Rum ist mehr als ein Piratenschnaps – das wissen auch heimische Brenner, die sich der Spirituose vermehrt widmen.

Rum ist mehr als ein Piratenschnaps – das wissen auch heimische Brenner, die sich der Spirituose vermehrt widmen.
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Auf den Rum gekommen: Ein Rundgang durch heimische Premium-Destillerien

Immer mehr Brenner aus Österreich, Deutschland und der Schweiz brennen Rum. Wie die Falstaff Spirits Trophy 2023 zeigt mit qualitativ wachsendem Erfolg. Was das Geheimnis der Premium-Rums aus heimischen Destillen ist? Falstaff hat mit einigen Rum-Könnern gesprochen.

Sensation! Der bestbewertete Rum der Falstaff Spirits Trophy 2023 kommt nicht aus der Karibik, sondern aus Österreich! Satte 97 von 100 Punkten vergab die Jury an den Granit Rum von der Wald4tler Granitdestillerie. Günther Mayer hat diesen Rum aus importierter Zuckerrohrmelasse im Waldviertel hergestellt – von der Vergärung bis zur Reifung. »Whisky ist bei uns im oberen Waldviertel schon sehr präsent«, sagt er gegenüber Falstaff. »Rum hingegen ist für uns eine ganz neue, andere Kategorie. An der Spirituose fasziniert mich, dass sie im Vergleich zu den Getreidebränden mehr Frucht und Süße zeigt.« Entscheidend sei bei der Herstellung von Rum – wie bei jeder anderen Spirituose – die Auswahl des Grundprodukts. Rum wird auf Basis von Zuckerrohrmelasse hergestellt. Diese muss zunächst verdünnt und dann vergoren werden.

Mayer hat mit Melasse verschiedener Herkunft gearbeitet und gibt zu Protokoll, dass es entscheidend sei, dass die Melasse aus einer Region komme, in der sie mit Milchsäurebakterien vergärt, bevor sie verschifft wird. »Ich habe festgestellt, dass das dem Rum eine zusätzliche Dimension verleiht, die Typizität kommt besser durch.« Während der Brennvorgang nicht komplizierter als bei anderen Spirituosen sei, so sei beim Rum die Reifung im Holzfass entscheidend. Mayer verwendet für seinen Rum neue Eichenfässer mittlerer Toastung – mit Vorliebe aus der Region, aber auch mal aus Frankreich. Nachdem der Rum nach ein bis zwei Jahren abgefüllt wird, verwendet er diese Fässer weiter für den Whisky, der weitaus länger im Fass verbleibt, was diesem wiederum neue Komponenten mitgibt. Die Rum-Produktion beeinflusst bei der Granitdestillerie also auch den Whisky.

Naturprodukt Melasse

Auch Wolfgang Kaufmann von der Tiroler Brennerei Kaufmann Spirits ist vom Rum ganz angetan. Er gründete sein Unternehmen vor zehn Jahren und begann vor acht Jahren, selbst Rum aus Melasse zu produzieren. Auch für ihn ist die Auswahl ebendieser entscheidend für das Resultat. »Melasse ist ein Naturprodukt«, gibt er zu Protokoll. »Man muss dieses verstehen.« Kaufmann hat mit Melasse verschiedener Herkunft, mit der Gärtemperatur und der richtigen Hefe intensiv experimentiert. Heute verwendet er Biozuckerrohrmelasse aus Kuba. »Geschmacklich ist das ein großer Unterschied«, sagt er.. »Die Biomelasse sorgt für reintönigere, kräftigere Destillate als solche aus konventionellem Zuckerrohranbau.« Und auch die Herkunft macht einen Unterschied: Während Melasse aus Indien die Aromen von Schokolade und Karamell fördere, seien Brände aus Melasse aus Nicaragua beispielsweise würziger und kräftiger, so Kaufmann.

Auf die Frage, was an so einer Spirituose denn regional sei, erwähnt Kaufmann das Handwerk: »Das Brennen von Obst hat bei uns Tradition, dabei sind eine saubere Vergärung und ein präziser Brennvorgang elementar – das übertragen wir auch auf unseren Rum.« Auch bei der Reifung im Fass ist Kaufmann experimentierfreudig. Der mit 93 Punkten bewertete Mountain Single Cask Rum reifte in Ex-Bourbon-Fässern, doch Kaufmann hat auch schon mit Tequila-Fässern und ganz aktuell mit Ahornsirup-Fässern experimentiert. »Diese geben dem Rum eine wunderbare Cremigkeit mit.« Für Kaufmann ist die Kategorie »Rum« eine Spielwiese, denn während bei klassischen Edelbränden wie einer Williamsbirne das ideale Produkt in den Köpfen klar vordefiniert sei, sei man beim Rum ganz offen. Kaufmann hat damit Erfolg, auch wenn er zu bedenken gibt, dass man die Klientel für österreichischen Rum genauso finden müsse wie Fans von Edelbränden. »Heimischer Rum ist ein Nischenprodukt«, so Kaufmann. »Ich möchte den Rum nicht mehr missen.«

in Holzfässern gereift – Ausmasse wie hier auf Martinique haben die hiesigen Rumlager noch nicht, doch viele Destillerien bauen ihre Produktion aus.
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in Holzfässern gereift – Ausmasse wie hier auf Martinique haben die hiesigen Rumlager noch nicht, doch viele Destillerien bauen ihre Produktion aus.

Ein neuer Markt

Hans Erismann betreibt die Familienbrennerei Erismann in der Zürcher Gemeinde Bülach in vierter Generation. Während seine Vorfahren ganz auf Fruchtbrände setzten, hat er die Produktion von Gin, Whisky und Rum eingeführt. »Die Nachfrage nach Fruchtbränden ist seit Jahren rückläufig«, gibt er zu bedenken. »Mein Vater hat noch hektoliterweise gebrannt – das kam seither nie mehr zurück.« Zielmarkt für Erismann ist die Stadt Zürich, rund 20 Minuten von seiner Brennerei entfernt. Mit den internationalen Spirituosen hat er dort bessere Chancen – insbesondere auch in der Gastronomie. Sein Rum »Ron Juan Züri Rum« ist derzeit noch ein Geheimtipp. »Die ersten Jahre hatten wir nur weißen Rum im Angebot, denn ich wollte dem Brand seine Zeit im Fass gönnen.«

Der nun erhältliche braune »Ron Juan Züri Rum«-Rum reifte ganze fünf Jahre in Sherry-Fässern, bevor er auf den Markt kam. Die Etikette ziert ein altes Bild der Stadt Zürich. Für Erismann beides wichtige Verkaufsargumente. Denn nicht nur die Züricherinnen und Züricher, sondern auch die Touristen gehören zu den Kunden Erismanns. »Wir Kleinbrenner in Mitteleuropa brennen sorgfältiger als die Großbrennereien in anderen Regionen – besser sind unsere Produkte deswegen nicht zwingend, aber sie sind anders«, so Erismann. Bei gereiften Destillaten entscheiden denn auch viele Faktoren über das Resultat mit – das Klima, die Luft oder auch das verwendete Wasser machen sie je nach Region einzigartig. Nur brauche das alles enorm viel Zeit. »Vielleicht schaffen wir es ja zukünftig, einen Rum oder Whisky 10, 15 oder gar 20 Jahre reifen zu lassen – dann wird es richtig interessant.«


IST STROH RUM ECHTER RUM?

Bei der umgangssprachlich als Stroh Rum bezeichneten und weltweit bekannten Spirituosenmarke aus Österreich handelt es sich – wie der Flasche zu entnehmen ist – um einen sogenannten Inländer-Rum, der auch von anderen Marken angeboten wird. Die eigene Spirituosenkategorie war in ihrem Ursprung ein Ersatzprodukt für Rum, da in Ermangelung an Kolonien mit Zuckerrohranbau in Österreich-Ungarn nicht genügend echter Rum zur Verfügung stand. Seit 1999 muss die Alkoholbasis von Inländer Rum aus der Zuckerrohrverarbeitung stammen, was zuvor nicht der Fall war. Seit 2008 ist in der EU gesetzlich vorgeschrieben, dass Inländer-Rum zu 100 Prozent in Österreich produziert werden muss. Inländer-Rum ist somit eine geschützte österreichische Spezialität. Seinen charakteristischen Geschmack erhält der Stroh-Inländer-Rum von der Inländer-Rum-Essenz, die ebenfalls aus in Österreich gebranntem Rumdestillat aus Zuckerrohr hergestellt wird.


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Erschienen in
Spirits Special 2023

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