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The french paradox: Liegt's am Käse?

Das französische Paradox gehört zu den großen Mythen der Ernährung. Daten belegten wiederholt, dass die Anzahl tödlicher Herzinfarkte geringer und damit die Lebens­erwartung in Frankreich höher ist als etwa in Deutschland oder den USA. Und das, obwohl die Franzosen große Mengen Wein und gesättigte Fettsäuren – etwa in Form von Milchprodukten – konsumieren.

Wissenschaftler aus aller Welt suchen in den unterschiedlichen Ernährungsgewohnheiten der Bevölkerung nach der Lösung des Rätsels – und vor allem nach einer Evidenz –, denn auch heute noch ist das französische Paradox eigentlich nichts weiter als eine Hypothese.

Wein: Wunderstoff Resveratrol

Die Wirkung von Rotwein und insbesondere des Inhaltsstoffs ­Resveratrol wurde wiederholt untersucht. Studien fanden hier durchaus gesundheitsfördernde Eigenschaften: Resveratrol  ist stark antioxidativ, das heißt, es kann schädliche Radikale in den ­Zellen abfangen, zusätzlich wirkt es entzündungshemmend, kardioprotektiv, blutdrucksenkend und krebshemmend. Nur: Die meisten Studien zu Reservatrol wurden nicht an Menschen gemacht, sondern an Tieren, deren Verdauungstrakt nicht ident mit dem des Menschen ist. Erschwerend hinzu kommt, dass Resveratrol beim Rotweingenuss nicht isoliert in unseren Organismus kommt, sondern immer in Kombination mit vielen anderen Stoffen: ­darunter natürlich der eindeutig gesundheitsschädliche Alkohol.

Käse: Mikroben für die Darmgesundheit

Nachdem beim Wein keine klare Evidenz für das französische ­Paradox gefunden werden konnte, untersucht die Wissenschaft seit Jahren weitere Essgewohnheiten der Franzosen – darunter auch den Käsegenuss. In diesem Zusammenhang aufhorchen ließ eine Untersuchung des Londoner Mediziners Tim Spector. Dieser beschäftigt sich seit Jahren mit dem Mikrobiom – also der komplexen menschlichen Darmflora – und wollte herausfinden, ob dieses mithilfe von Käse gefördert werden kann. Dafür ordnete er unter seinen Mitarbeitern eine Käsediät an. Es stellte sich heraus, dass sich die Darmflora mit dem regelmäßigen Konsum von handwerklich hergestelltem, natürlichem Käse tatsächlich verändert – insbesondere die Menge der Milchsäurebakterien (Lactobacilli) und der Hefe ­Penicillium nahm zu, beides Mikroorganismen, die unsere Gesundheit fördern. Die Untersuchung ist kein Freibrief für ungezügelten Käsegenuss, doch Tim Spector gibt sich vorsichtig optimistisch:

Natürlich hergestellter, fetter Käse ist kein Risiko für Herzerkrankungen, er wirkt sich trotz seines Gehaltes an gesättigten Fettsäuren ­vorteilhaft auf Herzerkrankungen und Sterblichkeit aus.

Komplexes Paradox

Man kann heute davon ausgehen, dass es wohl nicht möglich ist, eine klare Evidenz für das französische Paradox zu finden, vielmehr ist die Gesundheit der Franzosen von mehreren Faktoren geprägt –  darunter die Vorliebe für Käse aus handwerklicher Herstellung.

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