Fritz Keller.

Fritz Keller.
© Peter Bender

Nachgefragt: Sagen Sie einmal, ist das Gasthaus ein Auslaufmodell, Fritz Keller?

Fritz Keller ist Winzer und Wirt aus Oberbergen im Kaiserstuhl (Baden). In seinem deutschen Heimatort führt er drei Gastronomiebetriebe: das Sternerestaurant »Schwarzer Adler«, das Gasthaus »Rebstock« und die »KellerWirtschaft« im ersten Stock des modernen Kellereigebäudes. Keller war auch als Fußballfunktionär tätig – langjährig als Präsident des SC Freiburg sowie in selber Funktion beim DFB.

Falstaff: Gibt es in Zukunft nur noch Systemgastronomie und Sternelokale, und das klassische Gasthaus stirbt aus?

Fritz Keller: Das wäre der Horror für die kulinarische Landschaft. Aber es stimmt, wir haben ein enormes Gasthaussterben. Aus den vielfältigsten Gründen: Früher ist man dorthin gefahren, wo es eine regionale Spezialität gab, Spargel etwa in der Saison. Aber die kleinbäuerlichen Strukturen, in denen solche Spezialitäten gepflegt wurden, gibt es kaum noch. Die Auflagen werden immer höher, übrig bleiben Großkulturen. Den Metzgereien wird das Leben auch immer schwerer gemacht.

Heißt das im Umkehrschluss, dass die Gäste schon da wären?

Würden sonst die Kochshows im Fernsehen so viele Zuschauer haben? Nur: Viele Wirte und Köche können es sich einfach nicht mehr leisten, handwerklich zu arbeiten. Das beginnt beim Fachkräftemangel. Und wird verschlimmert durch ein Arbeitszeitgesetz, das völlig an den Realitäten unserer Branche vorbeigeht. Im Gasthaus muss man klotzen, wenn die Gäste da sind. Früher haben die Angestellten am Wochenende durchgearbeitet und hatten dann Montag, Dienstag frei, oder sie haben einmal im Jahr zusätzlich zwei Wochen Urlaub gemacht. Aber solche Zeitkonten sind heute nicht mehr erlaubt.

Was braucht ein Gasthaus 2.0, um erfolgreich zu sein?

Die Küche muss moderner und leichter werden. Vegetarisch kann wunderbar sein. Vegan ist größtenteils Müll, industriell gefertigt und oft aromatisiert, eine kulinarische Unkultur, die zudem die Wahrnehmung täuscht. Aber Gasthaus, das bedeutet Festessen. Wenn ich am Bodensee bin, will ich einen Felchen essen, in Norddeutschland ein Deichlamm, ich will die Landschaft doch nicht nur sehen, sondern auch schmecken.

Haben Sie trotzdem noch Optimismus?

Die Hoffnung stirbt zuletzt. Vielleicht stabilisiert sich die Zahl der Gasthäuser irgendwann, wenn auch auf niedrigerem Niveau. Aber die Gasthauskultur hat bei uns einfach keine Lobby. Dabei ist ein Gasthausbesuch doch kein Luxus. Das Gasthaus ist ein Ort, an dem man zusammenkommt, es erfüllt eine soziale Funktion und ein menschliches Grundbedürfnis.


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Ulrich Sautter
Ulrich Sautter
Wein-Chefredakteur Deutschland
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