30 Jahre Wein & Co: Einkaufsleiter Simon Silmbroth (li.) und Geschäftsführer Hannes Scheufele im Falstaff-Gespräch.

30 Jahre Wein & Co: Einkaufsleiter Simon Silmbroth (li.) und Geschäftsführer Hannes Scheufele im Falstaff-Gespräch.
© Wein & Co

»Junge trinken weniger, aber mutiger«

Zum Firmenjubiläum blicken Hannes Scheufele, Geschäftsführer von Wein & Co, und Einkaufsleiter Simon Silmbroth auf die vergangenen 30 Jahre zurück – und vor allem in die Zukunft: Wer Wein einkauft, der wolle dabei »etwas erleben«, davon sind die beiden überzeugt.

Im Oktober 1993 eröffnete Wein & Co seine ersten sechs Filialen – und hat sich damals die »Demokratisierung des Weinhandels« zum Ziel gesetzt. Heute, genau 30 Jahre später, hält man bei 23 Geschäften quer durch Österreich und will Menschen Weine verkaufen, »die eine Geschichte erzählen«. Falstaff hat Geschäftsführer Hannes Scheufele und Einkaufsleiter Simon Silmbroth anlässlich des Jubiläums zum Gespräch über Arroganz in der Branche, »Trinkerkarrieren« und Trends gebeten. 

Falstaff: Wie kauft der Österreicher seinen Wein? Ist der zielstrebig und weiß, was er will? Oder kommt er, weil er beraten werden will und experimentieren möchte?

Hannes Scheufele: Da gibt es natürlich beide Typen. Die meisten Kunden kommen aber, weil sie monatlich verschiedene Weine gratis verkosten und so Neues entdecken können. Das ist ein erfreulicher Trend. Es gibt ja nichts Unschöneres, als immer nur das Gleiche zu trinken. Die Weinwelt zu entdecken, da wollen wir mit Beratung helfen.

Stehen Sie als Einkaufsleiter hinter jeder Flasche, die Sie hier im Regal haben?

Simon Silmbroth: Ja, das ist auch unser Credo. Jedes Produkt, das es bei uns gibt, erfüllt unsere Qualitätsstandards. Viele Kunden kommen auch für den Geschenkekauf. Die Flasche Wein für den Onkel oder den Schwiegervater – die muss sitzen. 

Scheufele: Wir sehen uns als Händler für all jene, die dem Supermarktangebot entwachsen. Trotzdem finden wir für jedes Budget eine passende Flasche. Das Sortiment beginnt bei 7 Euro, darunter gehen wir aus Qualitätsgründen nicht. Es reicht – mit einem großen Schwerpunkt zwischen 10 und 30 Euro – bis hin zum Bordeaux um 500 oder 600 Euro. Jeder Weinliebhaber, sagt man, hat eine eigene »Trinkerkarriere«. (lacht) Man muss den Gaumen an qualitativ hochwertige, komplexe Weine ja erst heranführen. Dabei wollen wir beraten. Aber ohne Arroganz.

Jeder Wein-Neuling kennt die Angst, plötzlich dem Sommelier gegenüberzustehen.

Silmbroth: Ja, genau. Das Thema ist ja auch komplex, das kann einschüchtern. Genau diese Barrieren wollen unsere Mitarbeiter aber abbauen. Niemand muss sich bei uns unwohl fühlen, weil er heute einen Wein um »nur« zehn Euro kauft. Das ist der falsche Zugang.

Scheufele: Das war auch die Gründungsidee von Wein & Co. Damals gab es Supermärkte – und Oligarchen-Vinotheken. Und wenn du dich in Letztere nicht hineingetraut hast, musstest du dich in Ersteren mit minderer Qualität abfinden. Diese Lücke hat Wein & Co gefüllt, dieses Lob erhalten wir auch von vielen Winzern. Wir wollen zur Demokratisierung des Weinhandels beitragen und hier jeden freundlich empfangen. In einem hippen Natural-Wein-Shop fühlt man sich, wenn man nicht »szenig« ist, gegebenenfalls unwohl. Diesen Druck wollen wir bei uns nicht entstehen lassen.

Wie unterscheidet sich das Kaufverhalten der jungen Kunden von älteren?

Silmbroth: Wir haben für unsere Branche ein sehr junges Publikum, im Schnitt liegt das Alter bei Mitte 40. Die junge Generation, die in das Thema einsteigt, ist viel unvoreingenommener, lässt sich weniger von klassischen Marken beeindrucken. Was zählt, ist die Story hinter einem Produkt. Man will wissen, welches Handwerk dahintersteht, wer der Winzer ist. Früher waren sich viele unsicher, ob Bio beim Wein überhaupt ein Qualitätsmerkmal ist – oder ob man davon lieber die Finger lässt. Das hat sich gewandelt. Vor allem die Jungen sind für neue Trends natürlich offen. Sie trinken weniger, aber mutiger. Es wird nicht so viel Wein gekauft, dafür greifen sie schneller zu einer ausgefallenen Flasche, die dann auch gerne etwas teurer sein darf. 

Scheufele: Es geht weniger ums Trinken, mehr ums Genießen. Das ist schön. Und der Trend geht hin zu frischen Weinen mit niedrigem Alkoholgehalt und zu Schaumweinen, eher weg von schweren Rotweinen.

Kehren die Menschen seit dem Ende der Pandemie wieder zurück? Oder bleiben sie beim Online-Einkauf?

Scheufele: Wir hatten während Corona große Wachstumsraten im Online-Bereich und liegen heute noch 40 Prozent über den Werten von 2019. Seit einem Jahr merken wir aber, dass die Menschen richtig Lust haben, ins Geschäft zu kommen. Weineinkauf muss Spaß machen, es muss ein Erlebnis sein. Und das habe ich nur vor Ort.

Silmbroth: Online ist für Zielkäufe gut geeignet, nicht fürs Genießen. Digital kann ich mich nicht durchkosten, kann mich nicht mit dem Mitarbeiter unterhalten, der mir eine Story zum Wein erzählt, mit der ich später im Freundeskreis punkten kann.

Scheufele: Es reicht nicht, nur zu bedienen. Ich muss Erlebnisse schaffen. Wir wollen künftig noch mehr Winzer zu uns laden, wollen noch mehr Kurz-Verkostungen und regelmäßige Get-together-Veranstaltungen.

Wohin geht der Trend bei den Spirituosen? 

Silmbroth: Der Gin-Hype ist abgeflacht. Jetzt sind Spirituosen in, die im Holzfass reifen. Der Rum-Trend ist unübersehbar, da wird sich noch einiges tun. Der überall prognostizierte Tequila- und Mezcal-Hype lässt hingegen noch auf sich warten. 

Scheufele: Und die Lust an alkoholfreien Alternativen wächst. Viele wollen an manchen Tagen einfach Trinkgenuss ohne Alkohol.


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Erschienen in
Falstaff Nr. 10/2023

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Christoph Schwarz
Christoph Schwarz
Chefredakteur
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