Aus den Weinbergen des Weinguts Dr. Wehrheim kam der im Falstaff-Test höchst-bewertete Spätburgunder des Jahrgangs 2021.

Aus den Weinbergen des Weinguts Dr. Wehrheim kam der im Falstaff-Test höchst-bewertete Spätburgunder des Jahrgangs 2021.
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Granatrote Delikatesse: Die Spätburgunder Trophy 2024

Deutschlands Spätburgunder erfahren derzeit starke internationale Nachfrage – kein Wunder angesichts der Preisentwicklung für Burgunder aus Burgund. Aber es ist beileibe nicht nur der Preis, der die Weine so attraktiv macht: Deutscher Pinot wird immer feiner und stilvoller.

Der Spätburgunder wird immer mehr zum Lieblingskind der deutschen Winzer. Selbst in den Riesling-Hochburgen Mosel und Rheingau gewinnt er an Bedeutung und lässt mit Top-Qualitäten aufhorchen, wie auch die diesjährige Spätburgunder-Trophy belegt. Zu Beginn standen 183 Weine zur Ver­kostung, zuletzt haben wir zwei getrennte Finalläufe blind verkostet: einmal die in der Vorverkostung höchstbewerteten Weine des Jahrgangs 2021, einmal die­jenigen aller anderen Jahrgänge. Dabei konnten die besten 2021er-Kelterungen durchaus mithalten mit Spitzenjahren wie 2019, 2020 oder 2016. Dabei ist der Jahrgangstyp 2021 naturgemäß etwas schlanker und frischer, die Gerbstoffmengen sind nicht so hoch wie beispielsweise im Jahrgang 2020. Der Sommer 2021 war ja eher kühl und nass – beim Rotwein sind die Mengen besonders klein, weil skruplulöse Selektion erforderlich war. Was am Ende in die Flasche kam, hat jedoch das Zeug dazu, während einer mittellangen Flaschenreife zu großer Eleganz heranzureifen. Dass man dennoch auch in diesem Jahr nicht auf Dichte verzichten muss, zeigt exemplarisch der Siegerwein, der Siebeldinger Im Sonnenschein aus dem Weingut Dr. Wehrheim, der zudem ein treues Abbild des Südpfälzer Muschelkalk-Terroirs darstellt.

Auch bei den anderen Jahrgängen setzte sich ein Pfälzer durch: Philipp Kuhns 2020er Laumersheimer Steinbuckel ist ein Monument für viele Jahre der Flaschenreife. Wie bei einem Grand Cru aus Burgund macht es wenig Sinn, diesen Wein jetzt schon zu trinken: Er ist für die Langstrecke gemacht.

Jahrgang 2021

Kräuterig im Duft, Estragon, Melisse, getrocknete Minze, dezent pfefferig, Himbeeren, Erdbeeren, Milchschokolade. Am Gaumen geschmeidig und saftig, elegant und kühl, rote Beerenfrucht, reifer, samtiger Gerbstoff, erfrischende Säurestruktur, feine Würze, packend, jugendlich.
Deutschland
Eine offene, klare Süßkirschfrucht, auch ein Tick Cassis dabei und hintergründige Kräuternoten. Der Gaumen strahlt saftig und fein, die Klarheit der Frucht ist für den Jahrgang absolut überragend, der Bau elegant und nachhaltig, leicht mineralisch getönt.
Württemberg, Deutschland
Eindrucksvolle Kaffeenase, Rauch, Tang und Teer, Grafit, Schokolade. Am Gaumen saftig und weich, frisch, kühl. Die Fruchtstruktur ist verhalten, gleichwohl der Trinkfluss enorm ist. Die Säure bildet einen spannenden Nachhall.
Deutschland

Sortenprofil


Die Pinot-Familie

Bei der Rebsortenfamilie der Pinots handelt es sich möglicherweise um direkte Abkömmlinge von Wildreben – bislang gaben Genanalysen jedenfalls keinen Hinweis darauf, dass irgendwelche bekannten Rebsorten die Eltern etwa des Pinot Noir sein könnten. 

Pinot Noir = Spätburgunder

Spätburgunder ist in Deutschland bereits seit dem Mittelalter verbreitet, möglicherweise seit dem 9. Jahrhundert, gesichert seit dem 14. Jahrhundert. Der Name »Spätburgunder« führt inzwischen jedoch in die Irre: Durch die Erderwärmung gehört der Pinot Noir heute zu den Traubensorten, die im Herbst als erste gelesen werden.

Weitere Jahrgänge

Sehr würziger Duft, Sauerkirsche, Schlehe, etwas Gewürznelke, Rauch, sehr dicht, mineralisch. Zupackende Gerbstoffe, lebendige Säure, dicht und schmelzend, enorm druckvoll und dicht gewoben, tiefe Mineralik, ein Monument, das noch Zeit braucht, enormes Potenzial.
Pfalz, Deutschland
Ätherischer Duft erinnert an Räucherfleisch und salzige, getrocknete Kräuter. Am Gaumen herrschen sowohl unheimliche Transparenz als auch Konzentration. Finesse und Kraft paaren sich. Feinste Frucht scheint über die Steinigkeit hinweg und macht sie nur noch intensiver.
Rheingau, Deutschland
Dunkles Granatrot. Zarte duftige Nase nach Glaskirschen, Heidelbeeren, ebenso nach Roter Bete. Auch am Gaumen zart, eine saftige und schön eingebundene Säure, die Fruchtkomponenten leicht verhalten. Der Nachhall hat eine gekonnte Länge mit eleganten Gerbstoffen, äußerst trinkig.
Deutschland
Eine intensive Frucht von Sauerkirsche steigt aus dem Glas. Dazu einiges Neuholz. Der Gaumen hat Kraft und Feuer, aber auch eine sehr dichte Gerbstofffüllung. Die Gaumenfrucht ist, wiewohl noch verschlossen, dennoch bereits in ihrer Intensität erkennbar. Die Statur eines Grand Cru!
Württemberg, Deutschland

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Erschienen in
Falstaff Nr. 01/2024

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Ulrich Sautter
Ulrich Sautter
Wein-Chefredakteur Deutschland
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