Castello Vicchiomaggio, Greve in Chianti.

Castello Vicchiomaggio, Greve in Chianti.
© WSNA

Wein Guide 2024: Die besten Weine Italiens

Italiens beste Weingüter und Weine – von Schaumwein über Weiß-, Rosé- und Rotwein bis Süßwein – werden vorgestellt, Wissenswertes über die einzelnen Weinbauregionen erklärt sowie beeindruckende Landschaftsaufnahmen aus ganz Italien gezeigt – von Südtirol bis Sizilien, vom Friaul bis ins Piemont. Siegerportraits und selektierte Gourmetadressen im DACH-Raum runden das Gesamtwerk ab.

Was Sie in den Händen halten, ist das Ergebnis eines gesamten Wein-Jahres. Gut 200 Tage im Jahr sind wir in italienischen Weinbaugebieten unterwegs, besuchen alte Bekannte, verkosten neue Weine, sind aber auch ständig auf der Suche nach Neuentdeckungen. Neugierde ist einer unserer größten Antriebmotoren: Wo gibt es einen neuen Betrieb, den man kennen sollte, wo einen neuen Wein, welche Weinbauregionen steigen auf, welche ab? Für den Falstaff Wein Guide Italien verkostet dann über mehrere Wochen ein hochkompetentes Verkosterteam die Weine in unserem Verkostungsraum. Das Ergebnis liegt vor Ihnen. Neben Frankreich ist Italien das führende Weinbauland Europas. Wein und Weinbau haben in Italien eine Jahrtausende alte Tradition. In allen 20 Regionen des Landes, von Südtirol bis Sizilien, vom Friaul bis ins Piemont, wird Wein erzeugt.

In den vergangenen Jahrzehnten hat sich viel getan im Weinbauland Italien. In der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts hat – ausgehend von der Toskana und vom Piemont – eine wahre Qualitätsrevolution stattgefunden. Aus dem Lebensmittel Wein, das den Alltag der Italiener ganz selbstverständlich begleitete, wurde ein Genussmittel. Weinberge wurden neu angepflanzt, viel wurde auch in zeitgemäße Kellertechnologie investiert. Italienische Spitzenweine sind heute bei Weinliebhabern und Collectors weltweit gesucht. In erste Linie sind das Weine aus der Toskana und dem Piemont, aber auch viele andere italienische Regionen positionieren sich zunehmend in diesem weltweiten Spitzenfeld. Aber nicht nur im Spitzenbereich ist Italien bestens platziert. Die Apenninenhalbinsel bietet eine breite Palette von hervorragend erzeugten, authentischen Weinen zu überaus konsumentenfreundlichen Preisen. Gerade die Regionen Süditaliens sind hier eine Entdeckung wert.

Dank moderner Kühltechnik und akkurater Arbeit im Weinberg hat dort wohl der größte Qualitätssprung stattgefunden. Brandige oder fehlerhafte Weine gibt es kaum mehr, selbst Weißweine aus südlichen Gefilden begeistern mit ihrer Klarheit und Frische. Ein Megatrend der sich über alle Regionen zieht, ist der zunehmende Bedacht auf Finesse, Saftigkeit und Vielschichtigkeit. Vorbei sind die Zeiten, da italienische Rotweine mit schierer Wucht und Fülle beeindruckten. Man hat sich wieder an eines der wichtigsten Elemente von Wein erinnert, die Trinkigkeit. Wein soll ja vor allem getrunken werden, in erster Linie als Begleiter zu Speisen, und da soll er munden. Ein weiterer großer Trend ist der kometenhafte Aufstieg des Schaumweines. Dank Prosecco ist Italien zum größten Schaumweinhersteller weltweit aufgestiegen. Aber auch außerhalb der Prosecco-Welt gibt es in Italien keine Weinbauregion mehr, in der kein Schaumwein erzeugt wird. Die Konsumenten lieben die Frische und das feine Prickeln, sie lieben auch die Tatsache, dass Schaumweine leichter im Alkohol sind. Egal ob in klassischer Flaschengärung oder in Tankgärung, Italien bietet eine große Palette an feinen Schaumweinen.

Stichwort Vielfalt: die ist enorm in Italien. Von Südtirol bis Pantelleria sind es diverse Klimazonen, von Meeresnähe bis hinauf in die Hügel- und Berglagen viele Höhenzonen, hinzu kommen die Vielzahl verschiedener Rebsorten, die verschiedenen Böden und die Jahrgänge. Nutzen Sie diese Vielfalt und lassen Sie sich auch einmal auf Weine aus einem unbekannteren Weinbaugebiet oder einer weniger bekannten Sorte ein!

407 ausgewählte Weingüter sind in diesem Guide vertreten, über 2.300 Weine aus den aktuellen Jahrgängen haben wir verkostet. Das war mit kompetenter Hilfe eines erweiterten Verkostungsteams bestehend aus langjährigen Sommeliers und Weinprofessionals zu meistern. Ihnen sei hier allen nochmals herzlich gedankt. Wir haben mit diesem Falstaff Wein Guide Italien ein Instrument geschaffen, das dem Leser eine profunde Übersicht über das aktuelle Angebot italienischer Weine bietet und ein zuverlässiger Führer durch die verschiedenen Weinbauregionen ist. Wir wünschen Ihnen viel Spaß bei der Lektüre dieses Guides und ebenso beim Weinkauf.

ZUM GANZEN GUIDE

Kollektion des Jahres

Passopisciaro Castiglione di Sicilia, Sizilien

Ende der 1990er Jahre besuchte Andrea Franchetti zum ersten Mal die Weingebiete am Ätna und war fasziniert. 20 Jahre zuvor hatte Franchetti in der südlichen Toskana das Weingut Tenuta di Trinoro gegründet und mit dessen Weine die Welt begeistert. Die Höhenlage – am Ätna wird Weinbau auf Höhen von 400 bis über 1.000 Meter betrieben, das Klima – warm, ja heiß tagsüber, sehr kühl in den Nächten, die Sorten – Nerello Mascalese bei den Roten, Carricante bei den Weißen –, und die Vielfalt der Böden bargen für Andrea Franchetti eine spannende Herausforderung. Oberhalb der Ortschaft Passopisciaro, auf luftigen 800 Metern Höhe, fand er ein Haus, in dem er seine Kellerei einrichtete. Die alten Alberello-Reben wurden revitalisiert, neue Weinberge angelegt. Neben Nerello Mascalese pflanzte Franchetti auch Chardonnay, Petit Verdot und etwas Cesanese d’Affile, den er aus seiner Heimat Rom her kannte. Nach und nach machte er sich auch mit den Besonderheiten der Lagen vertraut, am Ätna als »Contrade« bezeichnet. Durch die diversen Vulkanausbrüche und die entsprechenden Lavaströme können zwischen den Böden einer Contrada und der anderen oft mehrere Millionen Jahre Altersunterschied sein. Das und das Kleinklima lassen die Weine von einer Lage zur anderen oft sehr unterschiedlich ausfallen.

Zu Beginn erzeugte Andreas Franchetti auf Passipisicaro lediglich zwei Weine, den Passorosso und den Passobianco. Ab dem Jahrgang 2008 erschienen auch die Contrade-Weine von Passopisciaro, insgesamt fünf: Rampante (R), Sciaranuova (S), Guardiola (G), Porcaria (P) und Chiappemacine (C). Alle werden aus der gleichen Sorte Nerello Mascalese erzeugt, stammen aus dem gleichen Jahrgang – 2021 fiel am Ätna hervorragend aus – und werden im Keller gleich verarbeitet; dennoch treten die Unterschiede der einzelnen Lagen prägnant zu Tage. Hinzu kommt der Contrada PC, ein geschliffener, vielschichtiger Chardonnay. Chiappemacine ist ein kleiner Weingarten auf 550 Metern und damit der am tiefsten gelegene. Am anderen Extrem haben wir Rampante, wo die Weinstöcke bis auf über 1.000 Meter hinaufklettern. Guardiola sind die Lagen rings um den Keller, auf Höhen zwischen 800 und 1.000 Meter. Sciaranuova liegt auf rund 850 Metern Höhe, Porcaria 200 Meter tiefer. Um den Weinkeller liegen auch zwei kleine Weingärten mit Petit Verdot und Cesanese d’Afile.

Die Arbeit meines Vaters am Ätna fortzuführen, ist für mich Aufgabe, Herausforderung und große Freude!
– Benjamin Franchetti

Daraus entsteht der Franchetti, völlig anderes als die duftigen, mit markanter Säure und Tannin versehenen Rotweine auf Nerello-Basis. Trotzdem kommen auch im Franchetti die Fruchtigkeit und Geschliffenheit der Ätna-Weine zum Ausdruck. Die gesamte Kollektion von Passopisciaro begeistert durch ihre Klarheit und Präzision. 2021 war der letzte Jahrgang Andrea Franchettis. Er verstarb im Dezember desselben Jahres. Vincenzo Lo Mauro war seit Beginn an auf Passopisciaro tätig. Mehr noch: Der herzliche Sizilianer hatte einst Franchetti in die Besonderheiten des Ätna eingeführt. Vincenzo Lo Mauro leitet nun das Weingut gemeinsam mit Benjamin Franchetti, Andrea‘s Sohn. Die beiden und das gesamte Team garantieren, dass wir auch in den kommenden Jahren noch wunderbare Weine von Passopisciaro genießen können.


Newcomer des Jahres

Inama, San Bonifacio, Venetien

Zugegeben, so richtig neu ist das Weingut Inama nicht. Das Weingut in San Bonifacio besteht bereits seit 3 Generationen. Giuseppe Inama gründete es in den 1960er Jahren. Sohn Stefano Inama übernahm den Betrieb zu Beginn der 1990er Jahre. Mit seinem Soave, dem Sauvignon Vulcaia Fumè und dem Rotwein Bradisismo erntete er breite Anerkennung. Mit dem Einstieg der dritten Generation, Stefanos Söhne Matteo, Luca und Alessio aber ging der Knopf erst so richtig auf. Die drei Inama-Brüder wirken wie ein kreativer Vulkan und sprühen vor neuen Ideen und Projekten. Das Inama-Dreigestirn, dem stets auch Vater Stefano zur Seite steht, fokussierte seine Bemühungen zunächst auf den Soave. Die Inamas besitzen rund 30 Hektar Weinberge im Anbaugebiet des Soave, alle in bester Hügellage, alle erscheinen als Soave Classico. Aus Foscarino und Carbonare stammen zwei hervorragende Lagenweine. Vor drei Jahren wurde dann der Soave Classico I Palchi erzeugt. Ein »Super Soave« gewissermaßen, entsteht der I Palchi aus den Trauben alter Garganega-Weinstöcke am Monte Foscarino. Der nächste Schritt galt der Schärfung des Rotweinprofils. Schon Stefano Inama hatte Mitte der 1990er Jahre das östlich von Saove gelegene Anbaugebiet der Colli Berici als Rotweingebiet für sich entdeckt. In den Colli Berici werden seit über 150 Jahren Weine aus französischen Rotweinsorten angebaut: Gamay, lokal als Tai bezeichnet, Cabernet Franc, Merlot und Carménère. Bei letzterer handelt es sich um eine Variante des Cabernet, die sich durch ausgeprägt würzige Töne auszeichnet. In Bordeaux ist diese alte Sorte mittlerweile ausgestorben, findet sich viel in Chile und eben auch in den Colli Berici. Stefano Inama träumte davon, aus Carménère einen großen Rotwein zu erzeugen.

Dank der Vorarbeit von Großvater Giuseppe und Vater Stefano kann ich mit meinen Brüdern Luca und Alessio nun so richtig loslegen.
– Matteo Inama

Matteo, Luca und Alessio Inama setzen diesen Traum nun in die Praxis um. In drei einprägsamen Punkten fassen sie die Prinzipien ihrer Arbeit zusammen: 1) Das Anbaugebiet, nicht die Rebsorte prägt den Wein. Im Soave-Gebiet wird seit der Römerzeit Weinbau betrieben. Die Inamas sind davon überzeugt, dass man in einem solch traditionsreichen Gebiet nicht nur auf den Ausdruck der Sorte setzen soll. Erst der Ausdruck des Gebietes verleiht den Weinen Komplexität und Eigenschaften, die über den reinen Sortencharakter hin- aus gehen. 2) Die Natur und deren Erhaltung bestimmt alle Arbeiten im Weinberg. 3) Nur ständige Verbesserung und die Umsetzung neuer Erkenntnisse führt zu Spitzenqualität. Die Flächen in den Colli Berici haben mittlerweile den gleichen Umfang wie die in Soave. Im Frühjahr nächsten Jahres kommt ein Ultra-Premium Wein aus den Colli Berici auf den Markt. Er nennt sich schlicht »Capital«, erster Jahrgang ist 2021. Er besteht zu 85% aus Carménère und 15% Cabernet Franc. Lediglich 1.500 Flaschen werden erzeugt. In ersten Verkostungen zeigte sich der Wein überaus elegant und fein und von einprägsamem Charakter. Wir sind überzeugt, von den Inama-Brüdern dürfen wir auch in den nächsten Jahren noch viele tolle Weine erwarten.


Lebenswerk

Paolo de Marchi, Barberino, Toskana

Paolo De Marchi setzte Meilensteine. In den 1970er Jahre übernahm der aus dem Piemont Stammende das damals vernachlässigte Weingut seiner Familie in Barberino im Gebiet des Chianti Classico. Der Name Isole e Olena rührt von den zwei Weilern, aus denen der Betrieb besteht. Auf Isole befindet sich das Weingut, auf Olena sollte ein Hotel entstehen. Ein Vorhaben, dass dann aber fallen gelassen wurde. In den Jahren nach dem Einstieg von Paolo De Marchi blieb auf Isole kein Stein auf dem anderen: Er reduzierte den Ertrag der bestehenden Weinberge, pflanzte neue Reben und erhöhte die Stockdichte von den damals üblichen 2.500 auf 6-10.000 Stück pro Hektar. In Zusammenarbeit mit Universitäten suchte Paolo für die neuen Weinberge das am besten geeignete Pflanzmaterial. Während die Nachbarn ringsum alle Geländeverwerfungen einebneten, um so die Arbeit im Weinberg leichter mechanisierbar zu machen, belebte er alte Steinterrassen wieder und ließ neue errichten. Nicht nur der Flora und Fauna im Weinberg kam das Zugute. Paolo De Marchi experimentierte mit verschiedenen Klonen, verschiedenen Gebinden, vom traditionellen großen Holzfass bis zum Barrique und scheute auch nicht davor zurück, neue Verschlussmethoden auszuprobieren. 1980 schuf er seinen Supertuscan Cepparello. Während viele andere in jenen Jahren stark auf Cabernet & Co. vertrauten, setzte Cepparello als sortenreiner Sangiovese ein klares Zeichen. Für viele Nachfolgende wurde der Cepparello zu einem Referenzpunkt, ist es auch heute noch. Ein Referenzpunkt für viele ist auch der »einfache« Chianti Classico von Isole e Olena. Neben Sangiovese enthält dieser immer eine kleine Menge Syrah, von dem Paolo de Marchi als Juniorpartner zum Sangiovese sehr überzeugt ist. Paolo De Marchis Liebe gilt unbestritten dem Sangiovese. Das hinderte ihn aber nicht daran, auch mit Chardonnay, Cabernet Sauvignon und Syrah zu experi-mentieren. Die Weine aus diesen drei Sorten kommen unter dem Label »Collezione Privata« in kleinen Mengen auf den Markt und zählen zum Besten, was es davon in Italien gibt. Die jüngste Kreation De Marchis ist ein formidabler Chianti Classico Gran Selezione. Anfangs stand Paolo dieser 2013 geschaffenen Top-Kategorie für Chianti Classico etwas reserviert gegenüber. Es lies es sich dann aber doch nicht nehmen, mit seiner Kreation allen eindrucksvoll zu zeigen, wohin der Richtung bei Gran Selezione gehen sollte.

Am Sangiovese hängt mein Herzblut. In den vergangenen Jahrzehnten konnten wir mit dieser Sorte überragende Fortschritte erzielen.
– Paolo de Marchi

Paolo De Marchi ist mittlerweile über Siebzig; die Zahl der Onkel, Tanten, Geschwister, Nichten und Neffen ist groß. Einer seiner Söhne, Luca, führt das Weingut Proprietà Sperino in Lessona im Nordpiemont. Die übrigen Mitglieder der weit verzweigten Familien haben mit Wein leider nicht viel am Hut. 2022 wurde Isole e Olena daher an die französische Epi-Gruppe verkauft. Die Epi-Gruppe hat bereits mit Biondi Santi in Montalcino bewiesen, dass sie eine sehr gute Hand mit traditionsreichen italienischen Qualitätsweingüter hat. Paulo de Marchi ist weiterhin für die gesamte Produktion von Isole e Olena verantwortlich und garantiert damit für Kontinuität. Auch nach seinem Ausscheiden aus der operativen Tätigkeit wird er dem Weingut als Berater zur Seite stehen. Mit großem Vergnügen verleihen wir dieses Jahr Paolo De Marchi unsere Auszeichnung für sein bemerkenswertes Lebenswerk!


Der Wein Guide Italien 2024 ist da!

Italiens beste Weingüter und Weine – von Schaumwein über Weiß-, Rosé- und Rotwein bis Süßwein – werden vorgestellt, Wissenswertes über die einzelnen Weinbauregionen erklärt sowie beeindruckende Landschaftsaufnahmen aus ganz Italien gezeigt – von Südtirol bis Sizilien, vom Friaul bis ins Piemont. Siegerportraits und selektierte Gourmetadressen im DACH-Raum runden das Gesamtwerk ab.

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Othmar Kiem
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