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Koffein, der Muntermacher für Milliarden

Koffeinhaltige Lebensmittel werden seit jeher nicht nur wegen ihres Geschmacks, sondern auch wegen ihrer anregenden und leistungssteigernden Wirkung konsumiert. Doch wie viel ist verträglich – und ab welcher Menge ist Vorsicht geboten?

Koffein ist seit langer Zeit und rund um den Globus beliebt. Rund 80 Prozent der Weltbevölkerung konsumieren mindestens einmal pro Tag Kaffee, Tee, Kakao oder Schokolade, Cola-Limonaden oder Energydrinks. Zudem gibt es eine Vielzahl an weiteren Getränken, Lebensmitteln oder Nahrungsergänzungsmitteln wie Kapseln, Pulver und Riegel, denen Koffein, etwa auch aus Guarana, zugesetzt wird. In Europa jedoch ist Kaffee die vorwiegende Koffeinquelle bei Erwachsenen und macht 40 bis 94 Prozent der Gesamtaufnahme aus. Nur in Irland und im Vereinigten Königreich liegt Tee vorne und trägt mit knapp 60 Prozent zur Gesamt-Koffeinaufnahme bei. Bei Jugendlichen schwanken die Hauptquellen zwischen den einzelnen Ländern stark: Mal ist es Schokolade, mal Kaffee, Cola-Getränke oder Tee. Schokolade inklusive kakaohaltiger Getränke bildet dagegen bei Kindern von drei bis zehn Jahren in den meisten Ländern die Koffeinquelle Nummer eins, gefolgt von Tee und Cola-Getränken.

Schneller Kick

Koffein kann die Wachsamkeit, Konzentrationsfähigkeit und Aufmerksamkeit erhöhen und dennoch zu Entspannung führen. Das ist bei moderatem Konsum der Fall, also wenn die Einzeldosen bei 50-200 Milligramm liegen. Der stimulierende Effekt setzt dann für gewöhnlich 15 bis 30 Minuten nach der Aufnahme ein und kann für mehrere Stunden anhalten. Gesunde Erwachsene haben im Durschnitt nach etwa vier Stunden die Hälfte des Koffeins wieder ausgeschieden. Der Schwankungsbereich für diese Halbwertszeit ist jedoch groß, reicht von zwei bis acht Stunden und wird von vielen Faktoren wie etwa dem Alter beeinflusst.

Mythos Flüssigkeitsentzug

Dass Koffein aber dem Körper Flüssigkeit entzieht (und deswegen ein Glas Wasser zum Kaffee gereicht wird), zählt zu den hartnäckigen Mythen. Zwar kann Koffein kurzfristig zu einem verstärkten Harndrang führen, allerdings erst ab einer Menge von circa 300 Milligramm Koffein und nur, wenn man bloß selten Kaffee oder Schwarztee trinkt.  Konsumiert man aber regelmäßig koffeinhaltige Getränke und Lebensmittel, so gewöhnt sich der Körper rasch an die Koffeinmengen und der Harndrang nimmt ab.

Eine Frage der Dosis

Zu kurzfristigen negativen Auswirkungen kann es bei Kindern und Erwachsenen durch sehr hohe Einzeldosen kommen, wenn etwa 400 bis 800 Milligramm auf einmal konsumiert werden. Dann können zum Beispiel Nervosität, Angst, Aggressivität, Schlafstörungen sowie Herzrasen die Folge sein. Bei chronisch übermäßigem Koffeinkonsum werden mitunter Herz-Kreislauf-Probleme beobachtet und bei Schwangeren kann es zu einem verminderten Wachstum des Fötus kommen. Eine ausführliche Sicherheits- und Risikobewertung von Koffein hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) 2015 durchgeführt. Deren Eckpunktelauten:

  • Über den gesamten Tag verteilt sind für Erwachsene bis zu 400 Milligramm Koffein aus allen Quellen unbedenklich. Die Menge entspricht in etwa fünf Tassen Kaffee. Genau lässt sich das jedoch nicht angeben, weil der Koffeingehalt bei Kaffee ebenso wie bei Schokolade starke Schwankungsbreiten aufweist, die vom Herstellungsprozess, der Art der verwendeten Kaffee-/Kakaobohnen, der Art der Zubereitung (zum Beispiel als Filterkaffee oder Espresso) sowie der eingesetzten Menge abhängen.
  • In der Schwangerschaft und der Stillzeit haben bis zu 200 Milligramm Koffein pro Tag keine negativen Folgen für das Kind.
  • Wenn Koffein kurz vor dem Schlafengehen aufgenommen wird, können Einzeldosen von 100 Milligramm bei manchen Erwachsenen das Einschlafen verzögern und die Dauer der Nachtruhe verkürzen.
  • Für Kinder (drei bis zehn Jahre) und Jugendliche (zehn bis 18 Jahre) gelten drei Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht als täglich tolerierbare Obergrenze. Ein 20 Kilogramm schweres Kind sollte demnach nicht mehr als 60 Milligramm Koffein pro Tag aufnehmen. Diese Menge ist etwa in einer kleinen Flasche Eistee enthalten. Ein 65 Kilogramm schwerer Jugendlicher erreicht seine maximale Dosis von 195 Milligramm Koffein knapp mit zwei Dosen Energydrinks und einer halben Tafel Zartbitterschokolade.

Keine Camouflage

Bei der Kombination von Koffein und Alkohol sind zwar häufig Energydrinks im Gespräch, aber die Diskussion trifft freilich auch auf einen Caffè Coretto, Jägertee oder Schokolade mit Rum zu. Die Bewertung der EFSA ergab in dieser Hinsicht, dass es bis zu einer Aufnahmemenge von 200 Milli-gramm unwahrscheinlich ist, dass Koffein die subjektive Wahrnehmung der Trunkenheit kaschiert. Umgekehrt beeinflusst auch Alkoholkonsum in Mengen, der zu einem Blutalkoholspiegel von etwa 0,8 Promille führt, die Unbedenklichkeit von Koffein bis zu 200 Milligramm nicht. Auch übliche Inhaltstoffe in Energydrinks wie Taurin oder Glucuronolacton zeigen wahrscheinlich keine nachteiligen Wechselwirkungen mit Koffein und Alkohol.


Erschienen in
Falstaff Nr. 07/2022

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Marlies Gruber
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