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»Sterne des Südens«: Wie kommt es, dass München zur Gourmet-Hauptstadt wurde?

Der Journalist Franz Kotteder porträtiert in seinem neuen Buch »Sterne des Südens« alle Münchner Sterneköche. Mittlerweile sind das 18. Im Gespräch erzählt er, wer ihn besonders fasziniert hat.

Franz Kotteder, woran liegt es, dass sich ausgerechnet in München die Sterne ballen?

Es gibt in München eine Gourmet-Tradition: Witzigmann, Winkler, Fauster. Da war schon eine Grundlage da. Und die Leute, die bei ihnen gelernt haben, haben das fortgesetzt. Mit Corona gab es dann einige Veränderungen. Köche haben sich entschlossen, sich selbstständig zu machen wie Jan Hartwig oder Christoph Kunz. So ist eine gewisse Breite entstanden: Wir haben in München jetzt 18 Sternerestaurants. Das ist schon gewaltig für eine Stadt der Größe von München.

Hat es nicht auch damit zu tun, dass München eine reiche Stadt ist?

Auf alle Fälle. Nicht nur in München, sondern vor allem um München herum leben sehr viele reiche Menschen. Man fragt sich ja selber schon, wie das eigentlich geht: 18 Restaurants, in denen ein Menü seine 250 bis 300 Euro kostet. Ohne Getränke. Das ist schon erstaunlich. Aber hier gibt es offenbar die Kundschaft, die das zahlen kann und will.

Jan Hartwig wurde 2023 mit seinem neu eröffneten Restaurant »JAN« auf Anhieb mit drei Sternen ausgezeichnet.
© Callwey
Jan Hartwig wurde 2023 mit seinem neu eröffneten Restaurant »JAN« auf Anhieb mit drei Sternen ausgezeichnet.

Sind viele Sterneköche gleichbedeutend mit einer breiten Vielfalt?

Es lässt sich international beobachten, dass Spitzenköche die französische Küche mit asiatischen Einsprengseln verknüpfen. In München verdichtet sich das. Die Stadt hat in der ganzen Kultur nicht gerade einen avantgardistischen Ruf, wir sind schon ein bisschen konservativer, traditioneller in der Ausrichtung als andere Städte. Aber es gibt auch ein paar Köche, die da rausfallen.

Wer fällt dir da ein?

Ganz neu in München die Rosina Ostler, die im »Alois« mit nordischen Einflüssen kocht. Dann Rico Birndt aus dem »Mural Farmhouse«, der hat einen ganz entschiedenen eigenen Stil, ist allerdings jetzt an den Chiemsee umgezogen und hat sich dort mit dem »June« selbstständig gemacht. Der hat viel mit Fermentation und Grillaromen gearbeitet. Oder auch Joschua Leise aus dem »Mural«. Aber man kann natürlich nicht sagen, dass alle anderen uniform kochen würden. Jeder hat eindeutig seinen eigenen Stil – der Grundsatz ist nur oft französisch-asiatisch.

In deinem Buch porträtierst du Münchens Sterneköche. Gibt es Eigenschaften, die alle teilen, was macht die Exzellenz aus?

Ein Drang zur Perfektion. Ein paar sehen es auch lockerer. Die haben dann aber auch »nur« einen Stern. Jan Hartwig zum Beispiel, der ist singulär in München und hat seine drei Sterne absolut verdient. Aber der lässt auch nirgends Fünfe grade sein. Das ist unbedingt notwendig, um zwei oder drei Sterne zu bekommen.

Neben Jan Hartwig, gab es sonst jemanden, der dich überrascht hat?

Jürgen Wolfsgruber aus dem »Sparkling Bistro« zum Beispiel mit seiner klaren Produktküche. Christoph Kunz natürlich. Der hat mich überrascht, weil er in seinem eigenen Lokal viel befreiter aufkocht als er es für das »Alois« gemacht hat. Daniel Bodamer aus dem »Brothers« ist auch ein toller Koch, an dem mich fasziniert, wie stringent er an seiner Karriere gearbeitet hat, der hat bei entscheidenden Leuten gelernt, wusste, was ihm noch fehlt und wo er es sich draufpacken kann.

Das »Komu« bietet Schnitzel an, im »Tantris DNA« gibt es Businesslunch. Ist das nur ein Trend oder schon ein Wandel?

Ganz gewiss ein Wandel. Da wird sich noch vieles ändern. Es wird weggehen von den 12-Gängen hin zu einer lockeren Karte, die auch nicht so teuer ist. Das wird sich auch auf die Weinkarte auswirken. Wenn man bei zwölf Gängen die Weinbegleitung wählt – fragt man sich am nächsten Tag, ob es das wirklich wert war. Da wird es hin zu dem Motto gehen: Weniger ist mehr.

© Callwey

STERNE DES SÜDENS 
Das Neue Münchner Küchenwunder

Franz Kotteder
Callwey Verlag, 2024
ISBN: 978-3-7667-2705-3
49.95 Euro


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Moritz Hackl
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