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Guide Michelin 2024: Welche Restaurants können auf einen Stern hoffen?

Am Dienstag, 26. März, findet in der Hamburger Handelskammer die Sterne-Zeremonie für Deutschland statt. Welche Restaurants sich einen Stern erkocht oder sogar verloren haben, bleibt bis dahin ein Geheimnis. Falstaff hat einen Blick darauf geworfen, welche Restaurants Chancen auf die begehrte Auszeichnung haben könnten.

Die Spannung steigt: Am Dienstagabend werden in der ältesten Handelskammer Deutschlands die begehrten Michelin-Sterne verliehen. Nachdem im letzten Jahr ein regelrechter Sterneregen über die Bundesrepublik niederging – und so viele Sterne wie nie zuvor vergeben wurden – blickt man in diesem Jahr aus mehreren Gründen besonders gespannt nach Hamburg.

Auf die Sensation im vergangenen Jahr folgte ein regelrechtes Erdbeben, das die Branche erschütterte. Die Sternegastronomie steckt hierzulande in einer Krise. Das bestätigte auch Marco Müller, Küchenchef des einzigen Drei-Sterne-Lokals Berlins im Falstaff Interview Mitte Oktober. Fine-Dining-Restaurants, darunter das »Ernst« und das »Lode & Stijn«, kündigten ab Ende letzten Jahres reihenweise ihre Schließung an – zuletzt reihte sich das »Kin Dee« in die Schließungswelle ein.

 

Weniger Fine Dining, mehr casual

 

Andere passen ihre Konzepte an, wie das »Nobelhart & Schmutzig« oder das »Tantris DNA«. Letzteres bietet nun zusätzlich ein erschwinglicheres Business-Menü zur Mittagszeit an. Das Ziel: »Weniger Fine Dining, mehr casual«, so erklärt zumindest Billy Wagner, Inhaber des »Nobelhart & Schmutzig«, die neue Strategie. Klar ist auch: Diese Konzepte sind eine Reaktion auf die konstant schwindenden Gäste, die sich immer seltener gehobene Gastronomie leisten wollen oder können.

Eine Erwähnung ist kein Garant

Aktuell zählt Deutschland neun Restaurants mit drei Sternen, 50 mit zwei Sternen und 274 mit einem Stern. Ob die Krise Auswirkungen auf die diesjährige Sterneverleihung hat, darüber spekuliert die Branche munter. Und obwohl die Auflösung erst am Dienstagabend folgt, kann man vorab an der wilden Spekulation teilnehmen, wenn man auf die monatlichen Neuentdeckungen des Guide Michelins schaut.

Die Erwähnung im Guide Michelin ist zwar kein Garant für einen Stern, gleicht man sie jedoch mit den Falstaff-Bewertungen und der Auszeichnung als »Restaurant der Woche« ab, könnte der Weg durchaus in Richtung Sternenhimmel weisen.

Von Nord nach West

Sowohl unter die Neuentdeckungen im Guide Michelin, als auch ins Falstaff »Restaurant der Woche« Ranking schaffte es beispielweise das »Atlantic Restaurant« im »Atlantic Hotel« an der Alster. Lange hatte das einstige Flaggschiff-Restaurant geschlossen, bevor es im April letzten Jahres unter Alexander Mayer wiedereröffnet wurde. Falstaff Autorin Brigitte Jurczyk prognostizierte schon im Herbst, dass der junge Küchenchef die Champagnergläser für die nächste Sterneverleihung bereithalten sollte und auch der Restaurantführer hat im Februar ein besonderes Auge auf die 4- bis 7-Gänge-Menüs »Identité« und »Flora« geworfen.

 

© Hotel Atlantic Hamburg

Und auch im Westen stehen die Chancen gut. Das erst im Oktober 2023 eröffnete »Zwanzig23 by Lukas Jakobi« in Düsseldorf überzeugt mit seiner raffinierten, nachhaltigen und regional-saisonalen Aromenküche in zwei Menüs (vegan und nicht vegan). Damit wird es nicht nur zu einem Must-Visit im Falstaff Long Weekend Düsseldorf & Köln Guide, sondern auch der Guide Michelin schwärmt aus denselben »Zero Waste«-Gründen für das Restaurant.

Trotz des Sterneregens im vergangenen Jahr schrumpfte die Anzahl der ausgezeichneten Restaurants in Schleswig-Holstein von 13 auf elf. Doch für die kommende Saison gibt es erneut Hoffnung: Das »Ahlmanns« im Romantikhotel »Kieler Kaufmann«, zählte im letzten Jahr mit zu den Verlierern und musste seinen Stern abgeben, als Sternekoch Mathias Apelt das Restaurant verließ, um sein eigenes Lokal zu eröffnen. Nun hat Lasse Knickrehm die Küchenleitung übernommen und beeindruckt mit einer kreativen Küche, die gekonnt Bodenständigkeit mit Innovation vereint. Von Falstaff gab es dafür im vergangenen Oktober 44 von 50 möglichen Punkten.

Eine sichere Wette

Eine relativ sichere Wette könnte man mit Christoph Kunz‘ »Komu« eingehen. Er ist bereits Münchens dritter Sternekoch, der sich – nach seiner Zeit im Alois – selbstständig gemacht hat. Im Falstaff Restaurant- und Gasthausguide 2024 wurde das »Komu« als »Eröffnung des Jahres« ausgezeichnet und beeindruckt vor allem durch Kunz' schelmische Kreationen. Popcornschaum mit Apfel und Kaviar würde man dem ehemaligen Zwei-Sterne-Koch aufgrund seines sonst bekannt strengen und kontrollierten Habitus gar nicht zutrauen.

 

Christoph Kunz
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Christoph Kunz

Ein paar hundert Meter weiter könnte es demnächst vielleicht zwei Sternelokale unter einem Dach geben: In der »Schreiberei« in München (eine Etage unter dem zweifach besternten »Tohru in der Schreiberei«) wird ein innovatives »New Way of Dining« zelebriert. Die Gerichte sind erstklassig und zugleich überraschend simpel, wie sowohl Falstaff als auch der Guide Michelin bestätigen.

Kein Unbekannter

In Hilzhofen, in der Oberpfalz, überrascht derweil das neue Casual-Fine-Dining Restaurant »HIO« der Familie Meier mit einem nachhaltigen und einzigartigen Konzept. In einem intimen Raum für maximal 16 Personen wird den Gästen ein exquisites sieben-Gang-Menü direkt aus der offenen Show-Küche serviert. Auf den Teller kommen ausschließlich Produkte aus eigenem Demeter-Anbau oder von Bauern aus der Region. Unter dem Motto »Der Acker kocht«, schafft Küchenchef Moritz Techet ein Geschmackserlebnis, das zurecht auf einen Stern hoffen lässt.

André Stolle ist in Hamburg kein Unbekannter. Sterne erkochte oder verteidigte er bereits im »Jacobs Restaurant« oder im »Se7en Oceans«. Kein Wunder also, dass der 46-Jährige auch in seinem eigenen Restaurant »The Lisbeth« – der Name ist eine Hommage an seine Großmutter – nach den Sternen greifen möchte. Abends begeistert er mit einer modernen Interpretation der Hamburger und norddeutschen Küche in 4- bis 6-Gängen. Mittags bietet er zudem einen schnellen Business-Lunch mit zwei Gängen an, wo er sein großes Talent offenbart: Einfachen Gerichten eine besondere Note zu verleihen.

Uwe Benkowsky, René Verse, Bernd Ahlert, Christian Siegling, Nils Henkel, Julia Westphal und Philipp Nagel (von links nach rechts).
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Uwe Benkowsky, René Verse, Bernd Ahlert, Christian Siegling, Nils Henkel, Julia Westphal und Philipp Nagel (von links nach rechts).

Im ganz hohen Norden punktet eines der besten Hotels in Deutschland seit dem letzten Frühjahr ebenfalls mit einem Spitzenrestaurant. Mit dem »Tipken’s by Nils Henkel« hat das »Severin’s Resort & Spa« nach langer Suche ein kulinarisches Konzept gefunden, das mit einer gemüseorientierten Ausrichtung klar die Handschrift des Namensgebers trägt. Im Oktober wurde im Falstaff Restaurant-Ranking vor allem die hohe Qualität, die Küchenchef René Verse an den Tag legt, hervorgehoben. Diese Leistung wurde schließlich mit einer Wertung von 91 von 100 möglichen Punkten belohnt.

Sterne? Nein, danke!

Es gibt allerdings auch Restaurants, die gerne auf die sonst so beliebte Auszeichnung verzichten würden. Das »Le Moissonnier« in Köln zum Beispiel. Manch einer erinnert sich noch dran: Das ehemalige Zwei-Sterne-Restaurant von Liliane und Vincent Moissonnier hat sich im Spätsommer zu einem französischen Bistro umgewandelt, nicht zuletzt, weil Vincent Moissonnier »an dieser Punkterei, Sternerei und Aufgeilerei« nicht mehr teilnehmen wollte. Die Frage bleibt, ob der Restaurantführer seinen Wunsch respektieren wird, nachdem er ihn im November wieder in seine Liste aufgenommen hat. Morgen Abend werden wir es erfahren.

 

 


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Anna Wender
Anna Wender
Redakteurin
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