Bachls Restaurant der Woche: Kelsen im Parlament
Was für ein heftiger Kontrast zum »alten« Parlament, als Politiker unter sich blieben und in der »Milchbar« mit deftiger Kost abgespeist wurden.
Nun gibt es vier öffentliche Lokale, die von der Gastro-Beraterin Christine Friedreich und Thomas Hahn vom Restaurant »Labstelle« geführt werden und unter denen das »Kelsen« mit sehr aufwendigem Fine-Dining-Konzept heraussticht – wohlgemerkt nur am Abend, mittags bleibt die Karte trotz Lage im Dachgeschoß bodenständig.
Übrigens: Ausblick gibt’s vom puristisch und kahl eingerichteten Lokal keinen, dafür lohnt der Blick auf die optisch sehr schönen und teils hervorragenden Gerichte, die als Menü zu vier, sechs oder acht Gängen serviert werden. Bei »Leaf to Root« bleibt’s vegetarisch und teils vegan. »Nose to Tail« wird in der Küche ernst gemeint, wo mit Küchenchef Manfred Stockner ein Veteran der alten Schule werkt, der noch das Zerlegen ganzer Tiere draufhat. Die Highlights der ersten Karte: Zanderwangerl und Saiblingsleber unter Chicorée mit Weinviertler Erdnussmousse. Kräftige Stosuppe auf Krustentierbasis mit Tatar von steirischer Gebirgsgarnele und Kohlrabi »Superschmelz«. Oder das tollste vegetarische Gericht: Erdäpfel »Linzer Rose« mit Winterlauch und Liebstöckelöl in Molkesud. Anderes wirkt noch nicht ganz ausgereift. Jetzt schon außergewöhnlich: die Patisserie mit süßer Karfiolcreme, Ginger-Ale-Sud, Nussbuttereis und selbst gemachtem Kombucha mit Mandarinenöl.
Sommelier Daniel Gahler hat Gereiftes in petto, etwa Hans Iglers »Vulcano«, Jahrgang 2007 glasweise. Demnächst soll die Weinkarte auf 300 Positionen anwachsen. Man hat was vor ganz oben im Hohen Haus.

Bewertung Alexander Bachl
Essen 46 von 50Service 18 von 20
Weinkarte 18 von 20
Ambiente 8 von 10
GESAMT 90 von 100
€€€