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Johannes Nuding: »Man darf sich nicht einschüchtern lassen«

14 Jahre lang hat Johannes Nuding in zahlreichen Top-Restaurants in Europa gekocht, jetzt zog es ihn wieder zurück in die Heimat.

In seinem letzten Restaurant, dem berühmten »SKETCH« in London wurden seine Kochkünste mit drei Michelin-Sternen ausgezeichnet. 2022 hat es den 37-Jährigen zurück in die Tiroler Heimat gezogen, wo er aus einem 400 Jahre alten Traditionshaus ein Fine Dining-Restaurant namens »Schwarzer Adler« sowie das Bistro »Secco« eröffnete.

Falstaff: Nach zahlreichen Stopps sind Sie nun wieder zurück in der Heimat, in Hall in Tirol. War das immer klar, dass Sie zurückkommen oder gab es hierfür einen speziellen Anlass?
Johannes Nuding
: Es war ganz bestimmt nie klar und ich hätte es mir eigentlich auch nicht gedacht. Nach dem Erfolg in London habe ich mir die Frage gestellt, wie es weitergehen soll. Ich bin an einem Punkt in meinem Leben angekommen, wo ich Wurzeln schlagen und ein Zuhause gründen wollte. Dass ich den Gasthof übernehme, war nie vorgesehen. Mein Onkel hatte die Immobilie gekauft, er hat den Traditionsgasthof aber nie selbst betrieben. Das war die Familie Moser. Ich habe das geschlossene Gasthaus übernommen und 2,5 Jahre lang alles komplett umgebaut. Es gehörte auch im Grunde alles gemacht, die Decken, der Boden, das Mobiliar und die Sanitäranlagen waren einfach nicht mehr zeitgemäß und teilweise unbrauchbar. Hier hat mir mein Onkel auch sehr geholfen.

Was denken Sie sind heutzutage die größten Herausforderungen, wenn man als junger Chef einen Betrieb übernimmt beziehungsweise alleine führt?
Die Challenge für mich war bbeziehungsweise ist sicherlich, dass meine Frau und ich nach Jahren im Ausland zurückkommen und kaum Gastro-Erfahrung in Tirol haben. Also eigentlich gar keine (lacht). Da mussten wir und müssen wir auch weiter schauen, was kommt bei den Gästen an, was funktioniert, was nicht. Und das alles muss natürlich und ehrlich bleiben. Man muss den Markt richtig lesen. Wobei jetzt nach fast einem Jahr merke ich es geht funktioniert ganz gut. Wir erklären den Leuten auch was wir machen, denn das muss man auch machen, damit sich die Gäste wohlfühlen, sobald sie bei uns hereinkommen.

Haben Sie, wie so viele auch derzeit, mit dem Personalmangel zu kämpfen?
Natürlich. Aber den Personalmangel gab es ja schon vorher – etwas abgeschwächter. Durch die Pandemie hat sich aber die Einstellung der Leute massiv geändert. Sie haben ein anderes Mind Set. Ich habe das im Sketch damals noch während des Lockdowns stark mitbekommen. Während des Lockdowns kannte sich niemand aus, alle wollten arbeiten, so weitermachen wie es war. Doch das ging nicht. Dann als wir aufsperrten waren anfangs alle motiviert, endlich wieder arbeiten, endlich wieder Service, endlich wieder Gäste bewirten und verwöhnen und dann hat man gemerkt  - gerade bei der jüngeren Generation – dass es eigentlich viel schöner daheim war. »Warum soll ich mir das antun, bis Mitternacht zu arbeiten und manchmal den Launen der Gäste ausgesetzt zu sein«. Nur die es wirklich wollten, sind geblieben. Die Jüngeren und die das ganze nicht mit ganzem Herz betrieben haben, sind gegangen und haben sich andere Jobs gesucht.

Was ist Ihr Tipp, um dem entgegen zu wirken?
Man darf sich nicht einschüchtern lassen. Weder als Mitarbeiter, noch als Restaurantchef. Bewerbungen bekommen ist ja nicht das Problem, es geht darum, dass man jemanden findet, der das wirklich machen möchte. Der eine Freude am Job hat. Gerade in der Gastronomie - wenn man beim Gast steht, sollte das nicht ein Job sein, den man nicht gerne macht. Herzlichkeit ist das Keyword. Man sollte Liebe mitbringen und Gespür. In unserer Situation – gerade mit einem bekannteren Namen – ist es leichter Köche zu finden. Und wenn man beispielsweise einen großen Weinkeller hat ist es sicherlich leichter Sommeliers zu finden. Wir haben zum Glück keine Probleme, was das Personal betrifft. Aber ich sehe, dass es in anderen Betrieben auch anders zugeht.

Wie geht ihr mit steigenden Lebensmittelpreisen um und wie wird das künftig aussehen?
Wir merken die steigenden Lebensmittelpreise enorm. Energiepreise, Verpackungsmaterial. Auch wenn man einiges regional kauft – trotzdem wird alles teurer. Und es ist nicht möglich diese Kosten komplett weiterzugeben. Man kann das Menü nicht um das Doppelte teurer machen.

Was machen Sie also?
Ich versuche mich nicht zu übernehmen, kaufe Tiere wie Schwein, Lamm und Reh im Ganzen und versuche alles zu verarbeiten, eben nicht nur den Rehrücken. Sondern ich mache auch Ragout, Fonds aus Gemüseabschnitten und und und. Man muss sein Denken umstellen und das bedeutet, dass man Gäste nicht mit High-End Produkte vollstopft. Spargel ist teuer, Pilze sind ebenfalls teuer. Dann mache ich eben einen Zwischengang mit Kartoffeln und Zwiebel. Kochtechnisch greift man da sicherlich mal tiefer in die Trickkiste (lacht).

Wie sieht Ihrer Ansicht nach die Zukunft der Gastro aus?
Aus London direkt nach den Lockdowns, die Leute waren froh essen zu gehen. Wir haben aufgesperrt und die Hütte war voll. London war sofort reset und es ging weiter. Seit wir in Österreich sind, ist es generell so, dass die Leute sich freuen, dass sie wieder Essen gehen können. Wir bekommen nur gutes Feedback – das ist erfreulich. Und wir wurden auch von Falstaff ausgezeichnet, als »Eröffnung des Jahres 2023«. Das freut mich sehr. Ich weiß aber nicht genau, wie die Zukunft aussieht. Wenn ich das wüsste, wäre das zu schön. Ich merke nur, dass Gäste deutlich mehr überlegen ob sie nun Fine-Dining Essen gehen oder nicht. Und ich merke, dass das Gesamtpaket immer wichtiger wird, also Ambiente, Service, die Weinauswahl – eben das Rundumpaket. Es geht nicht mehr darum essen zu gehen, um den Abwasch nicht machen zu müssen.


 

Lisi Brandlmaier
Lisi Brandlmaier
Chefredakteurin
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