Das Bierbrauen ist eine alte Handwerkskunst.

Das Bierbrauen ist eine alte Handwerkskunst.
© Michael Reidinger

Oberösterreich: Wandern auf den Spuren des Hopfens

Land des Hopfens: Bier hat im Mühlviertel eine lange Tradition. Eine Wanderung durch die Geschichte des Brauhandwerks.

Die älteste Wurzel der Bierbrauerei reicht in graue Vorzeit zurück – die ersten Brauer waren Bauern. Wahrscheinlich war das auch im Mühlviertel so, die Brauerei Hofstetten befindet sich auf einem Bauernhof – und ist die älteste Österreichs. Auch wenn sie soeben mit neuester Sudhaustechnik ausgerüstet wurde, experimentiert Brauereichef Peter Krammer gelegentlich mit glühend heißen Granitsteinen, die er im Brauprozess einsetzt, um den Geschmack aus eben jener Vorzeit in seine Biere zu bringen.
Tatsächlich ist das Mühlviertel dahingehend einzigartig, weil hier auf engstem Raum die vier historischen Wurzeln der Bierbrauerei zu finden sind. Wer gut zu Fuß ist, kann auch von Braustätte zu Braustätte wandern: Das bäuerliche Brauwesen ist nicht nur mit dem 1229 gegründeten Bauern- und Brauerhof von Hofstetten in St. Martin präsent, sondern auch mit dem Eder-Bräu, das Margit Ehrensperger auf ihrem Hopfenbauernhof eingerichtet hat. Hopfenanbau hat hier eine lange Tradition, das Mühlviertler »grüne Gold« findet sich in vielen Bieren. Vom Eder-Bräu ist es eine kurze Wanderung zum Schloss Weinberg hoch über Kefermarkt, das schon lange nichts mehr mit Wein zu tun hat, aber ein guter Repräsentant der zweiten historischen Entwicklungsschiene des Bierbrauens ist: Adelige brauten auf ihren Burgen und Schlössern – und auf Weinberg wurde diese Tradition 1989 wiederbelebt.

Im Mühlviertel werden die Wurzeln des Biermachens bis heute gepflegt. Das macht die Region einzigartig.
© Michael Reidinger
Im Mühlviertel werden die Wurzeln des Biermachens bis heute gepflegt. Das macht die Region einzigartig.

Bier-Weltregion

Auf Schloss Weinberg gibt es nicht nur einen instruktiven Bierwanderweg – wer will, kann in kaum drei Stunden bis Freistadt marschieren. Die dortige Bürgerschaft repräsentiert das städtische Brauwesen, dritte historische Wurzel der Bierkultur. Die Bürger sind gleichzeitig Anteilseigner an der Brau­commune.
Die Commune ist eine aus dem mittelalterlichen Braurecht abgeleitete Einrichtung, im 18. Jahrhundert verrechtlicht und erst vor vier Jahren mit komplett neuer Technik und einem Brauereiausschank in den alten Gemäuern nachgerüstet. Die Freistädter Braucommune und die Stiftsbrauerei Schlägl – sie ist würdiger Repräsentant der vierten, klösterlichen Tradition – sind für rüstige Geher zwei bis drei Tagesmärsche voneinander entfernt, gemächlichere Wanderer rechnen vier Tage und entsprechend viele Rasten ein: am besten gleich am Himmel. Zum »Mühlviertler Himmel« wurde nämlich Werner Pürmayers »Bergergut« in Afiesl ausgebaut – er beschäftigt vier ausgebildete Biersommeliers und serviert wohl die besten »Beer & Food-Pairing Dinner« Österreichs. Pürmayer brennt für die Idee, das Mühl­viertel zur Bier-Weltregion aufzuwerten. Nur wenig weiter betreibt er das »Hotel Aviva« mit der neuen Brauboutique. Solche Kleinbrauereien gibt es im Mühlviertel fast wieder in der Dichte, wie es sie im 18. Jahrhundert gegeben hat. Nicht versäumen sollte man die Kleinbrauereien in Bad Leonfelden, wo Craft-Bier ebenso eine Heimat gefunden hat wie bei den »Beer Buddies«, die eine alte Mühle in Tragwein als Kleinstbrauerei revitalisiert haben.

Bier auf Weltmeisterniveau

Unsere Wanderung führt weiter ins Stift Schlägl: Wer die Hopfengärten durchwandert, die sich auf den Hügeln zwischen Haslach und Neufelden ausbreiten, kann sich vorstellen, wie dieses Land einmal ausge­sehen hat, bevor es der Gerstensaft – nicht zuletzt unter Federführung der Chorherren aus Schlägl – zu dem gemacht hat, was es heute ist. Die bäuerliche Wirtschaft, so wie wir sie heute vorfinden, verdanken wir zu großen Teilen unserem Bier. Genau hier gedeiht auch Roggen – konsequenterweise hat die Stiftsbrauerei bereits vor einem Vierteljahrhundert mit dem Brauen von Roggenbier begonnen. Nur einen Steinwurf von der Brauerei im Stift Schlägl entfernt, befindet sich das »Biergasthaus Schiffner«. Karl Schiffner hat sich in den 1980er-Jahren viel mit Wein beschäftigt, dann aber erkannt, dass Bier viel besser zur Region passt und auch eine viel größere Vielfalt an Geschmäckern und Aromen bietet. Schließlich begann er, sich mit den Mühlviertler Brauereien zu vernetzen und sein Biersortiment zu verbreitern. Heute bietet Schiffner eine der umfangreichsten Bierkarten Österreichs an. Und eine Beratung auf Weltmeisterniveau, denn 2009 wurde er erster Biersommelier-Weltmeister.

Aus dem Falstaff Spezial Sonderausgabe Oberösterreich.

Conrad Seidl
Autor
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