Augen zu, Kiefer entspannen, Beine ausstrecken und wohlig »Uuuaaah« stöhnen. Wenn Wellness der Versuch ist, sich Zeit zurückzukaufen, dann sollten Sie dafür (und für die folgenden Zeilen) ausreichend Zeit einplanen. Denn die Sehnsucht nach der inneren Balance und der Wunsch nach Selbstoptimierung mögen keine Hast, Ruhe, Rückzug und Regeneration hingegen sehr. In der Vergangenheit wurde vor allem spirituelles Wohlbefinden vorrangig mit Religion in Verbindung gebracht. Mittlerweile stehen auf den To-do-Listen der Ruhesuchenden und Wellness-Fans Mediation, Achtsamkeitsübungen, Atem- und Glückstraining. Eine Entwicklung, die sich Michaela und Andreas Muster in der Südsteiermark zunutze machen. An ausgewählten Winterwochenenden ab November steht in ihrem »Ratscher Landhaus« das Glück im Fokus. Ein dreitägiges Qi-Life-Coaching soll den Weg zurück zur Lebensfreude und zu mehr Energie ebnen. »Unsere Glückswochenenden mit Josef Kos und Daniela Herz sind eine Kombination aus quantenphysikalischen Hightech-Methoden sowie energetische Anwendungen und Coachinggesprächen«, erklären die Hoteliers. Abseits ihrer Weingarten- und Schluckspecht-Sauna, dem beheizten 14 Meter langen Infinitypool und vorab buchbaren Massage- und Kosmetik-­Treatments befindet sich der Spa-Betrieb gerade im Adults-only-Modus. »Vor allem in der kalten Jahreszeit wollen wir ein Ort sein, der Ruhe ausstrahlt und die Möglichkeit bietet, fern von zu viel äußeren Reizen zu sich zu finden«, meint Michaela Muster. Um auch kulinarisch nicht zu überladen dazustehen, hat man das Konzept auf ein erweitertes Vier-Gang-Menü, für Hotelgäste und Externe gleichermaßen, umgestellt. »Das weggefallene A-la-carte-Geschäft am Abend macht die Atmosphäre bei uns im Haus noch entspannter«, ist das Gastropaar überzeugt.

Wein, natürlich

Aber was wäre ein Aufenthalt an der Südsteirischen Weinstraße ohne Vergorenes im Glas. »Wellness bedeutet für uns auch Wein-Wellness. Gäste können beim wöchentlichen Weinbauern-Stammtisch ungezwungen verkosten. Außerdem gibt es bei uns im Spa auch Sprudel«, lächelt Muster. Den strengen Gesundheitsfaktor lässt sie außen vor. »Wellbeing« ist individuelle Auslegungssache. Dass die Südsteiermark als ganzjährige Destination mit wachsenden Wellness-Möglichkeiten noch Aufholbedarf hat, dessen ist man sich in der Region bewusst. »Wir sind eben noch ein Wellness-Geheimtipp«, zwinkert man uns im Ratscher Landhaus zu. Das »Loisium Wine & Spa Hotel« einige Kilometer weiter hat sich bereits als Landmarke etabliert. Viel Spa-Feeling mit Blick auf den Weingarten, eine Vineyard-Poolbar und vier Saunen. Mit »Saint Charles Apothecary« hat man einen Partner für wohltuende Körper- und Gesichtsbehandlungen ins 204-Betten-Haus geholt. In der Grape-Lounge trifft man sich im Bademantel auf ein Glas Wein oder eine Tasse Tee. Abends erwartet die Hotelgäste ein mehrgängiges Dinner, bestenfalls auf der Panoramaterrasse. Längst ist es nicht getan, wenn Wellnesshotels Behagen und Zufriedenheit vermitteln. Der Gast fordert ein ganzheitliches Erlebnis, das im Idealfall alle Sinne streichelt.

Wellbeing  am Teller

Das »Bio-Natur-Resort Retter« in Pöllauberg gibt diesbezüglich seit 30 Jahren Gas. »Wenn man nur das Beste zu sich führt, dann ist das bereits Wellness«, manifestiert Ulli Retter. Mehr als ein Dutzend Male als bestes Seminarhotel Österreichs ausgezeichnet, steckt in diesem Haus so viel mehr als Flipchart und Beamer. Ende 2023 eröffnet der durch und durch biozertifizierte Betrieb das erste Bio-Organic-Spa der Steiermark.Über zehn Millionen Euro machte man hierfür und für den Ausbau der Logistik bzw. des Mitarbeiterbereichs locker.  Großzügigere Saunalandschaft, ein noch größerer Naturbadeteich und noch mehr Waldnähe im nunmehr doppelt so großen Spa-Bereich. Keine Veränderung gibt es in den 116 Naturparkzimmern, die mit Vollholz-Möbeln, Reinwollböden, Schaffellteppichen, hochwertigen Schlafsystemen und Netzstromfreischaltung ausgestattet sind. »Wir sind umgeben von Lavendel, Apfelsorten, Hirschbirnbäumen und Kräutern. Dadurch, dass wir mitten im Naturpark sind, ist die Landschaft Teil unseres Wellnesskonzepts«, so Retter. Was hier wächst und gedeiht, wird in der Küche verarbeitet. Die eigene Backstube sei nicht mehr wegzudenken, und dass man alle Tiere, die am Teller landen, zur Gänze selbst verarbeitet, segnet der langjährige Küchenchef Jürgen Archam nickend ab. Im Zuge der baulichen Erweiterung hat auch sein Reich ein Facelift erhalten. »Ziel war es, eine nachhaltige, effiziente und kreative Kochumgebung zu schaffen, in der eine Balance zwischen Technologie und kulinarischer Exzellenz gefördert wird«, unterstreicht Retter. Archam verbindet Lammleber mit Hirschbirne, Murbodner Weiderind mit Eierschwammerln, pochiertem Ei und Steinpilzen oder Bio-Schweinsbraten von Labonca aus dem Holzbackofen mit handgedrehten Knödeln zu kulinarischen Bestsellern. Fleischlastig, meinen Sie? Jo mei! »Wenn dich das Essen nicht belastet, stellt sich automatisch ein Wellnessfaktor am Tisch ein«, tut man am Pöllauberg kund.

Du bist, was du isst

Ernährung spielt im »Mandira Ayurveda Resort« in Bad Waltersdorf, wo Indien auf die Steiermark trifft, ebenfalls eine essenzielle Rolle. »Wir tendieren in unserer Gesellschaft dazu, zu viel zu geben und uns selbst aufzugeben«, weiß Christina Mauracher, Hotelinhaberin und Holistic-Ayurveda-Mastermind. Frei nach dem Leitgedanken »Du bist, was du isst« vereint Küchenchef Markus Lengauer Regionalität mit ayurvedischem Hochgenuss. Schlemmen ist hier nicht drin: Leichte warme Mahlzeiten, keine Zwischensnacks, tierisches Eiweiß wird nicht mit Milchprodukten gereicht. Zwischen Vata, Pitta und Kapha wird vorab ein persönliches Ernährungsprofil erstellt und der kulinarische Biorhythmus geschult. Wer Ayurveda als Kick-off für ein körperlich, geistig und seelisch gereinigtes und befreites Leben annehmen kann, ist hier genau richtig. Auch das »Spa Hotel Restaurant Erzherzog Johann« im Ausseerland liebäugelt mit der indischen Heilkunst. Deren sogenannte »Almyurveda« lockt mit Ausseer Bergkern-Salzöl-Peeling, einer Zirbenölmassage, entgiftenden Leberwickeln, einer Almen-Enzianpackung und einer Gesichtsbehandlung. Das Programm lässt sich zur Wochenkur ausdehnen.

Der Gleichklang von Körper, Geist und Seele findet im Demeter-Gesundheitsgut »Die Klause« in Bad Gleichenberg seine Bestimmung. Burn-out-Prävention und Recovery und die damit verbundene Bedeutung von Ernährung stehen im Mittelpunkt. »Das Gesundheitsgut versorgt sich mit seiner biozertifizierten Landwirtschaft, nachhaltigen Tierzucht und dem Zutun regionaler Produzenten quasi selbst. Die Ernte aus dem Eigenanbau schmeckt nicht nur, sondern schlägt die ideologische Brücke zur Naturachtsamkeit«, erkannte »Klause«-Ideengeber und Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin Dolf Dominik. Im Weinkeller des Guts finden sich ausnahmslos biodynamische und ­Naturweine. Im Sinne der Ganzheitlichkeit, also zum Regenerieren, Entgiften, Bewegen – kurz, für das gesunde Leben – fährt man nach Altaussee ins »Mayrlife Medical Health Resort«, vielfach ausgezeichnet als »World’s Best Medical Spa«. Die Küche zeichnet sich durch ihre regenerative Wirkung auf Magen und Darm aus, der See ist in unmittelbarer Nähe, und ein Golfplatz regt zur Bewegung an der frischen Luft an. Zwischen Sport-Performance-Boost und aktivem Detox-Programm werden alle Therapiepläne mit medizinischem Know-how individuell auf den Gast zugeschnitten. Eine sichere Bank für Genuss und eine individuelle Auszeit ist auch das Haus von Familie Kappel im Sausal. Im Meerwasser-Außenpool schwimmt man den Reben förmlich entgegen. Ein besonderer Rückzugsort ist zudem die Winzersauna aus regionalem Holz anno 1838 mit Blick über die Weingärten. Abends verwöhnt das Team im »Weinhotel Kappel« mit steirischen Spezialitäten – frisch, ehrlich und hochwertig. Gänseleber, Woazschweinbauch, Hirsch und Sulmtaler Hendl zieren mitunter die Speisekarte. Taucht man im Sommer hier ab, erfährt man das Glück, direkt in Kappels Nachbarschaft am »Biohof Wunsum«, fast so große Lavendelfelder wie in der Provence zu erleben.

Schmusen bei Sauerrahmdalken

In den steirischen Bergen wird der Hedonismus ordentlich angekurbelt. Wo Schmusen »zur schönsten Jahreszeit zählt«, sind eine z’sammg’legte Knödelsuppe oder gebratene Sauerrahmdalken mit Gemüse und Weizer Schafkäse nicht weit. Mitten im Almenland bietet das »Naturhotel Bauernhofer«, in der Nähe des regionalen Flagschiffs »Almwellness Hotel Pierer«, den entsprechenden Rahmen, um heimlich oder ganz relaxt in der Zirbensauna oder im beheizten Pool zu knutschen. Massagen bis zu 80 Minuten und Anwendungen mit Akari-Kosmetik sorgen für noch mehr Wohlbefinden am Verwöhn-Konto. Beautiful wird’s im »Vinoble Day Spa« in Leibnitz und im »Steirerhof«, der als Fünf-Sterne-Haus mit über 60 verschiedenen Behandlungen kosmetische Wirksamkeit ins Schaufenster stellt. Die Kulinarik hinkt in nichts nach: 250 verschiedenen Komponenten am Frühstücksbuffet, Light Lunch, Strudelspezialitäten nachmittags an der Poolbar und ein Fünf-Gang-Wahlmenü am Abend.

Die wohl schönste Yoga-Stage des Landes befindet sich auf 1117 Meter Seehöhe nahe Schladming im »Natur- und Wellnesshotel Höflehner« und das gemütlichste »Adults-only«-Kaminfeuer bei inspirierenden Lesungen renommierter Autoren brennt im Hotel »Die Wasnerin« im steirischen Salzkammergut. In der Thermenregion ist das ganze Jahr über die volle Ladung heilsamer Kraft zu Hause – Destinationen wie die Hundertwasser-Therme »Rogner Bad Blumau« oder das »Quellenhotel Bad Waltersdorf« sind Wasseraffinen längst ein Begriff. Ihr losgelöstes »Uuuaaah« – ich kann es hören!

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