Tasting von Krug Grande Cuvée im Maison Krug in Reims, nicht weniger als 200 Gläser der Rarität sind am Tisch.

Tasting von Krug Grande Cuvée im Maison Krug in Reims, nicht weniger als 200 Gläser der Rarität sind am Tisch.
© Peter Moser

»Krug – Behind the Scenes«: Zu Besuch bei Champagne Krug

Das legendäre Champagnerhaus Krug aus Reims ist immer eine Reise wert. Liebhaber des sprudelnden Weines wissen um die besondere Aura, welche die Produkte dieser kleinen, aber sehr feinen Kellerei im Herzen der Champagne umgibt. Falstaff hat sich in die Welthauptstadt des Schaumweines begeben, um dem Mythos Krug auf den Grund zu gehen und um die aktuellen Produkte zu verkosten.

Die Geschichte des Hauses, hier zur Erinnerung in aller Kürze nacherzählt, führt uns zurück ins frühe 19. Jahrhundert. 1834 ist ein junger Mann namens Hans-Joseph Krug aus dem deutschen Mainz hier angekommen, um beim damals führenden Champagnererzeuger Jacquesson dieses aufstrebende Metier kennenzulernen. 1843 entschließt sich Joseph Krug, der ab 1848 die französische Staatsbürgerschaft innehat, seinen eigenen Champagner zu kreiern. Und eines schreibt er für sich und alle kommenden Generationen gleich am Anfang fest: das Bestreben, die beste Qualität zu erzeugen, auch in die Tat umzusetzen. Fünf Generationen besteht dieses exklusive Unternehmen als Familienbetrieb und gibt bis heute als der Primus inter pares der Champagne-Elite. Es ist die Zeit der »Ölkrise« in den frühen Siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts, die Paul Krug, der das Unternehmen in 4. Generation führt, veranlasst, seinen Betrieb an die Gruppe Remy-Cointreau zu verkaufen. Der Konzern ist klug genug, nichts zu verändern, Pauls Söhne Henri und Remy übernehmen die Funktionen des Generaldirektors und Geschäftsführers. Zwischen 1970 und 1972 hatte Paul Krug noch etwa 15 Hektar beste Weingärten erworben, darunter auch den Clos du Mesnil. Diese wunderbare von Mauern umgebene, ganze 1,84 Hektar kleine Spitzenlage für Chardonnay wurde sofort gerodet und neu ausgepflanzt. Im Jahr 1986 kann das kongeniale Brüderpaar dann stolz den ersten Lagen-Vintage-Champagner präsentieren, der Blanc de Blancs Clos du Mesnil 1979 wird aus der Taufe gehoben und gilt seither nicht nur unter Krug-Liebhabern als einer der besten Champagner überhaupt.

Olivier Krug ist die sechste Generation des 1843 gegründeten Champagnerhauses.
© Peter Moser
Olivier Krug ist die sechste Generation des 1843 gegründeten Champagnerhauses.

Das Herz von Krug allerdings schlägt in jeder Flasche der »Grande Cuvée«, ein Meisterwerk der Verschnittkunst, der Assemblage, das Jahr für Jahr aufs Neue die unverwechselbare DNA und Exzellenz dieses Hauses repräsentiert. Die Grande Cuvée trägt keinen Jahrgang, jedoch ist sie immer um einen Basisjahrgang herumgebaut, der den Kern jeder »Edition« bildet, die dann mit einer Vielzahl von Reserveweinen aus den drei Rebsorten Pinot Noir, Chardonnay und Pinot Meunier staffiert wird. Als Première Edition ist die allererste Krug-Cuvée des Gründers aus dem Jahr 1843 zu sehen, und so kommt es, dass die aktuelle Grande Cuvée als die 171ème Edition (Basiswein aus 2015) bezeichnet ist. Jene aus dem großartigen Jahr 2008 ist die 164ème, 2012 die 168ème. Bei unserem jüngsten Besuch konnten wird die Grundweine aus 2022 probieren, die das Fundament für die Grande Cuvée 178ème Edition bildet, die jetzt zur zweiten Gärung in den Keller in sechs Jahren auf den Markt kommt. Auf der Flasche von Krug ist eine ID (Identifikationsnummer) angegeben. Mit dieser kann man sich alle diese spezielle Cuvée betreffenden Detaildaten auf der Krug-Homepage ansehen.

Die jüngste lancierte Grande Cuvée 171ème Edition ist eine Assemblage aus 131 verschiedenen Grundweinen aus 12 Jahrgängen. Die Basis bildet 2015 als jüngster und größter Anteil (58%), die gereiftesten Partien stammen aus 2000. Nicht weniger als 42% sind Reserveweine, das sind Chargen, die bei Krug in Inoxtanks gelagert werden. Vergoren werden die Weine allerdings in kleinen, gebrauchten Holzfässern, was einen nicht unwesentlichen Einfluss auf das Geschmacksprofil der Weine hat. Der biologische Säureabbau wird nicht gezielt unterbunden, wie das in anderen Häusern der Falls, er findet in der Regel während der zweiten Gärung statt, die bei der Grande Cuvée meist an die sieben Jahre lang dauert.

Die alljährliche Rekonstruktion des idealen Krug-Bildes ist die größte Herausforderung, an das Önologen-Team, das seit 2020 von Cheffe de Cave Julie Cavil geleitet wird, die den langjährigen Kellermeister Eric Lebel abgelöst hat. Wie gut sie dieses Puzzle aus den vielen möglichen Chargen zusammengefügt hat, werden die Krug-Fans erstmals im Jahr 2028 verkosten können. Aus Anlass des Besuches konnten gleich elf Editionen der Grande Cuvée im direkten Vergleich verkostet werden.

ZUM TASTING

Krug-Kellermeisterin Julie Cavil im Clos du Mesnil.
© Peter Moser
Krug-Kellermeisterin Julie Cavil im Clos du Mesnil.

Die Produktion der sortenreinen Jahrgangsweine wie der Blanc de Blanc »Clos du Mesnil« und der Blanc de Noirs »Clos d’Ambonnay« sind eher eine Herausforderung für das Weingartenteam, das dafür zu sorgen hat, das hier die möglichst besten Chardonnay und Pinot Noir-Trauben heranwachsen, die dann den Charakter eines speziellen Jahrgangs Ausdruck verleihen. Etwas mehr Spielraum für die Önologen bietet der Krug Vintage, da man hier die passenden Grundweine eines Jahres verschneidet, immer vorausgesetzt, das Jahr ist aus Sicht von Krug dazu geeignet, neben den typischen Merkmalen des Jahres auch die typischen aromatischen Parameter für einen Krug-Wein darzustellen. Aktuell ist ein wahres Musterbeispiel für den Jahrgangschampagner, der mit 100 Falstaff-Punkten geadelte 2008er.

Im Jahr 1994 erwarb Krug eine Miniparzelle von 0,68 Hektar im Dorf Ambonnay, dass für seine Spitzenqualitäten beim Pinot Noir berühmt ist. 1995 traf Henri Krug die Entscheidung, diesen Wein als Blanc de Noirs-Jahrgangschampagner auszubauen, der Krug Clos d’Ambonnay war geboren. Seither folgten die Jahrgänge 1996, 1998, 2000, 2002 und nun eingekellert unter Eric Lebel, der jüngste Wein der Serie: 2006. Ganze 4.514 nummerierte Flaschen sowie 800 Magnums wurden von diesem ultrararen Blanc de Noirs abgefüllt. Freundlicherweise hatten die Gastgeber, der neue Krug-Präsident Manuel Reman und Direktor Oliver Krug, Sohn von Henri Krug und seit 2006 im Unternehmen tätig, die exzellente Idee, diese Cuvée als Höhepunkt des Dinners im Maison Krug zu servieren, das der Drei-Sterne-Chef Lallement kreiert hat. Mit einem Preis, der in Europa je nach Umsatzsteuer zwischen 3.500 Euro in der Schweiz und 4.000 Euro in den Niederlanden etwas variiert, liegt dieser 2006er derzeit im absoluten Spitzenfeld, was die Kosten betrifft. Nur einige, derzeit im Spezialhandel verfügbare alte Jahrgänge von Krug Collection, wie 1949 (12.900 Euro in Deutschland) oder eine Magnum 1959 Collection (in London mit 25.700 Euro, in Paris um 29.400 Euro) übertreffen diese vergleichsweise junge Krug-Rarität, die im direkten Vergleich den Clos du Mesnil und Vintage aus 2006 klar überflügelt.


Der jüngste Clos d’Ambonnay

2006 Champagne Krug Clos d’Ambonnay Blanc de Noirs – 100 Falstaff-Punkte

4.514 Einzelflaschen and 800 Magnums

© May Wines

Helles strahlendes Goldgelb, Silberreflexe, sehr feines, lebendiges Mousseux. Das Bukett eröffnet mit weißen Blüten, feiner reifer Apfelfrucht und Limettenzesten, darunter etwas helles Nougat und Kräuter, ein Hauch von Kumquat, mit mehr Luft kommen Noten von Tropenfrüchten, die krugtypischen Bitterorangen und ein Hauch von getrockneten Steinpilzaromen und Totentrompeten bilden den Hintergrund. Am Gaumen kompakt, saftig, ein Hauch von weißem Pfirsich, zart nach von Zitrusnuancen gehöhtem Marzipan, finessenreiche Säurestruktur, im Abgang mineralisch, unterlegt von roten Johannisbeeren, insgesamt überraschend jugendlich und lebendig, ein hocheleganter, individueller Champagner mit exzellentem weiteren Reifepotenzial.


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Peter Moser
Peter Moser
Wein-Chefredakteur Österreich
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