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»Le Moissonnier« in Köln: Vom Zwei-Sterne-Restaurant zum französischen Bistro

Nach 36 Jahren schloss das Kölner Sternerestaurant »Le Moissonnier« im Juni seine Türen. Nun wird es wiedereröffnet – ohne Sterne, dafür als gemütliches französisches Bistro.

Vor zwei Monaten endete in der Krefelder Straße in Köln eine Ära. Nach fast vier Jahrzehnten verkündete das renommierte Zwei-Sterne-Restaurant »Le Moissonnier« seine Türen zu schließen. Die Enttäuschung war groß, aber schnell war klar: Das ist nicht das Ende – auch, wenn Chef de Cuisine Eric Menchon wochenlang auf sein »Spielzeug« und Lebenselixier – das Kochen – verzichten musste. In dieser recht kurzen Zeit ist viel passiert. Die Frage nach dem »Und jetzt?« war allgegenwärtig. Das Geheimnis wurde am Donnerstag, einen Tag vor der Wiedereröffnung am 1. September, gelüftet. Hört man Patron Vincent Moissonnier zu – und man hört ihm mit seinem französischen Akzent liebend gern zu – klingt es weniger nach Veränderung als vielmehr nach Befreiung. »Wir sind wieder da!«, verkündet Moissonnier. Ohne Sterne, dafür als gemütliches französisches Bistro.

Es geht nicht nur zurück zu den Ursprüngen des »Le Moissonnier«, das bevor Eric Menchon erst einen, dann zwei Sterne erkochte, als klassisch französisches Bistro geplant war. Vincent Moissonnier erfüllt sich mit diesem neuen Kapitel nun auch einen lang gehegten Jugendtraum: »Ich werde Kneipier – das, was ich schon immer machen wollte« – und das in seiner eigenen Weinbar. Das breite Grinsen wird er an diesem Mittag nicht mehr ablegen. Es ist ein Grinsen zwischen Erleichterung und Vorfreude, auf das, was ihn in seinem letzten Drittel seines Berufslebens erwartet.

Vincent Moissonnier
© Erik Chmil
Vincent Moissonnier

Vor rund einem Jahr sah es bei dem Gastronomen noch ganz anders aus. Im August 2022 beschlossen er und seine Frau Liliane einen Schlussstrich zu ziehen: »Ich konnte nicht mehr«, gibt Moissonnier zu. Das Restaurant lief super, die zahlreichen Auszeichnungen lockten Gäste nicht nur aus Deutschland in das überschaubare französische Restaurant am Rhein. Aber jeder Stern kostet harte Arbeit – und bedeutet Druck. Den wird es nicht mehr geben, »hier wird das Leben spielen«, freut er sich. Dann wird Moissonnier ernst: »Ich möchte an dieser Punkterei, Sternerei und Aufgeilerei nicht mehr teilnehmen«. Applaus.

In geselliger Runde speisen

Zurück zu den Wurzeln heißt auch, dass das »Le Moissonnier« nur noch tagsüber geöffnet haben wird: von Mittwoch bis Samstag von 12 bis 17 Uhr. In der Zeit werden Klassiker der französischen Bistro-Küche serviert: »Die Gäste sollen Austern knacken, Meeresfrüchte und klassische französische Gerichte genießen können«, kündigt Moissonnier an. Es soll eine Atmosphäre geschaffen werden, »in der sich Freunde und Familie versammeln, um gemeinsam in geselliger Runde zu speisen«, betont er.

Mit »Convivalité«, übersetzt der Franzose dieses Gefühl. Um diese Atmosphäre zu schaffen, erfuhr das Sterne-Restaurant eine kleine – für Kenner kaum merkbare – Umgestaltung. Ist man zum ersten Mal beim Franzosen zu Gast, scheint es, als würde die neue Bartheke schon seit fast vierzig Jahren genauso da stehen und auch der große Holztisch in der Mitte des Bistros, scheint dort einfach hinzugehören.

Liliane Moissonnier
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Liliane Moissonnier

»Ich möchte an dieser Punkterei, Sternerei und Aufgeilerei nicht mehr teilnehmen«

Der Mittelpunkt wird aber auf der Speisekarte zu finden sein: Das täglich wechselnde Tagesgericht, die »Plat du Jour« wird in einer »Cocotte« serviert. Wo der Deutsche an Eintopf denkt, schlägt der Franzose die Hände über dem Kopf zusammen. In dem Schmortopf, der in der Mitte des Tisches steht, und aus dem sich alle traditionell französisch bedienen, werden Gaumenschmäuse aus Fisch und Fleisch zu finden sein. Die restliche Karte strotzt vor französischen Klassikern: Die südfranzössiche Fischsuppe, die Œufs Mayonnaise oder die Foie Gras de Canard – mit 32 Euro das teuerste Gericht auf der Karte – versprechen Savoir-vivre am helllichten Tag mitten in Köln. Was von früher bleibt, ist die erstklassige Weinkarte. Fast 50 offene Weine hält der Franzose bereit. Wird man sie brauchen, um den Abschied von den Sternen kulinarisch zu verkraften? Moissonnier lacht: »Selbst, wenn Eric drittklassig kochen wollen würde, könnte er das nicht«, da sind sich alle sicher.

Zweites Standbein

Noch sicherer ist, dass es schwer werden wird in den ersten Wochen einen Tisch im »Le Moissonnier« zu ergattern. Seit der Verkündung, dass das Restaurant wieder eröffnen wird, haben sich 13.000 Menschen für den Newsletter des neuen Bistros angemeldet.

Eric Menchon, Chef de Cuisine
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Eric Menchon, Chef de Cuisine

Für Trost sorgt das zweite Standbein Moissonniers. Was während der Pandemie als Experiment startete und zum vollen Erfolg wurde, ist nun Teil der Wiedergeburt: Ein Bestellservice, der die ehemalige Sterneküche direkt nach Hause liefert. Bestellt werden kann von Freitag bis Mittwoch, die Lieferung erfolgt Freitag und Samstag. Auch hier lohnt es sich schnell zu sein, die Gerichte sind begrenzt. Das Menü wechselt nach jeweils vier Wochen, Moissonnier verspricht, dass die Zubereitung kinderleicht ist.

Das neue kulinarische Kapitel verspricht spannend zu werden. Vielleicht wird es den Gästen sogar einfacher fallen, als dem Team des »Le Moissonnier« selbst. Was macht man mit dieser gewonnenen Zeit am Abend, nachdem man sie jahrelang im Restaurant verbracht hat? Eric Menchon zieht es ins Fußballstadion, während Liliane und Vincent Moissonnier mit unzähligen Theaterabenden liebäugeln.


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Anna Wender
Anna Wender
Redakteurin
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