Sprechen sich für eine vegetarisch-vegan Kochlehre aus: Die Mitglieder des »Koch.Campus«.

Sprechen sich für eine vegetarisch-vegan Kochlehre aus: Die Mitglieder des »Koch.Campus«.
© Helge Kirchberger

Spitzenköch:innen positionieren sich in Debatte um Kochausbildung

Heinz Reitbauer, Lukas Nagl, Paul Ivić, Max Stiegl, Andreas Döllerer, Hans Reisetbauer und viele weitere Spitzenköch:innen möchten sich über den Verein »Koch.Campus« in den Neugestaltungsprozess der Kochlehre einbringen. Kommt jetzt Bewegung in die Debatte?

»Die aktuelle Debatte bietet eine große Chance, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken und jungen Menschen den Weg in die Gastronomie zu ermöglichen«, heißt es in einer Aussendung des »Koch.Campus«. Ein langes Statement zur Thematik tragen die Unterschriften von Obmann Hans Reisetbauer, seinem Stellvertreter Andreas Döllerer und Vereinsmitglied Paul Ivić. Demnach diskutiere die Gruppe, zu der eine ganze Reihe der besten Köch:innen des Landes zählen, schon länger über Ausbildung, Nachwuchs, Fachkräftemangel, Chancen und Zukunftsvisionen. In der Debatte um eine mögliche Restrukturierungen der aktuellen Lehrpläne möchte sich die Gruppe nun mit all ihrer Kompetenz beratend einbringen.


Der vegetarische Spitzenkoch Paul Ivić ist einer der Unterzeichner des offenen Briefs und war bereits bei uns im Podcast zu Gast. Im Gespräch mit Falstaff-Chefredakteurin Lisi Brandlmaier erklärte der gebürtige Tiroler unter anderem, wie er die Begriffe »Vegetarisch«, »Vegan« und »Gourmet« verknüpfte. Die ganze Folge hören Sie hier.


Klares Statement aus der Szene

Ein Punkt, an dem die Debatte in den letzten Wochen vor allem aufgehängt wurde, war die Frage nach einer rein vegetarischen oder veganen Ausbildungssparte. Hier beziehen die Verantwortlichen direkt eine klare Haltung: »Wir sind für die Einführung einer vegetarisch-veganen Kochausbildung, da wir damit eine breitere Zielgruppe ansprechen können.« Hintergrund dieser Auffassung seien außerdem die Verantwortung für gesellschaftliche Veränderung, die der Beruf mit sich bringe. »Ein wachsendes Bewusstsein über Biodiversität, von der eine ausgeprägte Gemüseküche abhängig ist, trägt auch systematisch zur Verbesserung des Klimas bei«, heißt es im offenen Brief. 

Über den Tellerrand gedacht

Mit dem Brief machen die Verantwortlichen auch klar, dass Köch:innen im Jahr 2023 nicht mehr nur mit Scheuklappen in ihrer Küche stehen, sondern längst über den Rand ihrer eigenen Teller hinausdenken. Gesellschaftliches Verantwortungsbewusstsein ist nicht nur an einer Stelle des Briefs ein Thema: »Durch den Fokus auf eine gesunde Bodenkultur mit regenerativer Kreislaufwirtschaft erhalten wir die so wichtige Biodiversität am Leben. Es geht in einer vegetarisch-veganen Lehre nicht nur um Gerichte, sondern auch um das Wissen über einen gesunden Boden und die Sortenvielfalt.« Was aber auch deutlich wird: Die vegetarisch-vegan Schiene soll parallel laufen und ist nicht als alleinige Option zu verstehen. Wer mit Fisch und Fleisch arbeiten möchte, soll das auch weiterhin tun – beziehungsweise daran ausgebildet werden.


Auch der bekennende Fleisch-Fan Max Stiegl steht hinter der Initiative für eine Neustrukturierung der Ausbildung. Mit ihm haben wir bereits in unserem Podcast über seine Philosophie in der Küche gesprochen. Dort gilt bekanntermaßen das Prinzip »Nose to Tail« – wie er zur veganen Küche steht hören Sie hier. 


»internationale Vorreiterrolle«

»Wir sollten nur nicht so vermessen sein, Jugendliche, die aus ethischen oder moralischen Gründen nicht mit Fleisch arbeiten möchten, zu ignorieren und damit für immer zu verlieren.« Das könnte zudem dazu beitragen, dass auch wieder mehr junge Frauen den Weg in diesem Berufsfeld in Erwägung ziehen. Eine Idee, wie das System der Zukunft aussehen könnte gibt es derweil auch schon: »Wir können uns eine vegetarisch-vegane Grundausbildung mit anschließender Option einer Zusatzausbildung mit Fleisch und Fisch gut vorstellen«. Angelegt wäre diese zunächst als Pilotprojekt und könnte Österreich damit sogar in eine »internationale Vorreiterrolle« versetzten. Der Ball liegt damit wieder bei der WKO und der Arbeitsgruppe unter der Leitung von Joachim Ivany.


 

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Felix Moßmeier
Felix Moßmeier
Digitalredakteur
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