sorgfältig selektiert wurde, entstanden hervorragende Beerenauslesen und sogar Trockenbeerenauslesen. Auch der Silvaner zeigte sich von seiner besten Seite, betonte in Franken seine mineralischen Eigenschaften bei moderatem Alkoholgehalt und guter aromatischer Frische. Zudem waren Winzer, die auf pilzwiderstandsfähige Neuzüchtungen (»PiWis«) setzten, zufrieden.


Schweiz

Ein herausforderndes und untypisches Jahr

Das Weinjahr 2023 war für Schweizer Winzer außergewöhnlich. Trotz Trockenheit im Sommer und Wetterkapriolen wird eine Erntemenge ähnlich dem Vorjahr mit 99 Millionen Hektolitern erwartet. Die Trockenheit führte in der Deutschschweiz vermehrt zu echtem Mehltau (Oidium), doch rechtzeitige Maßnahmen ermöglichten eine gute Traubenqualität. Unwetter mit Hagel in Graubünden und Wallis beschädigten 20 bis 40 Prozent der Reben in einigen Gemeinden. Die Ernte dauerte teilweise bis in die dritte Oktoberwoche, wobei die Weinqualität insgesamt zufriedenstellend ist. Besonders der Blauburgunder zeigt ein breites Aromenspektrum, was Assemblagen begünstigt. Im Waadtland, der zweitgrößten Weinbauregion, spricht man von einem Spitzenjahr mit einer Produktion von rund 30 Millionen Litern, ein Anstieg von 7,5 Prozent gegenüber 2022. Trotz frühen Mehltau-Problemen und sommerlicher Hitze wurden hier gute Ernten verzeichnet, obwohl die Mostgewichte etwas geringer als im Vorjahr ausfielen. Im Tessin war das Jahr herausfordernd, verbesserte sich jedoch zum Ende hin. Regen förderte den falschen Mehltau und verursachte in einigen Gebieten Traubenschäden. Dennoch konnten qualitativ hochwertige Trauben geerntet werden, insbesondere Merlots, die weniger kräftig, aber frisch sind.


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Frankreich

Große Bandbreite in jeder Hinsicht

Der Weinjahrgang 2023 in Frankreich war landesweit von Hitze und Trockenheit geprägt, was zu einer um etwa 30 Prozent geringeren Erntemenge führte. In Bordeaux sorgte frühsommerlicher Mehltau für dramatische Verluste, woraufhin sogar ein Krisentelefon eingerichtet wurde. Ein wärmerer und trockenerer August und ein sehr warmer September führten jedoch zu einer besseren Reife der Trauben als erwartet. Der Jahrgang erwies sich als sehr heterogen mit stark variierenden Ergebnissen innerhalb einzelner Betriebe. Merlot litt besonders unter der Trockenheit. 

In Burgund war der Jahrgang trotz wechselhaften Wetters und Mehltau positiv und ertragreich. Die Lese von Pinot Noir und Chardonnay begann früh und die Jungweine zeigen sich sehr aromatisch. Die Champagne verzeichnete eine große Ernte mit hohem Beerengewicht, was schwächere Extrakte vermuten lässt. Besonders die Chardonnay-Weinberge an der Côte des Blancs stachen hervor. Im Loiretal war der mittlere Abschnitt durch feuchtwarmes Wetter betroffen, während es in Sancerre und der Muscadet-Region besser lief. Das Beaujolais meldete geringe Ernten durch Hitze und Hagel. Im Rhônetal führte das warme Wetter zu einer Diskrepanz zwischen Zucker- und phenolischer Reife. Im Languedoc und Roussillon sowie dem gesamten Südwesten litt man unter ähnlichen Bedingungen wie im Bordeaux.


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Italien 

Wenig Menge, gute Qualität

In Italien prägte 2023 der Mehltau die Weinlandschaft. Mai und Juni brachten reichlich Regen, was ideal für die Ausbreitung von Peronospora in Süd- und Mittelitalien war. Viele Winzer reagierten zu spät, wodurch große Flächen betroffen waren. Im Norden sorgte echter Mehltau für Probleme. Ein heißer September mit Temperaturen über 30 Grad führte zu weiteren Einbußen. Landesweit lagen die Verluste deutlich über 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Besonders stark betroffen waren die Toskana und Apulien (je minus 30 Prozent), Abruzzen (minus 60 Prozent) und Sizilien (minus 45 Prozent). Trotz Quantitätsverlusten verspricht die Qualität des Jahrgangs 2023 einige herausragende Weine, besonders aus kühleren Lagen. Erwartet werden exzellente Sangiovese aus der Toskana (Chianti Classico, Brunello) sowie Barolo und Barbaresco aus dem Piemont. Die geringe Erntemenge könnte auch positive Auswirkungen auf die Handelspreise haben, da der Absatz im Laufe des Jahres stockte und die Lager vieler Erzeuger überfüllt waren. Mit der geringeren Menge dürfte der Preisdruck für die Winzer nun nachlassen. 


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