Bernd Kreis: »High Fidelity Bar«, Falstaff Sommelier des Jahres 2019 und Meilleur Sommelier d´Europe 1992
© Alexander Wunsch
Geheimnisse eines Spitzen-Sommeliers: Wein, Leidenschaft und Zukunftsvisionen
Bernd Kreis teilt seine Gedanken über die Bedeutung von Authentizität, die Herausforderungen des Sommelierberufs und seine Visionen für die Zukunft der Branche.
von Alexandra Gorsche
10. Oktober 2023
Nur wenige Personen haben einen so tiefen Einblick in die Gastronomiewelt wie Bernd Kreis. Als renommierter Sommelier und Falstaff Sommelier des Jahres 2019 verrät er, was das Weinland Steiermark so einzigartig macht.
PROFI: Was zeichnet die Steiermark – mit ihren drei Gebieten – als Weinland aus?
Bernd Kreis: Die großen Unterschiede in Geologie, Topografie, Klima sowie Weinstile auf kleinem Raum sind ziemlich einzigartig. Mir gefällt die Fokussierung auf handwerkliche Produktionsweise und das große Augenmerk auf Authentizität und Terroir.
Welche Besonderheiten hat die Steiermark im Vergleich zu anderen Weinbaugebieten im internationalen Vergleich?
Landschaftliche Schönheit und Vielfalt, eine reiche Auswahl an Weinstilen, sehr hohes Qualitätsniveau, hervorragende Touristikangebote mit Weinbezug und großartiger Gastronomie sind selten in dieser Form wie in der Steiermark anzutreffen. Die steirischen Winzer:innen sind nicht nur auf ihre Traditionen stolz, sondern auch offen für moderne Weinbautechniken und -stile. Diese Kombination von Althergebrachtem und Neuem macht die Weinszene in der Steiermark dynamisch und vielschichtig.
Was lieben Sie an Ihrem Beruf, an Ihrer Tätigkeit?
Die Nähe zu den Menschen, was Gäste bzw. Kund:innen und Lieferant:innen angeht, und die permanente Beschäftigung mit einem Genussthema, dass fast ausschließlich positiv wahrgenommen wird.
Hat der Beruf Sommelier die Akzeptanz, die Sie sich wünschen?
Inzwischen ja. Ich gehöre einer Generation an, die in Deutschland Pionierarbeit für die Sommellerie geleistet hat. Anfang der Neunzigerjahre war der Beruf des Sommeliers weitestgehend unbekannt und in jedem Fall sehr exotisch. Heute haben Sommeliers enorme Präsenz in den Medien und treten bisweilen als Superstars auf und es schmücken sich sehr viele Menschen mit dem Titel Sommelier. Dies beweist die Wertschätzung für unseren Beruf. Leider ist dabei fast immer der Bezug zur Gastronomie verloren gegangen. Er ist für mich essenziell, denn ein Sommelier muss sehr viel mehr Fähigkeiten besitzen als »nur« Weinlexikon auf zwei Beinen zu sein.
Was muss sich in der Branche ändern, damit wir mehr junge Menschen für den Beruf des Sommeliers begeistern können?
Das Bild des Sommeliers ist zu sehr geprägt von Tätigkeiten außerhalb der Restaurants. Diese machen aber den geringsten Teil der eigentlichen Sommeliertätigkeiten aus. Für viele Weininteressierte ist die Arbeit in einem Gastronomiebetrieb viel zu anstrengend. Daher laufen viele Sommelierausbildungen aus der Sicht der Gastronomie ins Leere. Abgesehen vom Erhöhen der Attraktivität aller gastronomischen Berufe, ist das Hinführen zum Sommelierberuf von jungen Menschen, die sowieso schon in der Gastronomie tätig sind, am erfolgversprechendsten. Dazu braucht es einen starken Berufsverband, den Österreich glücklicherweise hat.
Was würden Sie jungen Sommeliers für die Zukunft raten?
Immer dasselbe: Übe deinen Beruf in Demut vor dem Wein und seinen Produzent:innen und in Achtung deiner Gäste aus.
Welche Visionen haben Sie als Sommeliers für die Zukunft?
Im Sommelierberuf sind, sofern er richtig ausgeübt wird, menschliche Qualitäten von herausragender Bedeutung. Diese Qualitäten, also Umgang, Kultur, Einfühlungsvermögen, Eloquenz, Humor und so weiter, machen den großen Unterschied aus und können, im Gegensatz zu Weinwissen und Service, nicht durch Digitalisierung ersetzt werden. Ich wünsche mir, dass in der Darstellung des Sommelierberufs und bei den Sommelierwettbewerben diese Eigenschaften stärker hervorgehoben und werden.
Ihre persönliche Empfehlung aus dem Weinbauland Steiermark?
Die Frage nach Lieblingsweinen oder den Besten ist für mich immer schwer zu beantworten. Es kommt immer auf den Anlass, das begleitende Essen usw. an. Weine, die ich besonders mag, sind Zweigelt Olivin von Winkler-Hermaden – für mich eine originelle Interpretation des Zweigelts, bei der das vulkanische Terroir besonders gut zum Ausdruck kommt.
Buchertberg weiss gemischter Satz, Herrenhof Lamprecht – fasziniert mich mit seiner Komplexität und freiem Ausdruck. Der Sauvignon blanc Ried Welles GSTK Reserve von Lackner Tinnacher – finde ich mit seiner langen Reifung im Fass einfach spektakulär.
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