© Zoe Spawton

Guide Michelin: »Hallmann & Klee« erhält seinen ersten Stern

Gestartet ist das »Hallmann & Klee« 2016 als Frühstücks-Lokal. Nun hat es eine der höchsten Auszeichnungen der Kulinarik-Welt bekommen: den ersten Stern vom Guide Michelin. Unsere Autorin freut sich für ihr Lieblingslokal.

Man weiß gar nicht, ob man seinem Lieblingslokal heutzutage einen Michelin-Stern wünschen soll– schließlich kriselt es auch in der Berliner Spitzengastronomie gerade gewaltig, wie eine Reihe von Schließungen prämierter Fine-Dining-Restaurants Ende letzten Jahres zeigen. Steigende Kosten, Personalprobleme und sinkende Kaufkraft der Gäste erschweren das wirtschaftliche Überleben der Sternegastronomie erheblich.

Und dennoch freue ich mich, dass das »Hallmann & Klee« bei der Vergabe der Michelin-Sterne in Hamburg mit einem Stern ausgezeichnet wurde. Es könnte keine würdigeren Träger dieser Auszeichnung geben als Sarah Hallmann und ihr Team. Der Guide Michelin, bis heute Reise- und Hotelführer des Michelin Reifenherstellers, vergab 1926 erstmals einen Stern an jene Lokale, die auf jeder Reise einen Stopp wert sind. Einen Stopp wert sein, das bedeutet laut Michelin: eine Küche voller Finesse, Produkte von ausgesuchter Qualität und ausgeprägte Aromen.

Weg vom luxuriösen Einheitsbrei

Genau diese Küche trifft man im »Hallmann & Klee« an. Was 2016 als Frühstücks-Spot in Neukölln startete, ist heute zu einem Fine-Dining-Restaurant gewachsen, das die unverwechselbare Handschrift von Sarah Hallmann trägt. Manche Gerichte, die hier serviert werden, sind Zeugen dieser Evolution, wie etwa das sehr feine Kartoffelpüree mit Liebstöckelöl, das schon seit einigen Jahren Teil des Menüs ist oder der Heggelbachkäse, der mit immer neuen Begleitern ebenfalls einen Stammplatz auf der Karte hat.

 

Was manchmal zum luxuriösen Einheitsbrei werden kann, schmeckt hier unverwechselbar nach »Hallmann & Klee«

 

Was das »Hallmann & Klee« von anderen Fine-Dining-Lokalen abhebt ist, dass hier zwar mit klassischen Spitzenprodukten wie Wagyu, Jakobsmuscheln, Taube etc. gearbeitet wird, sich die betreffenden Gerichte geschmacklich aber immer deutlich von jenen der Konkurrenz unterscheiden. Was manchmal ein wenig zum luxuriösen Einheitsbrei werden kann, schmeckt hier nicht nur gut oder interessant– es schmeckt vor allem unverwechselbar nach »Hallmann & Klee«. Vielleicht liegt es daran, dass das vegetarische Menü einen genauso hohen Stellenwert hat, wie das nicht vegetarische und Sarah Hallmann mit Fleisch und Fisch als Zutaten ähnlich umgeht wie mit Kräutern, Gemüse und Früchten: immer darauf bedacht, den Geschmack hervorzubringen und zu unterstützen. Daran liegt die Raffinesse – Wagyu fein aufgeschnitten auf einer Creme aus Sonnenblumenkernen zu servieren, sich mit Sauce auch mal zurückzuhalten.

Immer eine Überraschung

Von einer Handvoll von Gerichten, die mir aus den letzten Jahren Restaurantbesuchen so sehr in Erinnerung geblieben sind, dass ich regelmäßig davon träume, kommen eine Handvoll aus dieser Küche in Neukölln. Eine Hühnerbrühe mit Jakobsmuscheln und knusprigem Hühnerhautchip oder feine Kohlrabi-Scheiben auf einer sämigen Creme mit Mandarinensauce und grünem Chili beträufelt. Oder das winzige Langosch, ein ungarisches frittiertes Fladenbrot mit einer Art Frischkäsecreme, das als Amuse-Gueule serviert wird und von dem am liebsten gleich drei hintereinander essen würde.

Sommelière Patricia Lee begleitet diese Gerichte mit sicherer Hand: Für das vegetarische und karnivore Menü gibt es jeweils eine eigene Weinbegleitung. Der Keller bietet vor allem naturnahe Weine (sowohl biodynamisch als auch natural) und hält auch für Weinkenner immer eine Überraschung bereit.

In den letzten Jahren hat sich eine treue Fangemeinde um das Restaurant versammelt, die nun gespannt auf die neue Phase mit Michelin-Stern blickt. Schon vorher war es nicht einfach, am Wochenende einen Tisch zu ergattern, das wird nun sicher immer schwieriger. Wer zu dieser Fangemeinde gehört, weiß aber auch, dass der Stern hier genau richtig ist: Einen Stopp ist das »Hallmann & Klee« immer wert.


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Maria Wollburg
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