Ganz neu auf dem Markt: Der Plant-based Kebab von The Green Mountain. © Hilcona

Ganz neu auf dem Markt: Der Plant-based Kebab von The Green Mountain.

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Plant-based-Produkte: Von »schmeckt wie… « zu schmeckt

Mehr als ein Trend: Plant-based-Produkte wandeln sich von Ersatz zu Alternativen. Warum – dazu hat sich PROFI in der Branche umgehört.

von Wiebke Stegmann
14. Juli 2023

England, das Mutterland des Fußballs. Und was darf für viele Fans nicht fehlen, wenn sie ihren Verein im Stadion anfeuern? Zum Beispiel Bier, Rippchen, Burger und Co. Nun gibt es einen Club im Westen des Vereinigten Königreichs, der mit diesen Traditionen bricht: In The New Lawn, der Arena des Drittligisten The Forest Green Rovers, verschwanden alle tierischen Produkte von der Speisekarte. Inzwischen wurde ein eigenes Catering-Unternehmen gegründet, das andere Vereine mit Plant-based-Alternativen beliefert. Ein Trend, der laut einer Marktforschung von Nielsen nicht so bald abreißt.

Die Studie von NielsenIQ Consumer Insights aus 2022 kam zum Ergebnis, dass sich vegane und vegetarische Fleischalternativen zu einer wachstumsstarken Kategorie entwickelt haben. Gleichzeitig zeigt beispielsweise eine Erhebung der Statistik Austria aus demselben Jahr, dass der Pro-Kopf-Verbrauch tierischer Erzeugnisse 2021 zurückging – um 8,1 auf 226,2 Kilogramm. Anders gesagt: Plant-based ist der Datenlage nach eine Entwicklung, die sich nicht umkehren wird.

Ein dynamisches Duo: Hendrik Terner und Kerrin Kruse, Geschäftsführer der Froindlichst GmbH. © Froindlichst
Ein dynamisches Duo: Hendrik Terner und Kerrin Kruse, Geschäftsführer der Froindlichst GmbH.
© Froindlichst

»Ich habe gar keinen Unterschied bemerkt«

Ein Punkt gilt in der Branche dabei als Treiber: Die Anfänge machten Grünkernbratlinge und wurden durch Alternativen abgelöst, die eher wie Experimente aus dem Chemiebaukasten wirkten. Und so haben sie dann auch geschmeckt. Heute werden möglichst Zutaten wie Erbsen, Lupine, Weizen, Algen, Pilze, Nüsse und Co. verwendet. Das Ergebnis: »Manchmal haben wir Menschen bei uns im Restaurant sitzen, die 70 oder 80 Jahre alt sind. Hinterher sagen sie dann oft: ›Mensch, ich wusste gar nicht, dass das so lecker ist. Ich habe gar keinen Unterschied bemerkt‹«, berichtet Hendrik Terner. Gemeinsam mit Lebensgefährtin Kerrin Kruse führt er die Froindlichst GmbH. Dazu gehören zwei Froindlichst-Restaurants in Hamburg, eine eigene Produktionsküche, die Kjeks Bäckerei und inzwischen ein Franchise in Berlin. Was als vegane Idee von drei Studenten begann, ist heute ein Unternehmen mit mehr als 80 Mitarbeiter:innen.

Zielgruppe von vegan bis flexitarisch

Einige Plant-based-Produkte wie Burger-Patties werden im Froindlichst dazugekauft. Aber viele werden auch selbst entwickelt und hergestellt. Zum Beispiel das vegane Rührei auf Tofu-Linsen-Basis. Für den Ei-ähnlichen Geschmack sorgt Kala Namak, indisches Schwefelsalz. Die Farbe kommt von Kurkuma, mit Hafersahne verrührt sei das Ganze dann sehr nah am Original. Der von Gästen geliebte Ofenkeese wird dagegen aus Cashews hergestellt. »Wir brauchen etwa drei bis vier Monate, wenn wir ein Produkt entwickeln, bis wir es einsetzen können. Es ist ein fortlaufender Prozess, der dann aber auch nicht immer abgeschlossen ist. Beim Keese arbeiten wir zum Beispiel noch daran, die Fädenbildung besser hinzubekommen«, erzählt Hendrik Terner.

Bei der Produktentwicklung sieht sich das Froindlichst-Team neben »Wie bekommen wir eine köstliche Alternative hin?« auch vor der Herausforderung nach dem Namen. »Denn wir brauchen ja etwas, das die Leute mit dem Ursprungsprodukt assoziieren, auch wenn gar kein Fleisch, Fisch, Ei oder so enthalten ist«, erklärt der Geschäftsführer. Apropos Begrifflichkeiten: Im Froindlichst lesen Gäste nie das Wort »vegan«, sondern stattdessen Plant-based. Wieso das? »Veganer sind gut vernetzt. Sobald irgendwo ein neues veganes Restaurant eröffnet, weiß die Community Bescheid. Und bei uns weiß sie, dass wir zu 100 Prozent Pflanzliches auf der Speisekarte haben. Aber bei uns ist jeder willkommen. Und vegan schreckt tatsächlich immer noch viele ab«, beschreibt er. Eine Täuschung sei es nicht. Spätestens der Blick auf die Karte macht deutlich, dass es sich um rein pflanzliche Alternativen handelt.

Schon gewusst?

Bestellen Flexitarier im UK außer Haus Plant-based-Food, dann ist der Burger die Nummer Eins. Zu dem Ergebnis kam eine repräsentative Umfrage von Quorn Foods und der Sustainable Restaurants Association.

Yammieh: Ofenkeese aus Cashews. © Froindlichst
Yammieh: Ofenkeese aus Cashews.
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Burger hoch im Kurs

Für die Burger, Pizzen, Bowls, Burritos, Kuchen und Nachspeisen kommen die Gäste zum Teil von weit her. »Wir haben deutschlandweit Fans und Stammgäste nehmen auch schon mal eine zweistündige Anfahrt auf sich. Auch einstige Skeptiker gehören dazu. Mit unserem Essen und der Froindlichst-Atmosphäre haben wir sie aber überzeugt«, sagt Hendrik Terner.

Pflanzenbasiert ist der österreichische Pilz-Patty von Vitus Vitality aus Bio-Kräuterseitlingen und Bio-Shiitake zu 100 Prozent. 100 Prozent vegan ist er nicht. Denn zur Bindung wird aktuell noch Hühnereiweiß aus der Region rund um Perschling eingesetzt. Die Entscheidung ist für Geschäftsführer Michael Doppler ganz klar. Lieber ein Bio-Patty von hier als vegan. »Ich kann kein heimisches Produkt aus selbstgezüchteten Pilzen machen, das wir hier im Wienerwald produzieren, und dann eine Jack Fruit aus Amerika einfliegen lassen. Das geht nicht.« Sein Key-Accounter Daniel-Frederic Schwarz ergänzt: »Von der Idee ist unser Patty Plant-based. Er ist als Fleischersatz gedacht. Wobei wir sagen, wir wollen kein Fleisch sein, wir sind immer noch Pilzzüchter. Unser Anliegen ist es, ein cooles Pilz-Produkt zu machen und das so frisch und gut wie möglich von den Nährwerten her. Nachhaltig, bio und lokal produziert. Dafür brennen wir.«

Aromatisch, deftig, saftig, einfach geil

Nachhaltigkeit ist für das österreichische Unternehmen ohnehin wesentlich. So entstand die Idee zu den gluten- und laktosefreien Bio-Burger-Patties Deluxe durch die Frage, was mit den Edelpilzen passiert, die den Kund:innenanforderungen nicht entsprechen oder die nicht verkauft wurden, Stichwort »Stop Food-Waste«. Zwei Jahre wurde mit dem Partnerunternehmen Zaltech an einer Lösung gearbeitet. Das Ergebnis: eine Fleischpflanzerl-Alternative, die ausschließlich aus Bio-Pilzen, Bio-Compounds und Bio-Hühnereiweiß besteht. Aufgrund der Feuchtigkeit der Pilze braucht es ein starkes Bindemittel. Perspektivisch werden bei Vitus Vitality dafür, so der Plan, Lupine eines Bio-Bauers aus der Umgebung zum Einsatz kommen. Was sich definitiv nicht ändern soll, sind Geschmack und Konsistenz: »Unsere Patties sind aromatisch, deftig, saftig, einfach geil«, fasst es Michael Doppler zusammen.

Werner Ott: Start-up-Leiter bei The Green Mountain. © Hilcona
Werner Ott: Start-up-Leiter bei The Green Mountain.
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Kebab-like, aber Plant-based

Statt auf Pilze setzt die Schweizer Manufaktur The Green Mountain für den Plant-based Kebab auf Sojaprotein als Basis. Das neue Sortimentshighlight besticht durch seinen typischen Döner-Geschmack – leicht scharf und würzig, aromatisch nach Kreuzkümmel, Knoblauch und Kräutern. »Und das alles garantiert ohne Aroma- und Konservierungsstoffe, andere Zusatzstoffe oder Laktose. Einfach ein gutes Brot und knackigen Salat dazu – fertig. Unser Kebab ist mega einfach portionierbar und reich an Vitamin B12 und High-Protein«, beschreibt Werner Ott. Für den Start-up-Leiter bei The Green Mountain ist vegan und Kebab auf jeden Fall eine anspruchsvolle Kombination. Aber: »Wir denken in unserer kleinen Manufaktur immer unkonventionell und starten jeden Tag mit dem Anspruch, die dynamische Transformation der Lebensmittelbranche mit unserem wachsenden Plant-based-Sortiment mitzugestalten.«

Für den Schweizer ist Plant-based schon lange mehr als nur ein Trend, der inzwischen in der Mitte der Gesellschaft angekommen sei. Mit den »Null Fleisch – Ächt Schwiiz«-Produkten, im bündnerischen Landquart hergestellt, sollen vor allem Flexitarier angesprochen werden. »Menschen, die regelmäßig auf Fleisch verzichten wollen, aber nicht auf den damit einhergehenden Genuss. Deshalb stehen unsere vegetarischen und veganen Alternativen ihren tierischen Pendants in Geschmack, Aussehen und Konsistenz in nichts nach. Fix ist: Wir spielen auch in Zukunft Game-Changer und übernehmen gerne die Vorreiterrolle«, macht Ott zum Abschluss deutlich.

Erschienen in

Falstaff Profi Magazin

Jun./Aug. 2023

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