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Krisendestillation: Wenn die EU der Weinbranche zu Hilfe eilt

Wein erfüllt Gaumen mit Freude, betört die Sinne und hat es dennoch zurzeit nicht leicht. Die europäische Weinbranche, einst stolz unerschütterliches Fundament des Genusses, leidet unter einem geringeren Absatz. Die EU hilft aus.

Die derzeitige Wirtschaftslage ist geprägt von hohen Lebensunterhaltungskosten, die nicht nur den Geldbeutel der Verbraucher:innen belasten, sondern sich auch auf den Verbrauch von Wein auswirken. Gleichzeitig sind die Betriebsmittelkosten für die landwirtschaftliche Erzeugung und die Weinverarbeitung gestiegen, was unausweichlich zu höheren Weinpreisen führt.

Steigende Weinbestände und finanzielle Schwierigkeiten

Diese Umstände haben zu erheblichen Störungen auf dem Weinmarkt der Union geführt, da mehrere wichtige Erzeugermitgliedstaaten mit steigenden Weinbeständen und finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen haben. Doch das ist noch nicht alles. Die weltweite Inflation hat die Kaufkraft der Verbraucher geschwächt und den allgemeinen Abwärtstrend beim Weinverbrauch in den letzten Jahren verstärkt.

Alarmierende Zahlen in ganz Europa

Von Spaniens Extremadura über die Region Alentejo in Portugal bis hin zum französischen Languedoc-Roussillon sind die Auswirkungen spürbar. Die Zahlen sind alarmierend: Italien verzeichnet einen Rückgang des Weinkonsums um 7 Prozent, Spanien sogar um 10 Prozent, Frankreich um 15 Prozent, Deutschland um 22 Prozent und Portugal um erschreckende 34 Prozent. Besonders Rot- und Roséweine sind von dieser Entwicklung betroffen und Winzer:innen leiden unter den Auswirkungen.

Weinverkäufe und die rückläufige Nachfrage

Die Weinverkäufe im laufenden Wirtschaftsjahr spiegeln diese rückläufige Nachfrage wider. In einigen stark betroffenen Gebieten wird sogar ein Rückgang von 25 bis 35 Prozent im Vergleich zum Vorjahr festgestellt. Gleichzeitig sind die Weinausfuhren der Union im Zeitraum von Januar bis April 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 8,5 Prozent gesunken – ein trauriger Trend, der die Weinbranche vor große Herausforderungen stellt.

Weinmachen, ein teures Vergnügen

Die gestiegenen Betriebsmittelkosten für die Weinproduktion, darunter Düngemittel, Energie und Flaschen, tragen ebenfalls zur Krise bei. Ein Teil dieser Kostensteigerung ist auf den Krieg in der Ukraine zurückzuführen. Sie hat zu einem außergewöhnlichen Anstieg der Produktionskosten geführt, der in einigen Mitgliedstaaten auf durchschnittlich 30 bis 40  Prozent geschätzt wird.

Unter diesem Druck haben die Weinerzeuger in der Union weniger Kapazitäten für Marketingmaßnahmen und Investitionen. Die Kombination all dieser Faktoren führt zu einem allgemeinen Rückgang der Nachfrage und des Absatzes von Unionsweinen. Gleichzeitig ist die Erzeugung im Vergleich zum Vorjahr gestiegen, und die Lagerbestände waren bereits hoch. Es entsteht ein wachsendes Überangebot, das dringend verringert werden muss, um Marktstörungen zu vermeiden.

Krisen und Chancen

Doch inmitten dieser Krise liegt auch eine Chance. Es ist an der Zeit, neue Wege zu finden, um den Weinmarkt zu beleben und die Nachfrage anzukurbeln. Innovation und Kreativität werden zu den neuesten Verbündeten. Vielleicht liegt die Lösung in der Förderung seltener Rebsorten oder der Erschließung neuer internationaler Märkte. Die Weinbranche hat bewiesen, dass sie widerstandsfähig ist und sich immer wieder neu erfinden kann.

Die EU eilt zur Hilfe?

Ein wichtiges Instrument, das nun zum Einsatz kommt, ist die Destillation der am stärksten von der Marktkrise betroffenen Weine. Die EU hat ein Subventionsprogramm freigegeben, das es den Weinproduzenten erlaubt, diese Weine bis zum 15. Oktober 2023 zu destillieren. Diese Destillation dient dazu, die Marktstörungen zu mildern und das Überangebot zu reduzieren. Der gewonnene Alkohol darf nicht als Lebensmittel verwendet werden, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Stattdessen wird das Destillat für industrielle Zwecke genutzt oder als Biotreibstoff.

Um das Sonderprogramm umzusetzen, werden die betroffenen Mitgliedstaaten bis zum 31. August 2023 ihre Ausführungskriterien bei der EU-Kommission einreichen. Damit wird gewährleistet, dass die Destillation der Weine effektiv und gerecht durchgeführt wird. Nun bleibt es nur zu hoffen, dass die EU-Maßnahmen den Weinmarkt wieder stabilisieren – in der Zwischenzeit benötigt es seitens der Winzer:innen viel Kreativität und einen langen Atem.


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Ferdinand von Vopelius
Ferdinand von Vopelius
Portalmanager Österreich
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