Prost! Mit 67 Brauereien geht im Land mit der größten Hopfenanbaufläche nie der Nachschub an – kreativ und traditionell – Gebrautem aus.

Prost! Mit 67 Brauereien geht im Land mit der größten Hopfenanbaufläche nie der Nachschub an – kreativ und traditionell – Gebrautem aus.
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Bierland Oberösterreich: 67 Brauereien stillen aktuell den Durst der Biertrinker

Die uralte Brautradition Oberösterreichs fußt auf dem idealen Zugang zu Hopfen, Malz und weichem Wasser. Dass man sie auch bewahren konnte, liegt aber an den leidenschaftlichen Brauern. Falstaff kennt die besten Adressen.

Es ist ohne Frage einzigartig, dass eine Landeshymne das Lob des Bieres singt. Oberösterreichs »Hoamatgsang« tut es gleich an zwei Stellen. Unmissverständlich hat Franz Stelzhamer gedichtet: »Ünser Traubn hoaßt Hopfn.« Gleich dahinter aber sein oberösterreichisches Food-Pairing hineingeschrieben: »Und zun Bier und zun Most schmeckt a kräftige Kost.« Daran besteht bis heute kein Zweifel, zumal Bier und Kulinarik eine Disziplin darstellen, die von Brauereieigenen Gasthöfen (z. B. im »Genusszentrum Hoangarten« im Attergau, bei »Schnaitl« oder »Freistädter«) ebenso gepflegt wird wie vom jungen Spitzenkoch Philip Rachinger aus dem »Mühltalhof«. Mit seinem »Hopfen und Schmalz« im altehrwürdigen Gasthaus der Neufeldner Bio-Brauerei tischt er abseits von »Fine Dining« klassisch Leberschädel und Stelze zur Mühlviertler Weissen auf.

Intakte Bierlandschaft

Es stellt auch keinen Zufall dar, dass man auf diesen genussvollen Kombinationen weiter beharrt. Denn der Oberösterreicher kann stur sein – er »biezelt« dann, sagt man –, wenn man mit zu viel Neumodischem daherkommt. In Sachen Brauwesen ist das allerdings eine herrliche Eigenschaft, denn so findet sich bis heute eine weitgehend intakte Bierlandschaft: 67 Brauereien stillen aktuell den Durst. Mit der eigenen Braustätte namens »Linzer Bier« hat seit dem vergangenen Jahr auch die Hauptstadt dank der Brau Union wieder eine Anlaufstelle in Sachen Hopfen und Malz. Zwickel und Pale Ale entstehen in der ehemaligen Tabak­fabrik im Bezirk Kaplanhof. Das Linzer Bier allerdings stammt noch vom oberösterreichischen Platzhirsch in Zipf. Es ist eine liebevolle Rekreation des originalen Rezepts von 1921, an der Braumeister Martin ­Simion und sein Zipfer-Kollege Christian Mayer lange getüftelt haben.

Doch es ist nicht nur die Statistik, die jede fünfte österreichische Brauerei im »Land ob der Enns« verortet. Gerstensaft-Liebhaber finden hier traditionelles Bierhandwerk in allen Landesteilen vor. Die offene Vergärung bei »Raschhofer« etwa, der »kleinen Brauerei mit dem großen Bier« in Altheim, ist ein gutes Beispiel dafür. Aber doch auch nur ein Teil des acht Stunden dauernden Brauprozesses. Das Malz wird bei Christoph Scheriau und Doris Scheriau-Raschhofer noch langsam im Kupferkessel karamellisiert, ehe die Biere in kleinen Lagertanks geklärt und lange ­gereift werden. Mit diesem althergebrachten Rezept sicherten sich die Innviertler bereits acht Mal den »European Beer Star«, die Champions League des Brauens. Ein ­einsamer Rekord!

Die Ehre des Europameisters teilt man sich mit einer oberösterreichischen Brauerei, die selbst Wirtschaftsstudenten kennen ­müssen. Denn die einzigartige Rechtsform einer »Commune« bindet die Gesellschaftsanteile an den Grundbesitz. So begann 1770 die ­Freistädter Brauerei, und bis heute sind 149 einzelne Hauseigentümer ­automatisch auch Mitbesitzer. »Damit können wir auch praktisch nie von außen übernommen werden«, schildert Geschäftsführer Ewald ­Pöschko den »Commune-alen« Vorteil. Und so ­modernisierte man zwar vor zwei Jahren das Logistikzentrum, hält beim Brauen aber am alten Malzboden fest – in der Größenordnung (150.000 Hektoliter Jahresproduktion) der Freistädter findet man derlei sonst nirgends.

Freistadts Brauerei punktet mit den Solar-Sonnenblumen und Ernst-Fuchs-Kunst im Sudhaus.
Foto beigestellt
Freistadts Brauerei punktet mit den Solar-Sonnenblumen und Ernst-Fuchs-Kunst im Sudhaus.

Brauen mit Herkunft

Auch Hubert Stöhr junior betreibt auf seine Art Brau-Archäologie in Schloss Eggenberg. Die größte Privatbrauerei des Landes hat einst ein legendäres Schweizer Rezept bewahrt und zum Kultbier gemacht. Die Herkunft erklärt auch, warum das im Dezember eingebraute Starkbier nicht Nikolaus, sondern eben »Samichlaus« heißt. Diese Spezialität ist eines der lagerfähigsten Biere des Landes und wird auch in Magnumflaschen mit Jahrgangsangaben abgefüllt. Für die Kulturhauptstadt Europas braut »Schloss Eggenberg. das bier zum Salzkammergut« das offizielle Kulturhauptstadt-Bier, das den Namen »HELLES BIER ZWEI VIER« trägt.

Diese ausgeprägte und »unverbogene« Bierkultur hat sogar ein Testimonial: Der Poet des Böhmerwalds, Adalbert Stifter, war schließlich nicht nur ein großer Naturschilderer, sondern auch ein exzessiver Freund der veredelten Naturprodukte Hopfen und Malz. Ob es wirklich 600 Liter Bier Jahresbedarf waren oder die anderswo geschilderten drei Liter pro Gasthausbesuch, ist zwar keine Frage für Germanisten, aber dennoch ein beträchtliches ­Quantum. Die getrunkenen Mengen haben sich seit der Zeit des Dichters zwar verändert. Doch schnell kann man auch heute noch bei einem Flascherl Bier die typisch ­oberösterreichische Frage hören: »Bleib ma nu a Neichtl?«

Stifter und Geschichte

Stifter lebt aber auch weiter – in einem intensiven, obergärigen Bier im Stil des 19. Jahrhunderts, das man ihm in der »Stiftsbrauerei Schlägl« gewidmet hat. Seit 1580 ist das Brauen im Prämonstratenserkloster nachweisbar. Gerade modernisiert man das Sudhaus im ehemaligen Getreidekasten, denn die Biere von Österreichs einziger Stiftsbrauerei (etwa das »Edelroggen«, das in Rum- oder Whiskyfässern nachreift) sind sehr gefragte Spezialitäten.

Will man die Bierliebe in Weiß-Rot generell historisch herleiten, gibt es dazu zwei Traditionen. Sie sind eng mit den heutigen beiden auch touristisch als »Bierviertel« vermarkteten Regionen verknüpft: Stift Schlägl steht für den Mühlviertler Zweig, auch wenn man in der Region nicht die längste Tradition aufweist. Diese Ehre gebührt laut »Guinness Book of World Records« der Brauerei in Hofstetten. Anno 1449 berichtet das Urbar von Wallsee erstmals von der Biererzeugung an der alten Salzstraße nach Böhmen. Heute führt Peter Krammer diese Ahnenreihe an Brauern mit Innovationen wie seinem Honigbock oder dem mit heißen Steinen (!) karamellisierten »Granitbock« weiter.

Bierviertel

Dagegen geht die Innviertler Tradition auf die Zeit zurück, als man rund um Ried Teil Bayerns – eines bis heute stolzen Braulandes – war. So ist es bei Rieder Bier bis heute selbstverständlich, dass man sein Weißbier erzeugt. Bräu Matthias Schnaitl IV. von der »Privatbrauerei Schnaitl« braut seine »Bayern Weisse« sogar direkt in Passau – bei der Speisenempfehlung erweitert der Oberösterreicher aber das Menü: »Weißwürste und Brezen, aber auch Risotto und Meeresfrüchte«. Gemeinsam mit neun anderen Brauern bildet Schnaitl die »Bierregion Innviertel«.

Die Braucommune in Freistadt, die ­Privatbrauerei Hofstetten und die Stiftsbrauerei Schlägl wiederum agieren ­zusammen mit dem Gasthaus des ersten Biersommelier-Weltmeisters, Karl Schiffner in Aigen-Schlägl, als »Mühlviertel Bier­viertel«. Gemeinsam erstellte man auch weltweit einzigartige Cuvées: Für sie wurden stets bestehende Biere des Quartetts zu einem neuen Genusserlebnis verschnitten. Das Rückgrat vieler dieser Biere ist der Mühlviertler Hopfen. Er stammt aus dem bundesweit wichtigsten Anbaugebiet für das »Biergewürz«: 300 Tonnen Rohhopfen werden in 14 Sorten (v. a. ­Magnum, Perle, Malling und Spalter Select) geerntet. Der Großteil der Ernte der 37 Hopfenbauern wird zu den praktischen Pellets gepresst. Dass bereits auf 32 Hektar Hopfen im kontrolliert biologischen Anbau erzeugt wird, sei noch erwähnt. Denn nicht nur für die erste Biobrauerei des Landes – Alois Meirs Neufeldner – ist diese Regionalität Gold wert. Dazu kommt aber eine Besonderheit, die sich der Geologie verdankt. »Der Granitstein wirkt wie ein Filter auf das Wasser, welches dadurch zu einer globalen Besonderheit wird«, erklärt Hofstetten-Brauer Peter Krammer die Eigenschaft des Mühlviertler Brauwassers.

Kleine Brauerei mit großen Bieren. Das Raschhofer-Geheimnis: Brauen über Feuer in Vollkupferpfannen und Reifung in kleinen, liegenden Tanks.
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Kleine Brauerei mit großen Bieren. Das Raschhofer-Geheimnis: Brauen über Feuer in Vollkupferpfannen und Reifung in kleinen, liegenden Tanks.

Regional und Innovativ

Diese Autarkie ist längst keine Selbstverständlichkeit im globalisierten Biergeschäft. Umso lieber aber nutzen die Brauer Oberösterreichs die Ressourcen. Sei es beim Wasser, sei es beim Hopfen, der nur in drei Bundesländern überhaupt kultiviert wird. »Wir legen größten Wert auf regionale Rohstoffe«, unterstreicht etwa Braumeister Josef Niklas von Rieder Bier dieses genuin oberösterreichische Element beim Brauen. Da überrascht es dann auch nicht, dass es mit Pfesch sogar eine Bauernhof-Brauerei gibt. Aus der Bierleidenschaft dreier Männer entstand in Treubach diese kleine, feine Braustätte, an der ein waschechter Bürgermeister das Kellerbier braut. Martin Erlinger selbst sieht darin die »Innviertler drei B« – Bauer, Brauer, Bürgermeister.

Aus dem Vollen schöpft man aber nicht nur beim Hopfen im Brauerparadies. Mit der Mälzerei ­Plohberger in Grieskirchen ­haben ­Oberösterreichs Brauer auch bei der Gerste einen starken lokalen Partner zur Hand: Rund 10.000 Tonnen Braugerste verarbeitet der Betrieb alljährlich zu Braumalz. Als eine von nur zwei großen Mälzereien in Österreich geht man dank der Spezialmalzanlage auch auf Brauer-Wünsche wie Rauchmalz ein. Entsprechend lassen sich auch dunkle Bierspezialitäten bis hin zum fast schwarzen Porter aus den regionalen Röstmalzen brauen.

Andreas Weilhartner und Christian ­Semper alias »The Beer Buddies« nutzen ­diesen Rohstoff beispielsweise ganz selbstverständlich für ihr »Hey, Porter!«. Auch diese Kleinbrauerei steht für den Aufbruch im letzten Jahrzehnt, der neben den Traditionshäusern mit der Craft-Beer-Welle auch im Bierland Oberösterreich Einzug gehalten hat. Und auch die neuen Rezepte haben ihre Fangemeinde. So wird in ­Alberndorf dieses Jahr auch der Neubau der »­Buddies« fertiggestellt. Klares Ziel des Duos: »State-of-the-Art-Brautechnik trifft auf die Innovationen der Beer Buddies.« So kann der bierige Erfolgsweg gerne generell weitergehen!


Die Adressen

Brauerei Schloss Eggenberg
Die größte Privatbrauerei des Landes wird von der Familie Stöhr mit viel Innovationsgeist geführt. Überregionaler Hit ist dabei der »Samichlaus«.

Eggenberg 1, 4655 Vorchdorf
T: +43 7614 6345, schloss-eggenberg.at

Braucommune Freistadt
Legendäre Rechtsform und nicht minder kultverdächtige Biere (»Ratsherrn«) kommen aus der Brauerei mit eigenem Malzboden. Toller Shopbereich!

Brauhausstraße 2, 4240 Freistadt
T: +43 7942 75777, freistaedter-bier.at

Brauerei Raschhofer
375 Jahre Biertradition führt man im Innviertel mit Kupferpfanne und offener Vergärung aufs -Köstlichste weiter. Zu Recht ist der »Brauturm« ein Wahrzeichen.

Braunauer Straße 12, 4950 Altheim
T: +43 7723 42205, raschhoferbier.at

Brauerei Schnaitl
Brauen wie früher – mit eigenen Rohstoffen aus Hopfengarten und Gerstenfeld – lässt sich bei -Matthias Schnaitl IV. erleben. Starke Sache, so wie das Festbier »Stille Nacht«.

Gundertshausen 9, 5142 Eggelsberg
T: +43 7748 66820, schnaitl.at

Linzer Bier
Mit der Wiederbelebung der alten Marke ist -Braumeister Martin Simion ein Coup gelungen. Und das »Edelstahl« feiert die Haupt- als Braustadt auch namentlich.

Peter-Behrens-Platz 1, 4020 Linz
T: +43 732 69790, linzerbier.at

Neufeldner Bio-Brauerei
Alois Meir ging in der auf das 16. Jahrhundert zurückgehenden Braustätte neue Wege: Als erste oberösterreichische Brauerei ist man in Neufelden biozertifiziert.

Bräuhausgasse 3, 4120 Neufelden
T: +43 7282 86927, biobrauerei.at

Stiftsbrauerei Schlägl
Das neue Sudhaus im früheren Getreidekasten -signalisiert klar: Die seit 1580 andauernde Brautradition des Stifts geht modern weiter. Darauf ein »Chorherren Pils«!

Schlägl, 4160 Aigen-Schlägl
T: +43 7281 8801254, stiftsbrauerei-schlaegl.at

Privatbrauerei Pfesch
Zehn Jahre feiert das »Triumvirat« in Sachen Innviertler Brauspezialitäten dieses Jahr. Immer noch ein Bestseller der Innviertler ist das »Kellerbier« mit eigenem Hopfen.

Pfendhub 3, 5272 Treubach
T: +43 676 7787090, pfesch.at

The Beer Buddies Brewing Company
Die beiden Doktoren Andreas Weilhartner und Christian Semper bauen ihre Braukunst laufend aus. Das neue Sudhaus rundet das einstige Hobbyprojekt in diesem Jahr ab.

Zeller Straße 44, 4284 Tragwein
T: +43 676 847265200, thebeerbuddies.at

Brauerei Hofstetten
Peter Krammer hat den Respekt vieler Kollegen – und das nicht nur des ehrwürdigen Alters der Granitland-Brauerei wegen. Seine Biere sind einfach vorbildlich!

Adsdorf 5, 4113 St. Martin im Mühlkreis
T: +43 7232 22040, hofstetten.at

Brauerei Ried
Mit Stolz auf die bayerischen Wurzeln wird seit über 90 Jahren Weißbier gebraut. Lokale Zutaten liebt man im Innkreis aber auch beim intensiv-genialen Honigbier.

Brauhausgasse 24, 4910 Ried im Innkreis
T: +43 7752 82017, rieder-bier.at

Bierschmiede Attersee
In der Naturparkgemeinde erlebt man in der Handwerksbrauerei authentisches Brauhandwerk und spürt noch die Leidenschaft des Brauers.

Seefeld 56, 4853 Steinbach am Attersee
T: +43 664 5486321, bierschmiede.at

Natur Brauerei Almtal
Charakterstarke Biere, gebraut mit traditioneller Handwerkskunst aus heimischen Rohstoffen mit Fokus auf Regionalität und Verantwortung.

Kalkofen 6 a, 4644 Scharnstein
T: +43 680 3332344, naturbrauerei-almtal.at


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Erschienen in
Kultur Oberösterreich Special 2024

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Roland Graf
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