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Skandinavischer Käse: Vielfalt hoch drei

Die drei skandinavischen Länder – Dänemark, Schweden und Norwegen – haben eine große Sortenvielfalt vorzuweisen. Außerdem verdanken wir ihnen einen praktischen Küchenhelfer, der den Käsegenuss erleichtert.

In skandinavischen Souvenirläden fällt Besuchern zwischen Trollfiguren, Strickpullis, Wikingerhelmen und roten Holzpferden ein handliches Küchen­utensil auf: der Käsehobel. Er besteht aus einem dreieckigen Metallblatt und einem Stiel aus Holz. Dieses praktische Werkzeug ist eine norwegische Erfindung, die seit rund hundert Jahren das Hantieren mit großen Käsestücken vereinfacht. Es war der Möbelschreiner Thor ­Bjørklund (1889–1975) aus Lillehammer, der sich darüber ärgerte, dass ihm mit Messern keine gleichmäßigen, dünnen Scheiben seines geliebten Braunkäses (Brunost) gelangen.

Inspiriert von den Holzhobeln aus seiner Werkstatt entwickelte er einen Lebensmittelschneider (ostehøvel), für den er im Jahr 1925 das Patent anmeldete. Seitdem ist der Küchenhelfer vom skandinavischen Frühstückstisch nicht wegzudenken. Dort haben generell Käsesorten Tradition, die hart genug sind, um sich in Scheiben hobeln zu lassen. Außerdem ist es üblich, die alltäglich gegessenen Sorten im Supermarkt in größeren Stücken zu kaufen, ­anstatt schon in Scheiben geschnitten. ­Abgesehen von diesen Gemeinsamkeiten hat ­jedoch jedes der drei skandinavischen Länder seine eigene Käsetradition, ausgehend von den geografischen Bedingungen.

Norwegen: Ein junges Gourmetkäseland

Das Wahrzeichen der norwegischen Käselandschaft ist just jener süßliche Molke­käse, der Thor Bjørklund zur Erfindung des Käsehobels anregte. Er stammt aus dem Gudbrandstal, und die Entwicklung der Rezeptur im späten 19. Jahrhundert trug dazu bei, diese ländliche Region aus einer wirtschaftlichen Krise zu retten. Mittlerweile haben die norwegischen Molkereien aber ein weitaus größeres ­Angebot, das von scharfem Sauermilch-Schimmelkäse (Gamalost) und magerem Sauermilchkäse (Pultost) über klassischen Hartkäse bis hin zu Camembert und ­Gorgonzola reicht. Über 110 Kleinproduzenten hat man zwischen Südnorwegen und der Finnmark im Norden gezählt.
Bei den World Cheese Awards haben schon mehrere norwegische Erzeugnisse ­Bestplatzierungen erreicht.

Die Entwicklung zum Gourmetkäseland wurde durch eine Gesetzesänderung um das Jahr 2000 angekurbelt: Seitdem dürfen norwegische Kuhbauern nicht mehr nur Milch an die größeren Molkereien ­liefern, sondern auch eigene Produkte aus unpasteurisierter Milch herstellen. Diese Reform hat eine kleine Käserevolution ausgelöst, sodass es sich heute lohnt, in norwegischen Restaurants nach dem ­Essen eine Käseplatte zu bestellen. Aber auch die Rohzutaten spielen eine wichtige Rolle, allen voran die Milch: In Norwegen werden noch immer viele Kühe zur Sommerweide in die Berge gebracht, wo sie nahrhaftes Wildgras fressen. Die Milch dieser Kühe – die sogenannte »­stølsmelk« (Almmilch) – zeichnet sich durch einen charakteristischen Geschmack aus. Außerdem hat sie aufgrund ihres ­Beta-Carotin-Gehalts eine gelbliche Farbe.

Einsam am Land. Die Norweger haben nichts gegen Einsamkeit – schon gar nicht, wenn Fjord und Fjell in der Nähe sind.
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Einsam am Land. Die Norweger haben nichts gegen Einsamkeit – schon gar nicht, wenn Fjord und Fjell in der Nähe sind.

Dänemark: dem Kontinent zugewandt

Das kleine, flache Land im Süden ­Skandinaviens ist mit fruchtbaren Böden und saftigen Wiesen gesegnet, die die Landwirtschaft seit jeher begünstigt haben. Die vielen Bauernhöfe haben ihre überschüssige Milch zu Käse verarbeitet, um sie haltbar zu machen.

Was die Rezepte angeht, ist ­Dänemark europäischen Vorbildern gefolgt, mit denen es durch enge Handelsbeziehungen ohnehin in Kontakt war: erst Deutschland und Holland, dann auch England und die Schweiz. So sind beliebte Sorten wie der Schnittkäse Havarti und der Blauschimmelkäse Blue Castello entstanden. Diese beiden sind mittlerweile echte Exportschlager und werden auch in Übersee verzehrt.

Auch Dänemark überzeugt mit seinen Käse-Kreationen.
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Auch Dänemark überzeugt mit seinen Käse-Kreationen.

Schweden: arktische Tradition

Auch der »große Bruder« unter den drei skandinavischen Ländern blickt auf eine lange Käsetradition zurück. Während im Alltag vor allem milde Hartkäsesorten wie der »Käse vom Herrenhof« (Herrgårdsost) gegessen werden, halten die Käsetheken auch außergewöhnliche Sorten bereit, die einen Hauch arktische Exotik aufs Brot bringen. Sowohl der bekannte Västerbotten-­Käse als auch der Kaffeekäse stammen aus dem hohen Norden.

Letzterer ist der Lebensweise der Samen entsprungen: Dieses Urvolk ist ­traditionell mit den Rentieren durch die wilden Weiten Lapplands gezogen und musste sich dementsprechend mit transportfreundlicher Verpflegung ausstatten. Hier gibt es kulinarische und kulturelle Berührungspunkte mit dem Nachbarland Finnland, das zwar nicht zu Skandinavien im engeren Sinne gehört, wohl aber einen großen Teil des grenzüberschreitenden samischen Lebensraums namens Sápmi umfasst. Der Streifzug durch die skandinavische Käsewelt verspricht eine große Vielfalt mit alltagstauglichen Hartkäsesorten fürs ­belegte Brot, exklusiven Spezialitäten für die Käseplatte und sogar Stückchen, die in heißen Kaffee gelegt werden. »Länge leve osten« – es lebe der Käse!

Arktische Gefährten: Früher hat man auch aus der fett- und nährstoffreichen Rentiermilch Käse gemacht. Allerdings gibt eine Rentierkuh nur ein bis zwei Tassen am Tag.
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Arktische Gefährten: Früher hat man auch aus der fett- und nährstoffreichen Rentiermilch Käse gemacht. Allerdings gibt eine Rentierkuh nur ein bis zwei Tassen am Tag.

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© StockFood / Ramanauskiene, Justina

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Lisa Arnold
Autor
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