© Gina Müller

Weniger ist mehr: Sich eine Fastenkur gönnen

Es ist ein fantastisches Gefühl, wenn die Hosen plötzlich wieder locker auf der Hüfte sitzen. Wer fastet, verliert aber nicht nur Kilos, sondern gibt dem Körper auch innerlich eine Auszeit.

Es gibt ein tief sitzendes Missverständnis, wenn es um das Körpergewicht geht, und das hat mit dem Wort Diät zu tun. Wer sein Körpergewicht reduzieren will und denkt, ein zeitlich begrenzter Verzicht auf zucker- und fettreiche Nahrungsmittel wäre ein richtiger Schritt in diese Richtung, der irrt. Wer nachhaltig abnehmen will, muss über eine langfristige Umstellung der Ernährungs­gewohnheiten nachdenken. Eine Fastenkur kann der Anfang so eines Prozesses sein, eine Art Initialzündung sozusagen. Denn Fasten heißt mitnichten weniger essen, es geht vor allem auch darum, dem gesamten Organismus mit all seinen Organen eine Regeneration zu gönnen. Konkret heißt es: zur Ruhe kommen, Geschwindigkeit ­rausnehmen, sich auf das Wohlbefinden konzentrieren.

Wer dem Körper weniger Energie in Form von Zucker und Fett zuführt, bringt einen inneren Prozess in Gang, der an der Medizinischen Universität Graz erforscht wird. Dort versucht die Molekularbiologin Melanie Korbelius zu ergründen, wie der Fettstoffwechsel genau funktioniert, wenn dem Körper zu viel Öl, Butter oder Schmalz zugeführt wird. Diese Triglyzeride werden von den Zellen des Dünndarms aufgenommen, in Lipoproteine verpackt und so über das Blut sämtlichen Organen zugeführt.

Fette sind essenziell für den Körper, denn sie bedeuten Energie und insofern Treibstoff. Doch zu viel davon ist schädlich. Ein Überschuss an Nahrungsfetten führt zu erhöhten Cholesterinwerten und damit zu einem größeren Risiko, einen Schlaganfall oder Herzinfarkt zu erleiden. Der Organismus hat aber sogar auch einen Weg gefunden, mit überschüssigem Fett umzugehen. Er verwandelt es in Lipidtröpfchen und speichert diese im Darm – als eine Energiereserve sozusagen. Genau diese Einlagerungen werden beim Fasten verbraucht oder bei sportlichen Aktivitäten abgebaut. In anderen Worten: Das setzt den innerer Erneuerungsprozess in Gang.

Gemeinsam fasten

Wer fastet, spürt die positive Wirkung bereits nach einigen Tagen. Wenn das ­Hungergefühl nicht mehr dominant ist, dann berichten viele von einem an Euphorie grenzenden Wohlgefühl. Das setzt vor allem dann ein, wenn man sich für die Zeit des Fastens eine wirkliche Auszeit vom stressigen Alltag gönnt. Das kann im besten Fall heißen, sich auf eine angeleitete Fastenkur in einer dafür spezialisierten ­Einrichtung einzulassen. Das kostet zwar Geld, ist aber ein sinnvolles Investment gegen Übergewicht. Denn wenn alle wenig essen, erzeugt das einen motivierenden Gruppendruck. Zudem: Weit weg von zu Hause ist die Lust, spazieren zu gehen oder sich sportlich zu betätigen, größer.

Körperliche Ertüchtigung und Fasten sollten stets gemeinsam gedacht werden. Sie sind für alle Organe ausgesprochen förderlich, zeigen zahlreiche Untersuchungen. Eine 2019 im »Journal of the American College of Cardiology« veröffentlichte ­Studie kommt zu dem Ergebnis, dass fünf Stunden Bewegung pro Woche erforderlich sind, um acht Stunden Sitzen am Tag auszugleichen. Wer also das Fasten mit Bewegung verbindet, tut dem ganzen Körper doppelt Gutes. Mit weitreichend positiven Aus­wirkungen: Die Haut wird strahlend, geschwollene Augenringe verschwinden und der Schlaf verbessert sich dramatisch.

Ausgewogene Ernährung

Die viel größere Hürde als das Fasten selbst ist es allerdings, mit der neu gewonnenen Energie wieder in den Alltag zurückzukehren. Wer langfristig abnehmen und dem Darm Gutes tun will, sollte seine Ernährungsgewohnheiten für immer und ewig umstellen. Denn wer sich nach dem Fasten sofort wieder zügellos über fette Braten und süße Kuchen hermacht, wird den Jo-Jo-Effekt erleben, sprich: schnell wieder den Speck von früher auf den Hüften haben.
Es geht also um eine Balance zwischen gesunder Ernährungsroutine und gelegent­lichen Ausreißern. Und wenn schon über die Stränge schlagen, dann bitte durch sehr viel Bewegung austarieren. Viele schwören auch aufs Intervallfasten, also auf sehr ­lange Pausen zwischen den Mahlzeiten. Auch das kann ein Weg der individuellen Mäßigung sein.


Rosa Schwalbe
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