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Kuh-linarik: Natura-Beef für Zürichs Spitze

Florian Wenger hält im Kanton Jura eine Herde Simmentaler Kühe in Mutterkuhhaltung. Mit dem edlen Fleisch seiner Rinder wird in einigen der angesehensten Betrieben der Schweiz gekocht – unter anderem im Zürcher «Restaurant Widder».

In einer malerischen Hügellandschaft im Val Terbi, Kanton Jura, steht das im 16. Jahrhundert erbaute romantische Schloss «Château de Raymontpierre». Es ist von saftigen Wiesen umgeben, auf denen Florian Wengers Simmentaler Rinderherde weidet. Sie besteht aus 30 Kühen und ihren Kälbern sowie zehn Aufzuchtrindern, die später Teil der Herde werden sollen. Das Besondere dabei: Die Kälber dürfen nach der Geburt bei ihren Müttern bleiben und ihre Milch trinken, bis sie mit rund zehn Monaten geschlachtet werden. Denn Wenger praktiziert auf seinem Hof Mutterkuhhaltung.

Er übernahm die Herde Simmentaler von seinem Vater, der Kalbfleisch produzierte. Da sich das finanziell nicht rentierte und der Zugang zum Milchmarkt durch die Kontingentierung erschwert war, entschied sich Wenger, den Hof nach der Übernahme auf Mutterkuhhaltung umzustellen. Er ist froh über seinen Entscheid: «Für mich ist sie die natürlichste Form der Rindviehhaltung. Es ist wunderschön, wie die Kälber zusammen mit ihren Müttern und einem Stier in der Herde aufwachsen. »Ganz aus der Viehwirtschaft auszusteigen, war für ihn keine Option: In unserem Betrieb wächst auf den meisten Flächen Gras – wir können keinen Ackerbau betreiben. Damit wir diese Flächen für die menschliche Ernährung nutzen können, brauchen wir Wiederkäuer, so können wir dieses Gras zu Fleisch veredeln.«

Nachhaltiges Rindfleisch

Darum geht es unter anderem bei der Mutterkuhhaltung. Diese ist nicht nur artgerecht, sondern auch besser für die Umwelt als andere Haltungsformen. Die Tiere fressen nämlich nur lokales, natürliches Futter, vor allem Gras, Heu und Grassilage. Die Fütterung mit Soja, Palmöl und tierischen Fetten und Eiweissen ist verboten. Da die Schweizer Weiden nicht gegossen werden, sondern durch Regenwasser wachsen, ist der Trinkwasserverbrauch in der Mutterkuhhaltung mit rund 200 Litern pro Kilogramm Fleisch relativ niedrig. Zum Vergleich: Der durchschnittliche Pro-Kopf-Wasserverbrauch liegt in der Schweiz bei 300 Litern pro Tag. Zudem führt die tierfreundliche, naturnahe Aufzucht dazu, dass die Tiere widerstandsfähig sind, die Zufuhr von Wachstumshormonen und vorbeugenden Antibiotika ist nicht erlaubt, aber auch nicht nötig. Die Rinder wachsen auf natürliche Weise heran und ernähren sich artgerecht, was ihr Fleisch gesund und schmackhaft macht: Es ist zart und reich an ungesättigten Fettsäuren und Vitaminen.

Mutterkuh Schweiz

«Mutterkuh Schweiz» ist die Dienstleistungs- und Dachorganisation der Mutterkuhhaltenden in der Schweiz. Insgesamt gehören der Organisation sechs Labels, von denen das im Coop oder direkt beim Bauern erhältliche Natura-Beef das bekannteste ist. Dazu gehören auch Natura-Beef Bio und Natura-Veal. Für die Gastronomie wurde das Label Weiderind geschaffen, welches Natura-Beef entspricht und bei Transgourmet erhältlich ist. Daneben gibt es noch das Mutterkuh-Label «SwissPrimBeef» für Fleisch von besonderen Fleischrinderrassen sowie Angus Premium-Beef und Simmentaler Original.

 

Auch Tino Staub, Executive Chef des «Widder Hotel» in Zürich, schätzt Wengers Natura-Beef. Das Schloss Raymontpierre und der dazugehörige Landwirtschaftsbetrieb gehören wie das «Widder Hotel» zur Hospitality-Gruppe The Living Circle. Wenger verkauft jährlich rund zwölf Rinder an das Luxushotel. Ein Grossteil des Fleisches kommt in die betriebseigene «Boucherie AuGust», aber auch im mit 97 Falstaff-Punkten ausgezeichneten »Restaurant Widder» kocht Küchenchef Stefan Heilemann damit. Staub ist begeistert von der Qualität: «Das Fleisch hat ein intensives Aroma. Die Tiere sind vollfleischig, da sie fast immer draussen auf der Weide sind und dort viel Bewegung bekommen.»

Staub kauft immer ganze Rinder und lässt diese von einem Metzger im Jura schlachten und zerlegen. Dieser stellt daraus auch Würste und Trockenfleisch her, die in den Zürcher Living-Circle-Betrieben serviert werden. Das restliche Fleisch verarbeitet die «Widder»-Küchenbrigade zu verschiedenen Gerichten. Staub betont: «Wenn man das ganze Tier verwerten darf, macht es Freude, die Vielfalt der Endprodukte zu sehen. Wir machen gerne Schmorgerichte, Stefan Heilemann baut aber auch Innereien wie Herz ins Menü des «Restaurants Widder» ein. Für Edelstücke wie Filet und Entrecôte arbeiten wir mit der Schaffhauser Firma LUMA zusammen, diese reift die Stücke für uns mit ihrem speziellen Verfahren.»

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Enge Partnerschaft

Die Nähe der Zusammenarbeit macht beiden Parteien Freude. Für Florian Wenger ist es nicht selbstverständlich, einen Zürcher Spitzenbetrieb mit Natura-Beef beliefern zu dürfen: «Das ist äusserst speziell! Die Grundlage dafür ist aber ein stimmiges Umfeld, darum ist die Zusammenarbeit nicht meine Eigenleistung. Sie ist eine Ehre und Anerkennung für mich und meine Familie und zeigt, dass wir vieles richtig und gut gemacht haben.» Er hat auch selbst einmal im «Restaurant Widder» gegessen, ein besonderes Erlebnis für ihn: «Ich habe vor, mit meiner Familie und ein paar Freunden zurückzukehren, damit auch sie dies erleben dürfen.»

Umgekehrt war auch Tino Staub schon bei den Wengers zu Gast. Der Besuch hat auch bei ihm einen bleibenden Eindruck hinterlassen: «Bevor wir die ersten Tiere gekauft haben, waren wir auf Besuch bei der Familie Wenger. Sie haben uns den Bauernhof, den Stall mit Auslauf und die Weiden gezeigt, auf welcher die Tiere in der Herde zusammen sind. Wenn wir heute eine Fleischlieferung aus dem Jura kriegen, denken wir natürlich immer an diesen Ort mit seinen Tieren und auch an den Bauern. So ein Besuch bleibt im Kopf.»

Erschienen in
Food Zurich Spezial 2023

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Larissa Graf
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