© Shutterstock

Fischbeuschelsuppe: Die dunkle Seite des Karpfens

Tobias Müller widmet sich den nicht alltäglichen Genüssen. Diesmal: Fischbeuschelsuppe.

In Esskulturen, die etwas vom Fisch verstehen, gelten seine Innereien seit jeher als besondere Delikatesse und werden ganz selbstverständlich gegessen – nicht auch, sondern mit ganz besonderer Freude: Die Taiwanesen lieben ihre gebratenen Milch­fischdärme zum Frühstück, die Franzosen schwören auf Seeteufelleber, in Tokios ­Sushibars wird allwinterlich, wenn er ­Saison hat, Kabeljau-Milchner geschlemmt, und die Chinesen zahlen für Fischköpfe mehr als für den Rest.

Auch bei uns war das vor gar nicht allzu langer Zeit nicht so anders. Vor allem barocke Kochbücher gehen weit über das bloße Panieren, Braten oder Backen hinaus – die Vielfalt an Zubereitungsarten und ver­kochten Teilen ist erstaunlich: da werden Karpfenschlunde gesotten, Äschenmägen gekocht, Aalrutten- und Hechtlebern ­gebraten und Milchner paniert, und die Schwimmblase des Hausen, des Königs der Störe, lieferte die begehrteste, weil feinste Gelatine für Sulzen.

Mit dem Verschwinden der Fasttage, der Bedeutung der Religion und mit den zunehmend verschmutzten Gewässern ist diese einst große Fischkochkultur leider bei uns ebenso fast verschwunden. Heute zeugt nur mehr die Fischbeuschelsuppe von diesem einstigen Wissen um die Köstlichkeit der dunklen Seite des Fischs – und auch sie ist akut vom Aussterben bedroht. Dabei kann sie unverschämt köstlich sein: kräftig fischig, zart sauer, cremig und körnig, befriedigend üppig und höchst elegant.

© Shutterstock

Sie ist ein Relikt aus einer Zeit, als ­tierisches Eiweiß wertvoller als Arbeitszeit war, und nur mehr ganz manchmal auf der ­Karte meist hoffnungslos altmodischer Beisl zu finden. Der »Birner« an der Alten Donau etwa bietet sie immer noch an, aber wie die ­Wiener Fischküche im Allgemeinen ist auch die Fischbeuschelsuppe dort nur mehr ein Schatten ihres einstig großen Selbst. Wer sie in alter Köstlichkeit genießen will, der muss sie wohl oder übel selber machen.

Glücklicherweise ist das gar nicht so schwer, wie der Name vermuten lässt – im Vergleich zu einem Kalbs­beuscherl etwa ist eine Fischbeuschel­suppe fast im Handumdrehen gemacht. Sie ist nicht besonders kompliziert, macht gar nicht so viel Arbeit und lässt sich wunderbar einfrieren. Bereiten Sie also unbedingt gleich mehr zu, als Sie akut brauchen.

Fischbeuschelsuppe ist ein reduziertes Gericht. Etwas Karpfenköpfe und Inne­reien, Wein, ein bissl Gemüse, ein Hauch Orangen­schalen, etwas Stärke, mehr braucht es nicht. Wenn alles gut geht, bekommen Sie eine Suppe, bei der jeder Löffel ein Fest unterschiedlicher Konsistenzen und Geschmäcker ist.

HIER GEHTS ZUM REZEPT


Nichts mehr verpassen!

Melden Sie sich jetzt für unseren Newsletter an.

Tobias Müller
Autor
Mehr zum Thema
Rezeptsammlung
Top 10 Rezepte für Suppen
Gerade im Winter spenden Suppen wohlige Wärme. Ob mit Gemüse, Fisch oder Fleisch - Falstaff...
Von Julia Heger
Rezept
Rindsbouillon
In jeder Schüssel Rindsbouillon steckt eine herzhafte Kombination aus Wärme und Tradition.
Von Simon Schubert, Julian Lechner, Benjamin Edthofer, Florian Schagerl
Rezept
Laksa
Diese herrlich scharfe und aromatische Kokos-Hühnersuppe hat ihre Wurzeln in Malaysia, Indonesien,...
Von Redaktion