Aus der Tradition heraus wird in der Steiermark Süßes oft gebacken.

Aus der Tradition heraus wird in der Steiermark Süßes oft gebacken.
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Mäuse zum Kaffee? Süße steirische Nachtisch-Klassiker

Junge Chocolatiers wandeln auf Großmutters spuren und denken die süßen Verführungen neu.

Auf dem Herd brutzelt das ­Schmalz vor sich hin, während die Oma unermüdlich den Teig knetet und in die rechte Form bringt. Wenn es gut werden soll, braucht es Geduld und Ruhe. So werden die Krapfen außen schön knusprig und innen flaumig weich. Strauben, Kip­ferln, Lebkuchen. Die traditionellen Mehlspeisen in der Steiermark sind stark mit den Erinnerungen an die Kindheit verbunden. Schließlich wurde das feine Gebäck früher immer nur zu bestimmten Anlässen auf den Tisch gestellt. Und noch heute freut sich das innere Kind, wenn in den Gaststuben oder daheim süße Köstlichkeiten nach alten Rezepturen auf den Tisch kommen.

Krapfenland

Während woanders Krapfen zur Faschingszeit aufgetischt werden, haben sie in der Steiermark das ganze Jahr über Saison und gelten als das Festtagsgebäck schlechthin. Entsprechend groß ist die Vielfalt an Krapfen-Variationen: vom gezogenen Bauernkrapfen über die Mahderkrapfen nach der Heuernte und die Rosenkrapfen zur Hochzeit bis hin zum Butterkrapfen mit Marmelade oder dem Schnapskrapferl, das bei Geburtstagen in Honigschnaps getaucht wird. Die meisten der Krapfen werden noch immer in Fett oder Schmalz herausgebacken. Das war früher auch auf den Almen ohne Strom über dem offenen Feuer möglich. Es gibt allerdings auch Rezepte, die im Brotbackofen zubereitet werden, und fast jede Familie hat da ihr eigenes überliefertes Rezept.

Schon um 140 vor Christus wurde erstmals ein krapfenähnliches Gebäck erwähnt: Das war ein breiartiges Teil, das in heißem Fett gekocht und danach mit Honig bestrichen wurde. Später, um 1200 vor Christus, boten die Klosterküchen »craphum« an. Der Name geht wahrscheinlich auf die Form der Krapfen zurück, die einst eher hakenförmig waren. Rund, mit weißem Rand, lang gezogen mit Einbuchtung, mit Einschnitten oder durcheinander wie die Zweige der Weinreben: Heute gibt es die Krapfen in unterschiedlichsten Formen. Die Heiligengeistkrapfen aus Mürbteig erinnern optisch an die Heilige-Geist-Taube, deshalb werden sie zu Pfingsten serviert. Durch das Drehen der Teigplatte mit einem Holzspieß im Fett bekommen sie ihr tierisches Aussehen. Die Spagatkrapfen hingegen werden über eine konische Metallröhre gewickelt und dann erst gebacken. Mit einem Tupfer Schlag­obers und Preiselbeermarmelade kommen sie als beliebte Nachspeise im Herbst daher. Sogar als Suppeneinlage werden Krapfen gegessen: Dazu werden die sogenannten Tauchmodelkrapfen mit Milch in einem Model zubereitet.

Weinbegleiter

In der süßen Variante werden sie auch zu Wein und Apfelsaft gereicht, genauso wie die bekannten Strauben, die auch als Stanglkrapfen, Spanglkrapfen oder Steigenkrapfen bezeichnet werden. Spiralförmig wird der Teig mit einem Trichter in eine Pfanne mit heißem Schmalz gegossen. Damit das gelingt, braucht es einiges an Übung. Vor allem in den Weingebieten sind die Strauben ein Klassiker auf der Speisekarte und harmonieren mit ihrer Süße sehr gut mit einem Glas Wein. Goldgelb in der Sonne leuchtend, mit Staubzucker bestreut. Die gebackenen Mäuse sind vom Teig und der Art des Backens identisch, nur etwas kleiner und bauchiger. Während Strauben und Mäuse recht beliebt sind, findet sich die Schunknudel nur noch selten auf den Speisekarten – eine Art Torte aus Mürbteig, die mit Kürbiskernen, Walnüssen und Rosinen gefüllt ist. Auch die Schunknudel wurde bei festlichen Anlässen zu Wein und Kaffee gereicht.

Selbst zum Wein wird gern Süßes gereicht, wie etwa die Spagatkrapfen.
© Steiermark Tourismus / Julia Einfalt
Selbst zum Wein wird gern Süßes gereicht, wie etwa die Spagatkrapfen.

Erntedank

Nach den Anstrengungen während der Ernte und beim Almabtrieb galt es, wieder zu Kräften zu kommen – und zu feiern. So stellten die Sennerinnen für den Rückweg mit den Tieren verschiedene Schmalzgebäcke her, bekannt als Almraungerl oder Almraunkerl. Das sind kleine Köstlichkeiten aus Nudel-, Germ-, Mürb- und Brandteig, die leicht in die Tasche passen und recht knusprig sind. In der Schüssel rumpeln sie, weshalb sie auch Rumpelnudeln genannt werden. Im Inneren sind sie allerdings durch die Butter und den Rahm überraschend saftig weich. Ein weiteres typisches Brauchtumsgebäck ist der Allerheiligenstriezel aus Germteig. Als geflochtener Striezel wird er den Patenkindern mit Glücks- und Segenswünschen geschenkt. Entsprechend groß ist der Anspruch an eine nahezu perfekt geflochtene Optik. Zum Sonntagskaffee werden gerne Nuss- und Mohnpotizen oder Poganzen gebacken. Letztere sind flache Kuchen aus Germteig mit einem Topfenbelag. Im Apfelland werden Apfelringe, umhüllt mit einem dünnen Teig, herausgebacken und klassische Apfelstrudel serviert.

Würzig-Weihnachtlich

Anis, Kardamom, Muskatnuss, Vanille, Zimt und der liebliche Duft von Honig dringen in der Weihnachtszeit aus den steirischen Backstuben. Das alte Handwerk der Lebzelterei hat im Land eine lange Tradition und wird nicht nur in Mariazell gepflegt, wo der Lebkuchen einst für die Pilger ein kraftspendender Proviant auf ihrer Reise war. Bereits im 15. Jahrhundert haben sich die ersten Lebzelter in der Steiermark niedergelassen. Pirker, Ebner oder Regner sind Lebzelter, die heute noch nach den alten Handwerksregeln backen. Der feine Lebkuchen wird in Herzform als Liebesbekundung bei Feiern oder Kirchtagen verschenkt und versüßt die Adventszeit. Außerdem gibt es noch ein Argument für Lebkuchen: Durch seine gesunden Zutaten hat er etwas weniger Kalorien als andere Kekse. Und es gibt ihn bereits in glutenfreien Versionen!

Noch nach traditionellen Rezepten wird Lebkuchen gebacken und kunstvoll verziert.
© Steiermark Tourismus / Tomm Lamm
Noch nach traditionellen Rezepten wird Lebkuchen gebacken und kunstvoll verziert.

Schoko-Holic

Handgeschöpfte Schokoladen, feine Confiserie, moderne Kreationen: Neben den klassischen Mehlspeisen wird in der Steiermark seit Jahrzehnten die hohe Kunst der Schokoladeherstellung gepflegt. Kreative Aushängeschilder sind die Schokoladenmanufakturen von Zotter und Felber, aber auch die süßen Verführungen von den Konditoreien können sich sehen lassen: Linzbichler lockt mit der Grazer Schlossbergkugel, einer Schokotrüffel mit Haselnusslikör und Cointreau-Orangen-Marzipan oder der Erzherzog Johann Schilchertrüffel. In Turnau muss der Hochschwabspitz nicht erwandert, sondern kann als Kuchen verkostet werden. Das Feldbacher Karamell gibt es als Zuckerl oder als Aufstrich fürs Brot. Crêpes mit Kastanienreisfülle lassen in Judenburg die Augen der Naschkatzen leuchten, während in Graz Macarons mit steirischem Kürbis im Trend liegen. Konditoren lassen sich von lokalen Zutaten inspirieren; so bringt die Steiermarktorte etwa Kürbiskerne mit Zirbenschnaps, Apfelmarmelade und Schokolade zusammen. Aber es geht auch einfacher: eine Kugel Vanilleeis mit Kürbiskernöl. Ein süßer Gruß, zart schmelzend, leicht nussig und grün.

Süsse Adressen

Pirker Erlebzelterei
Wiener Straße 9, 8630 Mariazell
lebkuchen-pirker.at

Ebner Lebzelterei & Konditorei
Lamberggasse 31, 8225 Pöllau
konditorei-ebner.at

Seckauer Lebkuchen Regner
Marktstraße 11, 8732 Seckau
lebkuchen-regner.at

Zotter Schokolade
Bergl 56, 8333 Riegersburg
zotter.at

Felber Schokoladen
Gasener Straße 4, 8190 Birkfeld
felber-schokoladen.at

Linzbichler Süßwaren
Franziskanerplatz 16, 8010 Graz
linzbichler-schoko.at

Die Vielfalt der steirischen Kulinarik inklusive süßer Abschlüsse online: steiermark.com/de/Steiermark/Kulinarik-erleben


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Erschienen in
Steiermark Special 2023

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Anita Arneitz
Autor
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