Der Weinhandel ist laut Phlilipp Schwander zusehends schnelllebiger geworden.

Der Weinhandel ist laut Phlilipp Schwander zusehends schnelllebiger geworden.
© Anne Gabriel-Jürgens

Philipp Schwander: «Ich habe noch viele Projekte im Kopf»

Philipp Schwander gehört seit vielen Jahren zu den erfolgreichsten Weinhändlern der Schweiz. In diesem Jahr feiert seine Weinhandlung «Selection Schwander» ihr 20-jähriges Jubiläum. Falstaff hat mit dem ersten Master of Wine des Landes über den Schweizer Weinhandel, dessen Entwicklung und Herausforderungen gesprochen.

Falstaff: Herr Schwander, Ihr Weinhandels­unternehmen Selection Schwander feiert in diesem Jahr das 20-jährige Bestehen. Was wäre für Sie die Alternative zum Einstieg in den Weinhandel gewesen?
Philipp Schwander: Ich habe Betriebswirtschaft studiert, da wäre eigentlich ein Job in einem Treuhandbüro oder als Finanzchef eines KMU auf der Hand gelegen. Sogar Controller hätte ich werden können, eine schreckliche Vorstellung für mich.

Wie hat sich der Schweizer Weinmarkt in den letzten 20 Jahren in Ihren Augen entwickelt?
2003 gab es rund 2500 Weinhändler, heute sind es über 4000 Anbieter. Der Pro-Kopf-Konsum betrug damals 47 Liter, heute liegt er bei 32 Litern. Einerseits ist der Weinhandel zum Modeberuf geworden, der etliche Idealisten anzieht, die dann ihr böses Erwachen erleben, andererseits zeigen die Zahlen auch deutlich auf, dass der Wett­bewerb viel, viel härter geworden ist.

Was sind heute die grössten Herausforderungen für Weinhändler?
Ab einer bestimmten Grösse wird es immer schwieriger, neue Kunden zu akquirieren. Weil es so unglaublich viele Weinhandlungen gibt, kostet es auch zunehmend Mühe und Arbeit, sich Gehör zu verschaffen und nicht einfach in der Flut der zahlreichen Anbieter unterzugehen. Das Geschäft ist ausserdem zusehends schnellebiger geworden – es gibt Hypes, bei denen Weine hochgejubelt werden, die völlig überzahlt oder sogar ­fehlerhaft sind.

Welche Trends beobachten Sie in der Weinwelt?
Eine häufig gestellte Frage, die oft dahin­gehend falsch beantwortet wird, dass Naturweine, alkoholfreie oder aus pilzwiderstandsfähigen Sorten gekelterte Weine, ­vegane oder in Amphoren ausgebaute ­Gewächse die wichtigsten Trends seien. Das sind sicher interessante und wachsende Nischen, ihr Anteil am Gesamtmarkt ist aber verschwindend klein. Mengenmässig viel bedeutender sind Markenweine von Grosskonzernen im internationalen Stil, die aus den zumeist gleichen, weltweit angepflanzten Rebsorten wie Chardonnay, Merlot und Cabernet gewonnen werden. Ein weiterer, leider sehr unerfreulicher Trend sind Rotweine mit zugesetztem ­Zucker. In Apulien werden teilweise bis 30 Gramm pro Liter hinzugefügt, das ist eigentlich schon fast Limonade. Bis jetzt muss dieser Zuckerzusatz nicht deklariert werden, was ich skandalös finde. Ein anderer Trend sind helle Roséweine im Provence-Stil. So haben LVMH und andere Konzerne hier bereits kräftig investiert. Mit diesen oft belanglosen Weinen in ­modischen Flaschen lässt sich im Moment Geld wie Heu verdienen.

Bei Philipp Schwannder dreht sich vieles, aber nicht alles um Wein. Schwander ist ausserdem Kenner und Sammler von Druckgrafiken.
© Anne Gabriel-Jürgens
Bei Philipp Schwannder dreht sich vieles, aber nicht alles um Wein. Schwander ist ausserdem Kenner und Sammler von Druckgrafiken.

Wie Sie erwähnt haben, ist die Konkurrenz im Weinhandel heute äusserst gross. Was braucht es, um in diesem Geschäft nachhaltig erfolgreich zu bleiben?
Qualität, Qualität und nochmals Qualität. Dies erachte ich als absolut zentral. Natürlich ist smartes Marketing wichtig. Aber was hilft es, wenn der Wein nicht schmeckt? Letztlich ist eine Weinhandlung wie ein Restaurant: Wenn der Service stimmt, das Essen und der Preis gut sind, läuft der Laden. Werden diese Kriterien nicht erfüllt, bleiben die Gäste aus.

Zum Erfolgskonzept der «Selection Schwander» gehören unter anderem gemeinsam mit den Winzern entwickelte Sonderabfüllungen. Seit ein paar Jahren sind Sie selbst auch als Winzer aktiv und produzieren im Priorat den Ausnahmewein Sobre Todo. Wie fliessen Ihre Erkenntnisse aus diesem Projekt in die ­Zusammenarbeit mit den Winzern ein?
Seit ich meinen eigenen Rebberg habe, ist die Demut noch einmal gewachsen. Hier lernte ich, dass eine fixe Vorstellung, wie der Wein zu sein hat, in die Irre führen kann. Passt man sich nicht der Natur des Weinberges an, wird der Wein bestenfalls gut, nie aber ausgezeichnet. Herauszufinden, was das Richtige für einen Rebberg ist, erachte ich als grosse Herausforderung. Wichtig ist bei einer Spezialfüllung auch, dem Winzer anhand von Beispielen zu zeigen, was man sich wünscht. Wie der Winzer zu diesem ­Ergebnis kommt, sollte man ihm überlassen.

Die Weine, die Sie gemeinsam mit den ­Winzern entwickeln, sind preislich äusserst attraktiv. Wie viel sollte eine gute Flasche Wein ihrer Ansicht nach kosten?
Das hängt vom Anspruch ab. Bei den Rotweinen bewirkt ein Fassausbau häufig eine deutliche Verbesserung der Qualität. Das heisst, ein Verkaufspreis unter 13 Franken ist da kaum mehr realistisch. Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass es möglich sein sollte, einen sehr guten Wein – weiss oder rot – zwischen 16 und 20 Franken zu ­bekommen.

Sie sind nicht nur Weinhändler, sondern besitzen auch ein kleines Barockschloss unweit des Bodensees, dem Sie zu neuem Glanz ­verholfen haben. Gibt es andere Projekte, die Sie in Zukunft gerne noch angehen möchten?
Ich habe noch viele Projekte im Kopf. Ob ich sie je verwirklichen kann, steht selbstverständlich in den Sternen geschrieben. Eines war beispielsweise das Weinmesser mit Victorinox, das glücklicherweise auf eine sehr grosse Nachfrage stiess. Zwei weitere kleine Beispiele: Als Freund hochwertiger Armbanduhren schwebt mir eine sogenannte «Weinuhr» vor. Es gibt Taucher-, Segler- und Fliegeruhren, wieso nicht auch eine Weinuhr? Sie müsste aber handwerklich sehr hochwertig und optisch eine Augenweide sein, gewissermassen ein Schmuckstück für den weingeniessenden Gentleman. Als Sammler von Druckgra­fiken möchte ich eine Ausstellung mit ­Werken von wichtigen Künstlern ab dem Jahr 1450 bis in die heutige Zeit machen. Daran arbeite ich.

Philipp Schwander

Im Jahr 1996 bestand Philipp Schwander als erster Schweizer in der Geschichte die sagenumwobene Prüfung zum «Master of Wine». Seine eigene Weinhandlung «Selection Schwander», die er im Jahr 2003 gründete, zählt heute zu den wichtigsten Weinimporteuren der gesamten Schweiz. Zuvor war er unter anderem zwölf Jahre lang für den Weineinkauf bei Martel verantwortlich.

selection-schwander.ch

 


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Dominik Vombach
Dominik Vombach
Chefredaktion Schweiz
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