Kleinteilige Weingartenparzellen aus Urgesteinsböden aus Gneis und Granit bringen den rassigen Schilcher hervor.

Kleinteilige Weingartenparzellen aus Urgesteinsböden aus Gneis und Granit bringen den rassigen Schilcher hervor.
© ÖWM/ WSNA

Schicker Schilcher: Ein Rundgang durch die Weststeiermark

Das Weinbaugebiet im Westen der Steiermark ist uralt und knüpft an die Kulturtradition der Illyrer, Kelten und Römer an. Die Weingärten ziehen sich als schmales Band entlang der Ausläufer der Koralpe und des Reinischkogels nach Süden bis zur slowenischen Grenze. Die Spezialität der Region ist der Schilcher, ein rassiger Roséwein aus der hier heimischen Sorte Blauer Wildbacher.

Die Weststeiermark ist das kleinste Weinbaugebiet der Steiermark. Die Weingartenparzellen sind hier klein und verteilen sich auf einer Fläche von aktuell 667 Hektar – das sind nur rund 80 Hektar mehr, als in Wien bewirtschaftet werden. Auf diesen Weinbergen schaffen die etwa 260 Winzer eine verblüffende Vielfalt an Produkten: geschliffene Weißweine aus zahlreichen Rebsorten ebenso wie den unangefochtenen Hauptdarsteller des Gebiets, den rassigen, säurebetonten Schilcher. Dieser einzigartige Terroir-Roséwein wird aus dem regional vorherrschenden Blauen Wildbacher gekeltert und wurde längst auch international zu einer anerkannten Gebietsspezialität DAC. Die spezielle Topografie der Region bedingt tagsüber starke Erwärmung und schützt vor rauen Winden. Auf dem Weg von Ligist im Norden über St. Stefan ob Stainz bis nach Deutschlandsberg und Eibiswald sind steile Hänge mit malerischen kleinen Kellerstöckeln zu überwinden und tiefe Täler zu durchqueren. Abstecher in Weinorte wie Greisdorf, Gundersdorf, Wildbach oder Wies bringen überraschende Perspektiven, sie bieten Panoramablicke ebenso wie charaktervolle Weine. Ungewöhnlich sind die Böden des Gebietes aus altem Gneis und Glimmerschiefer, in welchen die Reben tief einwurzeln, sowie das illyrische Klima mit südeuropäisch-mediterranen Einflüssen und relativ hohen Niederschlägen. Die Wechselwirkung all dieser Faktoren begünstigt den Schilcher.

Er ist der vielleicht älteste Roséwein mit Herkunftsbezug der Welt. Lang galt der sehr säurereiche Wein mit seiner zwiebelroten Farbe als eine rustikale Regionalspezialität. Dank einer merklich qualitativen Verbesserung erfuhr der Schilcher einen wahren Nachfrageboom. Heute ist er ein wohlbekanntes Aushängeschild des steirischen Weinwunders.

Mit der Einführung des in Österreich flächendeckenden Systems der DAC-Herkunftsweine sind nun neben der weißen Hauptsorte Sauvignon Blanc auch die Roséweine aus der Blauen Wild­bacher-Traube exklusiv für die Weststeiermark mit dem Herkunftsschutz versehen. Seit 2018 sind unter dem Begriff »Schilcher Weststeiermark DAC« alle drei Kategorien von Gebietsweinen über die Ortsweine bis hin zu den raren Riedenweinen verfügbar.

Dabei kommt den Ortsweinen eine besondere Bedeutung zu. Sie transportieren äußerst gut die spezifischen Merkmale des kleinräumigen Gebietes mit speziellen Böden und Mikroklima. Und so tritt uns der Schilcher in einer Vielzahl von Schattierungen gegenüber. In den alten Tagen gab es die Mär, dass man die Herkunft eines Schilchers allein an seiner Farbe erkennen könne. Angesichts moderner Kellertechnik ist dies heute mit Gewissheit nicht mehr der Fall.

Ebenfalls etwas moderater fällt heute der Säuregehalt des Schilchers aus, obwohl eine stramme Frische ein unverzichtbares Merkmal dieser regionalen Spezialität ist. Früher war der Säureanteil in manchen Jahren derart furchterregend, dass die wenig schmeichelhafte Bezeichnung als »Rabiatperle« nicht ganz aus der Luft gegriffen erschien. Dem Schilcher aber seine Charakteristik zu nehmen, um ihn in die Riege beliebiger Roséweine einzugliedern, wäre auch ein Fehler. Solche »Salonschilcher« gibt es, aber sie sind nicht authentisch. Und so braucht ein Schilcher-­Novitze einige Gläschen zum Üben, um sich mit der lebendigen Säure anzufreunden, die eben sein Wesen ausmacht. Flankiert von einer deftigen Brettljause ist das noch jedermann gelungen.

Die Farbe Rosa

Für die typische Fruchtausprägung des Schilchers sind auch klimatische Bedingungen verantwortlich. Die unterschiedlichen Böden der Weststeiermark und die jeweilige Lage im Gebiet selbst machen sich selbstverständlich im Geruch, im Aroma und im Geschmack der Weine bemerkbar. Die Bandbreite reicht von Walderdbeeren über Johannisbeeren bis hin zu Grapefruit. Vor allem im Süden der Region fallen die Weine etwas kräftiger aus, dafür ist die Säure nicht so stark prononciert.

Die Arbeit mit der Rebsorte Blauer Wildbacher – nur aus ihr wird Schilcher gewonnen, verlangt den Winzern vollen Einsatz ab. Die meisten Weingärten befinden sich in Steillagen, die autochthone Sorte ist starkwüchsig und braucht viel Laubarbeit. Außerdem ist sie anfällig für die Pilzkrankheit Falscher Mehltau und treibt noch dazu sehr früh aus. Die Lese erfolgt zwischen Mitte September und Ende Oktober, wobei die meiste Arbeit in normalen Jahren Anfang Oktober geschieht. Anzumerken ist an dieser Stelle, dass manche Winzer den Blauen Wildbacher auch zu klassischen Rotweinen verarbeiten, der nach einigen Jahren Reife in seiner Struktur und Würze seine genetische Verwandtschaft zum Blau­fränkisch erkennen lässt. Eine rare Spezialität sind Süßweine vom Schilcher, viel öfter wird er zu Schaumwein wie Frizzante und Sekt verarbeitet, die ein idealer Aperitif sind. 

Die mächtige Burg von Deutschlandsberg ist seit Jahrhunderten gesäumt 
von Weingärten.
© ÖWM /WSNA
Die mächtige Burg von Deutschlandsberg ist seit Jahrhunderten gesäumt von Weingärten.

Schilcher und Burgen

Von Nord nach Süd reihen sich die vier Ortsweingebiete aneinander. Den Anfang macht Ligist, das über ganze 50 Hektar Rebfläche verfügt und geologisch mit dem im Süden benachbarten Stainz ähnliche geologische wie klimatische Bedingungen teilt. Die Landschaft zeichnen sanfte Hügel bis hin zu Weinbau in extremen Steillagen aus. Die Weingärten liegen an den Ausläufern des Reinischkogels, einige Reben wachsen hier sogar auf 650 Meter Seehöhe. Die Burg Ligist ist das Ausflugszentrum der Region. Auf den kargen Gneis- und Schieferböden sowie unter dem Einfluss der kalten Fallwinde der nahen Koralpe entstehen Weine mit vielschichtiger Frucht und einer vibrierenden Mineralität. In Stainz erstrecken sind die Reben auf fast 200 Hektar, sie wachsen auf kristallinen Schiefern und Gneisen. Das markante Schloss Stainz war einst im Besitz von Erzherzog Johann, seine Nachfahren sind bis heute hier die Schlossherren.

Weiter südlich sind die Weingärten von Deutschlandsberg, zu denen eine Vielzahl von umliegenden Gemeinden beitragen. Im Süden der Zone geht der Boden in lehmige Sand- und Schotterböden über, was für mehr Stoffigkeit in den Weinen sorgt. Am Gneis gewachsene Schilcher sind etwas heller in der Farbe, jene des Südens etwas dunkler und mit mehr Gerbstoff ausgestattet. Eibiswald reicht an die slowenische Grenze heran, die Weine sind reifer und würziger. Von Graz kommend finden die bekannte Schilcherweinstraße und der Weinbau hier ihr geologisch-klimatisches Ende.

Ein Besuch dieser wunderbaren Landschaft und ihrer familiären Buschenschanken mit den vielen regionalen Schmankerln ist zu jeder Jahreszeit ein lohnendes Erlebnis. Der Schilcher ruft!

Winzer


Drei Sterne

Weingut Schilcherei Jöbstl, Wernersdorf
joebstl.eu

Weingut Lex Langmann, St. Stefan/Stainz
weingut-langmann.at

Zwei Sterne

Schilcherweingut Friedrich, St. Stefan/Stainz
friedrich-schilcher.at

Weingut Reiterer, Wies
weingut-reiterer.com

Weingut Thomas Strohmaier, Pölfing/Brunn
www.stromaier.schilcher.com

Ein Stern

Weingut Haring vlg Pichlippi, Eibiswald
www.pichlippi.at

Weitere Empfehlungen

Weingut Klug, St. Stefan/Stainz
klug-weingut.at

Weingut Lazarus
weingut-lazarus.at

Weingut Trapl, Fabian Bayer, St. Stefan/Stainz
weingut-trapl.at

Weingut Weber, St. Stefan/Stainz
weingutweber.at

Weingut Wiedersilli, Wies
wiedersilli.at

Weingut Josef Müller, Wies
weingutmüller.at

Weingut Patrick Garber, Wies
wein-garber.at

Weingut Johann Reicher, St. Bartholomä
reicher-weine.at

Weingut Krottmayer-Glirsch, Eibiswald
glirsch.at

Wein- und Genusswelt Garber, Eibiswald
wein-und-genusswelt.at

Die Sternebewertung der ausgewählten Weingüter ist dem Falstaff-Weinguide Österreich 2023/24 entnommen.


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Erschienen in
Falstaff Nr. 09/2023

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Peter Moser
Peter Moser
Wein-Chefredakteur Österreich
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