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Frankreich: Paradis du fromage

Frankreich gilt als die Käsenation schlechthin. Das ist nicht verwunderlich, schließlich werden in der Grande Nation unzählige Käsesorten hergestellt. Über 1.000 sollen es sein, vom Weich- bis hin zum Hartkäse, über Weißschimmel- bis zu Rotschmierkäse sind alle Sorten dabei. Frankreich ist der wahr gewordene Traum für Käseliebhaber!

Der ehemalige französische Präsident Charles de Gaulle fragte sich einst: »Wie soll man ein Land mit 246 Käsesorten regieren?« Eine durchaus berechtigte Frage, die natürlich nicht auf Käse bezogen war und mit nur 246 Käsesorten wohl weit untertrieben ist. De Gaulles Frage war vielmehr eine Anspielung darauf, dass Frankreich ein Land mit vielen verschiedenen Regionen, Menschen und Traditionen ist. Dass sich das auch auf die jeweiligen regionalen Käsesorten auswirkt, liegt natürlich auf der Hand.

Käse wird in Frankreich seit über 2.000 Jahren hergestellt. Die Gallier hatten bereits ihre eigenen Sorten, die Römer brachten weitere Herstellungs- und Reifungstechniken aus dem mediterranen Raum mit. Nach dem Untergang des ­Römischen Reichs war Frankreich lange ein Flickenteppich verschiedener König­reiche, Herzogtümer und Grafschaften, die ihre eigenen Traditionen, Sprachen und Dialekte entwickelten und landschaftlich und klimatisch sehr unterschiedlich waren. Ein Teil des Landes wurde im Mittelalter zudem zeitweise von den Mauren besetzt, diese brachten die Herstellung von Frischkäse aus Ziegen- und Schafmilch mit. Es hinterließen also viele verschiedene ­Völker ihre Spuren in der französischen ­Käselandschaft.

Loire-Tal.
Das westfranzösische ­Loire-Tal ist nicht 
nur bekannt für beeindruckende Schlösser, 
es ist auch die Heimat legendärer Käsesorten – vor allem aus Ziegenmilch.
© Bruno Morandi
Loire-Tal. Das westfranzösische ­Loire-Tal ist nicht nur bekannt für beeindruckende Schlösser, es ist auch die Heimat legendärer Käsesorten – vor allem aus Ziegenmilch.

Die Vielfalt macht’s

In den Alpen im Osten Frankreichs werden Kühe seit Jahrhunderten im Sommer in die Höhe getrieben. Dann gibt es auf den Alpwiesen viel nahrhaftes Gras für sie zu fressen und sie geben besonders viel Milch – oft mehr, als die Hirten frisch konsumieren können. Um die Milch für den Winter ­haltbar zu machen, verarbeiten die Bauern sie zu Käse. Das trockene und kühle Alpenklima eignet sich hervorragend für die ­Lagerung von Hart- und Schnittkäse, die – wenn sie korrekt gepflegt werden – über mehrere Monate oder sogar Jahre hinweg haltbar sind. So entstanden hier legendäre Alpkäse wie Comté und Beaufort.

Der Süden Frankreichs und die Insel ­Korsika eignen sich mit ihrem trockenen und warmen mediterranen Klima am besten für die Haltung von Ziegen und Schafen, da diese Tiere genügsam sind und mit wenig Futter auskommen. Oft wird Käse im ­mediterranen Raum relativ jung gegessen – weil die Melksaison in den südlichen Gefilden länger ist, müssen die dortigen Sorten in der Regel nicht ganz so lange haltbar sein. Beispiele dafür sind der Banon, ein kleiner Ziegenkäse, der in Kastanienblätter einge­wickelt wird, oder der korsische Brocciu, der eng mit Ricotta verwandt ist und frisch oder getrocknet gegessen wird.

In den Pyrenäen im Westen gibt es ­wiederum viele verschiedene klimatische Bedingungen und Käsetraditionen. In den Tälern im Süden ist es warm und trocken, je weiter nördlich und je höher man geht, desto feuchter und kühler wird das Klima. Es werden sowohl Schafe als auch Kühe gehalten und viele Bauern treiben ihre Tiere im Sommer auf Bergweiden. Sie stellen dort oft Hart- oder Schnittkäse her, wie den baskischen Ossau-Iraty aus Schaf- oder den Bethmale aus Kuhmilch.

Korsika. Der Süden Frankreichs und auch die Insel Korsika eignen sich vor allem für die Haltung von Ziegen und Schafen – das prägt auch die Käsesorten.
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Korsika. Der Süden Frankreichs und auch die Insel Korsika eignen sich vor allem für die Haltung von Ziegen und Schafen – das prägt auch die Käsesorten.

Weichkäseparadies

Im Norden Frankreichs ist das Klima vom Atlantik geprägt – also feucht und kühl. Es eignet sich weniger für die Herstellung und die Lagerung von Hart- und Schnittkäse, weswegen es hier vor allem Weichkäse gibt. Viele Weißschimmelkäse kommen von hier, die bekanntesten sind der ­Camembert aus der Normandie und der Brie, der ­nordwestlich von Paris hergestellt wird.

Ein Sonderfall ist das Loire-Tal. Es ist ­relativ flach und mit einem gemäßigten ­Klima und vielen saftigen, grünen Wiesen gesegnet. Man könnte somit erwarten, dass dort viele Kühe gehalten werden, es gibt aber vor allem Ziegenherden. Warum das so ist, lässt sich nicht genau erklären, laut einer Legende wurden aber Ziegen von den ­Mauren zurückgelassen, als sie nach der Schlacht von Tours und Poitiers im Jahr 732 aus der Gegend vertrieben wurden. Sie sollen auch die Loire-typischen Käsesorten inspiriert haben – es gibt dort viele frische Weichkäse aus Ziegenmilch. Deren Rinde wird oft mit Asche gepflegt, wie beim Sainte-Maure oder beim Selles-sur-Cher.

Wieder anders sieht die Käselandschaft im Nordosten und Osten des Landes aus. Dort gab es früher viele Klöster, in denen gerne Rotschmierkäse hergestellt wurden. Diese werden während der Reifezeit mit Salzlake gepflegt. Wegen ihres intensiven, fast speckigen Geschmacks waren ­Rotschmierkäse vor allem während der ­Fastenzeit als Fleischersatz beliebt.

Eine Häufung von Blauschimmelkäsen hingegen gibt es im Massif central, einer zerklüfteten Bergregion, die sich vom ­Zentrum Frankreichs in Richtung Süden erstreckt. Dieser Käsetyp entstand aber ­etwas weiter südlich. Dort findet man das von Höhlen durchzogene Plateau Causse de Larzac, den Geburtsort des berühmten Roqueforts, der als Ur-Blauschimmelkäse gilt. Er wird aus Schafmilch hergestellt und bis heute in den Karsthöhlen gereift. Für Käsefans ist Frankreich wahrlich eine ­Entdeckungsreise wert.


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