Fabian Günzel

Fabian Günzel
© Bucherer /Konrad Limbeck

Fabian Günzel: »Das Kochen hat mich gerettet«

Im Interview spricht der Spitzenkoch über den Faktor Zeit, das Zusammenspiel von Präzision und Bauchgefühl im stressigen Tagesgeschäft sowie seine Anfänge in der Küche.

Der aus  Erfurt stammende Koch Fabian Günzel ist kürzlich eine Partnerschaft mit einem Juwelier eingegangen. Falstaff hat dies zum Anlass genommen, mit ihm über das richtige Timing in der Küche des »Aend« und seinen steinigen Weg an die Spitze gesprochen.

Falstaff: Was bedeutet richtiges Timing in Ihrem Beruf ?

In der Hochküche ist der richtige Zeitpunkt genauso essenziell wie das Produkt. Das Produkt muss immer im exakten Zeitfenster verarbeitet werden. Ein perfekt gegarter Steinbutt hat ein Zeitfenster von fünf bis zehn Sekunden. Der Unterschied zwischen gut und Weltklasse ist nur mit dem präzisen Timing möglich.

Haute Horlogerie und Haute Cuisine: Gibt es da für Sie Gemeinsamkeiten?

Beides steht für Genauigkeit, herausragendes Handwerk und eine Faszination durch exakt aufeinander abgestimmte Handgriffe, die eine Leichtigkeit versprüht. Aber das lässt sich nicht beliebig wiederholen, ein gutes Restaurant kann nur eine bestimmte Anzahl an Sitzplätze hergeben und eine Uhr kann nur in geringer Stückzahl produziert werden, wenn man die Exzellenz anstrebt. Vor allem, um die Nachhaltigkeit zu gewährleisten, dem Mitarbeiter und der Natur gegenüber.

Welcher Zeitpunkt und welche Stationen haben Sie in ihrem Leben besonders geprägt?

Sicher meine belebte Jugend, aufgewachsen in der DDR mit strenger Hand unterjocht und der Träume entzogen die einen Menschen beflügeln sollten, ging ich den gleichen Weg als Koch wie mein älter Bruder. Ein Autounfall mit uns beiden prägte mein Leben unausweichlich und nachdrücklich, den ich überleben sollte und er leider nicht. So blieb mir nur das Kochen, um irgendein Andenken zu erhalten. Betäubt durch Schmerz und haltlos durch Verlust schlug ich mehrfach den falschen Weg ein und ging direkt über Los in den Jugendknast. Das prägt mich bis heute mehr als alles andere und wenn man mal ganz unten war, tut man alles, um aus seinem Leben etwas zu machen. Um des Andenkens Willen, und der Resozialisierung sei Dank, bin ich ein recht erfolgreicher Unternehmer geworden und all den Unkenrufen zum Trotz glaube ich immer an meinen Weg. Kochen hat mich gerettet und ich kann die Zeit nicht zurückdrehen, aber ich kann mir die Uhr aussuchen, auf der ich die Zukunft sehe.

Wenn die Zeit knapp ist: Verraten Sie ein Rezept, das sich innerhalb weniger Minuten einfach umsetzen lässt?

Gekochtes Ei, von unserem Geflügelpapst Domäne Wachter, 4:50 Minuten kochen in Eiswasser abschrecken, dazu getoastetes Josephsbrot und Rohmilchbutter #butterislive.

Haben Sie die Zeit im täglichen Business stets im Blick? Oder verlassen Sie sich auch auf das Bauchgefühl?

Im vollbesetzten Tagesgeschäft läuft alles nach einem gestalteten Ablauf wie eine Choreografie. Da gibt es keine Zufälle, aber innerhalb dieser Aufführung vergesse ich Raum und Zeit völlig. Meine Mannschaft hält dann genau die Zeiten und ich gebe lediglich den Takt vor.


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Julia Emma Weninger
Julia Emma Weninger
Chefredakteurin Online
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