Kostbar. Seit im Motovun-Wald vor 80 Jahren Trüffeln entdeckt wurden, sind sie ein gastronomisches Highlight Istriens von Buje und Buzet in Nordosten bis nach Panzin im Süden.

Kostbar. Seit im Motovun-Wald vor 80 Jahren Trüffeln entdeckt wurden, sind sie ein gastronomisches Highlight Istriens von Buje und Buzet in Nordosten bis nach Panzin im Süden.
© Prodan Tartufi

Istriens Schnüffelsuche nach der schwarzen Edelknolle

Voll vertrüffelt – oder warum istrische Périgord-Trüffel immer mehr Feinschmecker begeistern. Auf einer »Schnüffeltour« im Mirnatal zu den zweitteuersten Trüffelarten der Welt.

Such, such, such, Lila! Auf dieses Kommando hat die goldfarbene Labradorhündin freudig gewartet. Aufgeregt schnüffelt der ausgebildete Trüffelhund von Familie Karlič den Waldboden rund um die Eichen und Haselnusssträucher ab. Die Trüffeljägerin lässt den Vierbeiner keine Sekunden aus den Augen. Hund und Mensch agieren als eingespieltes Team. Jeder liest die Körpersprache des anderen. Sekunden später stürzt sich die Trüffeljägerin auf den Boden, gräbt ein paar Zentimeter und hält strahlend eine schwarze Trüffel in die Höhe, während Lila bereits an ihrem Leckerli kaut.

»Wenn wir nicht schnell genug sind, fressen die Hunde die Trüffeln auf. Sie lieben den Geschmack genauso wie wir«, lacht sie. Deshalb bedeutet Trüffelsuche absolute Konzentration. Auch für die Menschen. »Es funktioniert nicht, wenn du nicht aufmerksam und komplett im Moment bist.« Eine Stunde später fallen die frischen Trüffel-späne am Herd in die Frijata, eine cremige Eierspeise, die perfekt mit den schwarzen Périgord-Trüffel (Tuber melanosporum) aus der Gegend harmoniert.

DUNKLE SCHÄTZE

Während die bekannte echte weiße Trüffel (Tuber magnatum) nur kurz von September bis Jänner im wasserreichen Tal des Flusses Mirna zu finden sind, dauert die Saison der verschiedenen schwarzen Trüffelarten weitaus länger, sie wachsen nur wenige Zentimeter unter der Erde in den Eichenwäldern auf den Hügeln. Von außen sehen alle ähnlich aus: schwarz mit noppig-rauer Oberfläche. Aber innen kann die Farbe von Weiß über Rot bis hin zu Schwarz variieren, immer mit einer zarten Marmorierung.

Die Dunkelste ist die Teuerste: Die schwarze Périgord-Trüffel (Tuber melanosporum) kommt auf Kilopreise von bis zu 2.000 Euro. Ab Dezember bis in den März hinein wächst sie in den Wäldern rund um Buzet im Norden bis in den Süden bei Pazin. Im Gegensatz zur weißen Trüffel, die ausschließlich roh gegessen werden sollte, verliert die schwarze Trüffel beim Kochen nicht an Geschmack und Aroma. Kulinarisch ergeben sich dadurch weitaus mehr Möglichkeiten.

TELLER VOLLER TRÜFFEL

Wer in Istrien unterwegs ist, wird fast in jeder Konoba ein Trüffelgericht auf der Speisekarte finden. Neben der klassischen Eierspeise reichen die Einheimischen die schwarzen Trüffeln gerne zu Fuži, der hausgemachten Pasta, oder bestreichen das Brot mit Tartufata, einem Aufstrich aus Trüffeln, Champignons, Oliven und Olivenöl. Traditionell werden hier die Trüffeln gerieben verarbeitet und nur der Optik wegen gehobelt. Selbst der Mistelschnaps namens »Biska« wird mit Trüffeln veredelt und kommt im Flachmann zur Trüffelsuche mit.

Würzen, Braten, Trocknen, Einlegen, Einkochen. Erst mit ein bisschen Wärme entfaltet der schwarze Trüffel sein volles Bukett und harmoniert auch mit Reis, Fleisch oder Fisch. Naschkatzen legen kleine Stückchen in Honig ein und essen ihn dann mit Ziegenkäse. Frisch halten die schwarzen Trüffeln ein bis zwei Wochen im Kühlschrank. Und nicht nur hier in Istrien packt man die Edelknollen mit Reis in ein luftdichtes Gefäß. Der Reis reguliert die Feuchtigkeit und nimmt das Aroma an. So lässt sich der Reis später ohne Trüffeln zu Risotto verarbeiten.

LEBEN MIT DER NATUR

Wie intensiv das typische Aroma letztendlich ausfällt, hängt vom Wetter ab: Feuchtigkeit fördert den intensiven Geschmack. Aber selbst in trockeneren Jahren ist die istrische schwarze Trüffel noch immer ein echter Gaumenschmaus, der noch dazu richtig gesund ist. Proteine, Ballaststoffe, Vitamin C, gesättigte und ungesättigte Fettsäuren, Magnesium, Eisen und mehr zeichnen die Lebensmittel aus. Aufgrund ihrer Amino-säuren und Vitaminen werden sie in der Kosmetik im Anti-Aging-Bereich eingesetzt.

Als Mykorrhiza-Pilze gehen sie im Boden eine Symbiose mit den Wurzeln von Bäumen und Sträuchern ein. Der Fruchtkörper wird unter der Erde gebildet und als Edelknolle ausgegraben. Babylonier, Ägypter, Griechen: Früh schätzten die Menschen die Trüffel als Heil- und Potenzmittel. Nur im Mittelalter galt das Verspeisen der Köstlichkeiten als sündhaft. In Istrien wurden die Knollen sogar als ­»Teufelserdäpfel« bezeichnet und an die Schweine verfüttert.

Heute ist das anders. Längst werden die istrischen Trüffeln von Feinschmeckern wegen ihrer außergewöhnlichen Qualität geschätzt. Trüffeljägerin Ivana Karlič weiß, warum: »Bei uns gibt es keine Fabriken, keine stark befahrenen Straßen oder Verschmutzungen. Nur wenig Menschen und viel Natur.« In ihrem Dorf Paladini hoch über dem Trinkwassersee Butoniga, umgeben von den geschützten Motovun-Wäldern, leben gerade mal 43 Menschen, aber mehr als 100 Trüffelhunde.

QUALITÄTSFANATIKER

»Beim Trüffelkauf sollte man unbedingt auf den Herkunftsort achten. Es hat Gründe, warum die Trüffeln von asiatischen Plantagen so fürchterlich schmecken«, sagt Ivana. Hier, wo jeder verrückt nach Trüffeln ist, fühlt sie sich eng mit der Natur verbunden. »Wer ein Trüffeljäger sein will, muss die Natur und die Hunde mehr lieben als das Geld. Wir leben nicht für den Tag, sondern für die nächste Generation von Trüffel-suchern – so wie unsere Großeltern.«

Aktuell kümmert sich die Familie um 13 Trüffelhunde, alle weiblich aus Tradition. »Hündinnen sind wesentlich konzentrierter bei der Sache und lassen sich nicht so leicht ablenken«, sagt Ivana. Grundsätzlich kann aber jeder Hund zum Trüffelsuchhund werden. Voraussetzung sind zwei bis fünf Jahre Training. »Die Arbeit mit den Hunden und den Trüffeln ist ein eigener Lifestyle. Wir brauchen kein Fitnesscenter, stattdessen sind wir oft stundenlang im Freien unterwegs – bei jedem Wetter.«

Schweine kommen bei der Trüffelsuche in Istrien nicht zum Einsatz. Erstens, weil sie den Boden zu stark zerstören. Zweitens, weil für sie die Trüffel-suche kein Spiel ist. Die Tiere verstehen nicht, warum ihnen der Fund weggenommen wird. Hunde hingegen freuen sich über Lob und Leckerlis als Ersatz.

LIZENZ ZUM SCHNÜFFELN

Nicht jeder darf als Trüffeljäger ausrücken. Es braucht dafür zwei Lizenzen: ein Zertifikat als Trüffel-sucher und eine Genehmigung der Regierung. Auch die Ausfuhr von Trüffeln ist ohne Rechnung oder Ausfuhrgenehmigung vom Umweltministerium verboten. Daher lieber veredelte Produkte in den Trüffelshops kaufen, sich die rohen -Trüffeln von lizenzierten Anbietern nach Hause schicken lassen oder gleich vor Ort verspeisen.

Trüffelsucher wie Familie Karlič  nehmen Gäste auch mit in den Wald. Beim Trüffelsuchen mit den Hunden verfliegt die Zeit. Ohne die Hilfe der Schnüffelnasen wäre es unmöglich, etwas zu finden, so gut getarnt liegen die Trüffeln unter der Erde. Fühlen, riechen, graben – manchmal lässt sich bloß ein erbsengroßes Stück aus dem lehmigen Boden -herausscharren. Bravo, Lila! Unabhängig von der Größe, die Freude über den Fund ist jedes Mal gleich. »Wir sind Trüffeljäger, weil wir bei der Suche eine schöne Zeit mit unseren Hunden im Wald haben und die Ruhe, den Frieden und die frische Luft genießen.« Ob Zwei- oder Vierbeiner, Istrien ist eben ein Paradies für Trüffel-liebhaber – und das dank der schwarzen Trüffeln fast das ganze Jahr über.

Edeljausel. Die Trüffel-Familie Prodan lebt seit Generationen mit und vom kostbaren Pilz, der auch als Jause perfekt ist. Auch Tochter Visnja teilt die Trüffel-Liebe.
© Prodan Tartufi
Edeljausel. Die Trüffel-Familie Prodan lebt seit Generationen mit und vom kostbaren Pilz, der auch als Jause perfekt ist. Auch Tochter Visnja teilt die Trüffel-Liebe.

Die besten Adressen

Karlič
Trüffelsuchtouren, Shop, Museum und Verkostungsraum mit traumhafter Aussicht auf Motovun. Dazu Gin mit weißen Trüffeln.
Paladini 14, 52420 Buzet

T: +385 52 667304, karlictartufi.hr

PIETRO & PIETRO by Natura Tartufi
Trüffelsucher in der sechsten Generation mit Shop, Verkostungen und Führungen. Tipp: Trüffel--Picknick mit Freunden in der Natur.
Srnegla 21, 52420 Mala Huba

T: +385 52 55 057, pietroandpietro.com

TARANDEK
Trüffelprofi Nikola Tarandek nimmt Interessierte mit auf die Trüffeljagd.
Livade 7, 52427 Livade

T: +385 91 5696835, truffletarandek.com

ZIGANTE
1999 fand die Familie die Guinness-Weltrekord-Trüffel mit einem Gewicht von 1,3 Kilogramm. Heute wird das Trüffelimperium in zweiter Generation geführt.
Portoroška 15, Plovanija, 52460 Buje

T: +385 52 777409, zigantetartufi.com

PRODAN
Familienbetrieb in der dritten Generation, Interessierte können auf Trüffelsuche mitkommen.
43 Sveti Ivan, Prašcari, 52420 Buzet

T: +385 91 5512796, prodantartufi.hr

MIRO
Trüffelshop mit Produkten wie Trüffel, eingelegt in Honig, Aufstrichen oder Käse mit Trüffel.
Kanal 27, 52424 Motovun

T: +385 52 681724, miro-tartufi.com

SAN SERVOLO TRÜFFELBIER
Bierbrauer Ivan Vidmar entwickelte ein Bier, das nach der Gärung mit schwarzen Trüffeln verfeinert wird. Ideal als Aperitif oder zu Käse.
Grožnjanska ulica, 52460 Buje (schwarzes Gebäude)

T: +385 91 1655161, sanservolo.beer


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Erschienen in
Istrien Special 01/2023

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Anita Arneitz
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