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Auf der Suche nach einer nachhaltigen Zukunft

Auf dem 31. Symposium Feines Essen und Trinken ging es in diesem Jahr um Nachhaltigkeit und Verantwortung. Zweifellos ein Thema, mit dem man sich beschäftigen muss. Nicht ganz so zweifelsfrei ist, wie Industrie und Handel ihre Verantwortung annehmen können oder wollen.

Veränderungen sind schwierig. Das weiß jeder, der sich schon mal Neujahresvorsätze gemacht hat. Schließlich hat sich das Leben – so wie es ist – aus bestimmten Gründen genau so eingependelt. Wenn man sich also optimieren möchte, dann fordert das etwas von einem. Motivation, Ausdauer und in jedem Fall Wille zum Verzicht. Ohne geht es nicht. Das Alte muss aufgegeben werden, damit Platz für etwas Neues entstehen kann.

Dieses Problem zog sich am 15. und 16. Juni auch durch die Impulsvorträge und Podiumsdiskussionen des 31. Symposiums für Feines Essen und Trinken in München. Eine Veranstaltung, in der sich Vertreter des Lebensmittelhandels und der Industrie über Möglichkeiten der Erneuerung austauschen. Dieses Mal unter dem Titel: »Ernährung, Verantwortung und Nachhaltigkeit.« Schon im ersten Vortrag skizzierte Stephan Rüschen, Professor an der DHBW Heilbronn, die Hauptgründe für die Bewegungsarmut: »Unternehmen wollen Gewinne maximieren, Konsumenten ihren Nutzen, und die Regierung will wiedergewählt werden.« Nachhaltige Lösungen bedeuteten für Unternehmen Gewinneinbußen, für den Konsumenten erhöhte Preise und für die Regierung die Gefahr als Verbotsparteien wertvolle Wählerstimmen zu verlieren.

Dabei ist die Ernährung ein wirkmächtiger Hebel, mit dem sich einiges ändern ließe. Immerhin ist sie für 25 Prozent der globalen CO2-Emissionen verantwortlich. Aber wer möchte schon ideologisch werden? Hier auf dem Symposium niemand. Immer wieder geistert das Wort durch die Münchner Zenith Halle, immer schrecken alle Redner davor weg wie vor einem Wespennest. Und natürlich: Es muss niemandem der Fleischkonsum verboten werden. Aber es ist auch mindestens fragwürdig, ob diese Ideologisierung der Ernährungsfrage irgendjemanden voranbringt. Als müssten Veganer gegen Fleischesser in den Ring steigen. Als ginge nur das eine oder das andere.

Dabei verhandeln die meisten Redner in ihren Beiträgen schon genau diesen Mittelweg, auf dem Fleischkonsum möglich ist, aber man sich auch mit Alternativprodukten auseinandersetzt. Wie zum Beispiel Hafermilch oder Sojawürstchen. Doch das Schreckgespenst der militanten Veganer scheint einige Vertreter von Handel und Industrie nachhaltig traumatisiert zu haben, sodass sich fast alle Redner von ihnen distanzieren.

In einem Panel mit dem Geschäftsführer Einkauf von Lidl, Christoph Graf, dem CEO von Peter Kölln, Manfred Vondran und Professor Stephan Rüschen wird nochmal deutlich, wie schwierig der Wandel von oben, also aus dem Handel, doch ist. Rüschen fordert, dass nachhaltige Produkte attraktiver gemacht werden sollten. Beispielsweise durch einen niedrigeren Preis. Graf gibt zu denken, dass das Kartellamt etwas dagegen haben könnte, wenn die Märkte sich auf Einheitspreise einigten. Vondran sagt, die Produzenten stünden in der Verantwortung, auf Regionalität zu setzen. So wird die heiße Kartoffel einmal im Kreis durchgereicht und am Ende schauen alle etwas ratlos.

Robert Kecskes und Jörg Reuter plädieren in ihren Impulsvorträgen für mehr Fleischersatzprodukte, für eine »pflanzlichere« Zukunft und eine »Planetary Health Diet«, also eine Diät, die auch zur Gesundung des Planeten beiträgt. Das ist alles richtig und gut. Es ist spürbar, dass alle Vertreter sich Gedanken machen, ihre Möglichkeiten für zukunftsfähiges Wirtschaften ausloten und mit den natürlichen Widerständen der freien Wirtschaft hadern. Aber es scheint alles auch etwas gezwungen optimistisch, wobei fraglich bleibt, ob dieser Optimismus im Angesicht der rasanten Klimakrise und den schleichenden Prozessen in der Industrie ihre Berechtigung hat.

Ein Gedanke, der beim Zuhören immer stärker wird: Fleischersatzprodukte sind zwar sinnvoll, markieren allerdings doch eher eine Phase des Übergangs. Eben, weil die meisten Menschen es gewohnt sind, ihre Gerichte um ein Stück Fleisch herum zu planen, spielen sie eine wichtige Rolle dabei, es zu erleichtern, auch mal auf das Gewohnte zu verzichten. Vegetarische oder vegane Küche funktioniert allerdings anders. Um deren Vorzüge kennenzulernen, wird es elementar sein, dass Menschen einen neuen Umgang mit Nahrungsmitteln lernen. Wie bereite ich Gemüse so zu, dass sich Gerichte trotzdem vollwertig anfühlen?

Finale Lösungen gab es an den beiden Tagen in München zwar nicht, aber Impulse, die sicherlich auf fruchtbaren Boden fallen werden. Es bleibt abzuwarten, ob daraus eine »pflanzlichere« Zukunft wächst.


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Moritz Hackl
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