Die junge, moderne Bäckerei »brotsüchtig« bäckt auf traditionelle Weise Brot und Gebäck vom Feinsten. Alles von Hand geformt und einfach köstlich und vielfältig.

Die junge, moderne Bäckerei »brotsüchtig« bäckt auf traditionelle Weise Brot und Gebäck vom Feinsten. Alles von Hand geformt und einfach köstlich und vielfältig.
Foto beigestellt

Eigenbrötler & Zuckerbäcker: Ein Streifzug durch Oberösterreichs Brot-Kultur

Oberösterreich ist auch ein wahres Schlaraffenland für gebackene Genüsse. Von frischem Brot und Gebäck bis zu feinen Mehlspeisen und moderner Tortenkunst finden Brotfreunde und Naschkatzen eine köstliche Palette an Herrlichkeiten aus dem Backofen.

Brot ist Heimat, Geborgenheit, Liebe. Sein Duft ist der »Urduft« des Lebens schlechthin. Brot ist auch Grundnahrungsmittel. Aber Brot ist auch Glück und essbare Sehnsucht. Am Anfang der Zivilisationsgeschichte stand das Korn. Man säte Weizen, Einkorn, Emmer, Roggen, Dinkel und Gerste, konnte zweimal im Jahr ernten und damit Brot backen. »Ich habe einen ganz einfachen Geschmack. Ich bin immer mit dem Besten zufrieden«, sagte Oscar Wilde, Schriftsteller und Bonvivant. Und Johann Wolfgang von Goethe meinte: »Alles wirklich Große ist einfach.« Beide Sätze passen auch perfekt zum Protagonisten Brot. Mehl, Wasser und Salz und viel Zeit, das sind die Grundzutaten für das Brot. Und dann kommt natürlich das ­Können der Bäckerinnen und Bäcker und für vielfältigen Geschmack der kreative Umgang mit Gewürzen und allerlei Beiwerk.

Vom Luxus des Einfachen 

»Gutes Gebäck ist ein Seiltanz. Es muss immer zuerst gut sein, dann erst schön.« Das sagt einer, für den Backen Leidenschaft und Lebensaufgabe ist: Bäckermeister Ernst Maislinger aus Bad Goisern. In seiner Backstube wird ein eigener Sauerteig aus natürlicher Hefe und mineralhaltiger Bergkernsole aus dem Altausseer Salzbergwerk hergestellt. Regional ist auch das Mehl, denn es kommt aus der »Hochmühle«, und dann ist da noch der wichtige Faktor Zeit – »slow baking«, das bedeutet die langsame Reife der Teige und die Entwicklung besonderer Aromastoffe. Aus dem Holzofen, der das Zentrum der Maislinger-Backstube ist, kommt dann köstliches Backwerk, das so schöne Namen wie »Hallstätter Knappenbrot«, »Turbolader« oder »Florianibrot« trägt. In heller Grundtönung findet man in den Körberln Salzstangerl, Piroschka oder Kaisersemmerl. Im schönen Mühlviertel hat eine Bäckerei das Wort Bio schon im Namen.

In der »Bio-Bäckerei Stöcher« wird schon seit 1260 Brot gebacken, und das bis heute nach Rezepturen, die sich seit Gene­rationen im Familienbesitz befinden. Im Herzen des Kurortes Bad Zell in einem historischen Gebäude hat sich Familie ­Stöcher der Tradition verpflichtet. »Das Wichtigste beim Backen ist die Zeit, damit der Teig rasten und seinen vollen Geschmack entwickeln kann«, erzählt Karl Stöcher, der nach altem Rezept und aus regionalen Biozutaten auch sein »Mühlviertler Urbrot« im Holzofen bäckt. Aber auch für die verführerischen Mehlspeisen wie Himbeertorte, Butterkipferl oder Briochegebäck verwendet er Mehl, Milch und Eier von Biobetrieben aus der unmittelbaren Umgebung. »Bio heißt für uns, dass wir mit naturbelassenen Zutaten arbeiten.« Und dass es für ihn nur einen Zusatzstoff gibt: viel Kreativität.

Junge Brotkunst

»Wir backen richtiges Brot«, sagen Oliver Raferzeder und Stefan Faschinger von »brotsüchtig« in Linz, Wels und Steyregg. Dafür braucht es, so die jungen Bäcker, geschmacklich hervorragende biologische sowie regionale Rohstoffe und die Hände und die Leidenschaft der Bäckerinnen und Bäcker. Und echtes Handwerk. In den »brotsüchtig«-Backstuben werden die Zutaten selbst eingewogen, die Teige von Hand aufbereitet, geschliffen und geschlagen, jedes Brot und Gebäckstück wird so zu einem Einzelstück geformt.

Alle Brote werden mit Natursauerteig gebacken, das verleiht nicht nur ein einzigartiges Aroma, sondern hält länger frisch. Neben Leinsamen, Sonnenblumenkernen, Mohn, Kümmel, Koriander, Eiern, Honig, Obst und Gemüse wird der Kaltenberger Whisky der »Slow Food«-BioBrennerei Thauerböck bezogen. Fantasievolle Namen verweisen auf die Inhaltsstoffe der Backwaren. »Nora Nuss« etwa ist ein Urdinkel-Roggen-Brot mit in Whisky eingelegten Walnüssen. »Volker Vollkorn«, »Krustav«, »Roger Roggen« oder »Adam Apfel« gefällig? Die »brotsüchtig«-Familie hat für jeden Geschmack das richtige Brot und viele Sorten sind von Natur aus vegan.

Die Eigenbrotler

Acht Handwerksbäcker aus Oberösterreich haben sich zum gemeinnützigen Verein »Wir Eigenbrotler« zusammengeschlossen, um die alten Backtraditionen nicht zu vergessen. Sie verwenden individuelle Rezepturen, hochwertige, regionale Rohstoffe, geben den Teigen Zeit und verbinden ursprüngliches Bäckerhandwerk mit innovativen Backideen. Eigentlich sind die Mitglieder Sonderlinge, denn sie wollen die Backkunst bewahren und nicht einfach Gewinn machen. »Wir verwenden Sauerteig, setzen auf Langzeitführung, verwenden regionale Rohstoffe und natürlich keine Backmischungen«, beschreibt Markus Resch die Philosophie, die die »Kremstaler Hofbäckerei« mit den anderen »Eigenbrotlern« teilt. Auch die »Bäckerei Brandl« in Linz ist Teil dieser Initiative, und das schmeckt man, wenn man die Backstube im Herzen der Linzer Altstadt betritt, in der seit 132 Jahren Backwaren auf höchstem Niveau aus den Öfen kommen.

Handarbeit

Nach alten Familienrezepturen werden hier regionale Zutaten zu feinstem Brot und Gebäck und es verbindet sich handwerkliche Backkunst mit Modernität in der ersten gläsernen Schaubäckerei Österreichs. Um 4.30 Uhr in der Früh beginnt die Rushhour, es wird gedreht, gewendet, Bleche werden gefüllt, Flesserln in Mohn getunkt und die sprichwörtlich heißen Semmeln in Kisten bugsiert. Apropos Mohnflesserl. Warum ist das gesalzene Mohnflesserl gerade in Oberösterreich so beliebt? Alte Quellen verweisen auf das »Linzer Salzfloßel«, das schon im späten 19. Jahrhundert gebacken wurde, und da Salz im Salzkammergut immer schon ein wichtiges Produkt war, salzte man das Gebäck. Erkennbar ist es an der Einstrangzopfform und der Blaumohnbestreuung. Lange Zeit war Brot etwas Alltägliches, dem man nur wenig Aufmerksamkeit schenkte. Heute ist Brot weit mehr als ein Grundnahrungsmittel und die Vielfalt an Formen und Rezepturen hat es zu einem gefragten Genussprodukt gemacht.

Wir sind Brot

Zur oberösterreichischen Brot-Kunst gehört auch das Entdeckerviertel, in dem man sich auf eine Brotreise ins ­Salzach-, Inn- und ­Mattigtal machen kann. Das typischste Gebäck hier ist das Innviertler Schusterlaiberl, das in keiner Bäckerei fehlt. Es ist traditionell ein Roggen-Weizen-Mischgebäck, also mehr Brot denn Gebäck. Überall im Viertel ist Brot ein wichtiger Bestandteil der Gastlichkeit, manche Wirte kochen spezielle Brotgerichte, Brotbackkurse werden angeboten, so etwa am »Stiegl-Gut« in ­Wildshut. Tradition ist auch ein ­Thema in der »Klosterbäckerei Höllbacher« des ­Klosters ­Ranshofen. Sie blickt auf eine beinahe 900-jährige Geschichte zurück und bäckt unter anderem sehr erfolgreich das beinahe vergessene »­Klosterbrot«.

Signature-Torte

Für manche Bäcker ist eine Torte ein »­Signature Dish«. Zum Beispiel für den Mühlstein-Bäcker Helmut Kern aus der gleichnamigen Bäckerei-Konditorei in Perg, der seine »Mühlsteintorte« als Hommage an das Marchland-Städtchen und die spannende Stadtgeschichte erfunden hat. Natürlich gibt es auch viele Brotsorten und aus dem Brot vom Vortrag macht er einen Brand: den »Brottschin«. Keine Kompromisse bei den Zutaten lautet die Devise am »Bio-Hof Mauracher«, wo ein ganz besonderes Brot gebacken wird. »Das Mehl wird ganz frisch erst direkt bei der Verarbeitung in die Teigschüssel gemahlen. Für jeden einzelnen Vollkornteig, den wir herstellen«, erklärt Andreas Eder, der von seinem Vater Josef, dem Biopionier, den Hof übernommen hat. Und bei jedem Bissen »­Mauracher«-Brot schmeckt man die Sorgfalt der Herstellung und die Qualität der Ingredienzien.

Zuckersüß

Österreich ist ein Land des Zuckers, und nicht nur von Kaiser Franz Joseph I. und seiner Sisi weiß man, dass sie ­echte Naschkatzen waren. War der Zucker einst nur dem Hof vorbehalten, kam es ab dem 19. Jahrhundert durch die sinkenden Zuckerpreise und die wachsende Beliebtheit verschiedener Mehlspeisen zu einer Verankerung von Süßem in der ­österreichischen (Ess-)Kultur. Traditionen, die auch in ­Oberösterreich verankert wurden. ­Weltbekannte wie »Zauner« in Bad Ischl oder »Jindrak« in Linz tragen heute ebenso wie eine neue Generation an Zuckerbäckern – und vor allem Zuckerbäckerinnen – dazu bei, die Welt mit ihren süßen Kreationen zu verzaubern.

Süße Prominenz

Anton Bruckner ließ sich einst als »Nachspeis« 16 große »Zwetschkenpofesen schmecken«, er liebte aber auch Zwetschkenknödel (jeder mit zwei Früchten gefüllt), »Apfelschlangerl« und »Apfelradeln«, ­Albertina-Chef Klaus Albrecht Schröder hingegen träumt bis heute von Cabanossi und Vanillepudding, beides Geschmackserinnerungen seiner oberösterreichischen Kindheit: Sein Traum wären zehn Becher Vanillepudding und drei Meter ­Cabanossi. Heutzutage verführt neben den Linzer und Ischler Legenden eine neue Generation zu Süßem, und dieses Naschwerk heißt »Naked Cakes« oder wird als ganzer »Sweet Table« serviert. Eine der großen Künstlerinnen ihrer Zunft ist Carmen Schlägel, die in Neumarkt im Mühlkreis die kleine Backstube »Kuchenwunder« betreibt. Hier stellt sie Hochzeits-, Motiv- und Anlasstorten her, Sweet Tables, Cake-Pops, Cupcakes, Macarons und Pralinen. Für ihre kreativen Kuchenwunder verwendet sie ausschließlich erstklassige und, wenn möglich, regionale Produkte.

Tortenmehr

In Linz hat sich Stefanie Feneberger mit ihrer »Konditorei Tortenmehr« in die -Herzen der Menschen gebacken. In ihrem kleinen Betrieb zaubert die gelernte Konditorin wahre Wunderwerke der Backkunst, und zwar nicht von der Stange, sondern für jeden Kunden ganz individuell, in bester Qualität und mit Liebe zum Detail. Im Land der Zuckerbäcker gibt es für jeden Anlass die richtige Torte, von klein bis groß, von cremig bis fruchtig, von klassisch bis exotisch. So exotisch, wie es einst wohl die Veilchenpastillen mit Schokoladenglasur waren, die Kaiserin Sisi so liebte. Und heute, 150 Jahre später, werden sie immer noch bei »Zauner« in Bad Ischl als »La -Violetta« verkauft. Auch Krapfen, Palatschinken, Kaiserschmarrn oder Strudel gehören zur süßen Tradition Oberösterreichs. Ein wahres Bekenntnis zur Regionalität ist auch ein Kochbuch, das den Schluss dieser Geschichte einläutet. Es heißt »Kulinarische Schätze aus -Oberösterreich« und wurde von Landeshauptmann Thomas Stelzer persönlich initiiert. »Das Kochbuch liegt mir am Herzen, weil es mehr vermittelt als Rezepte. Es steht für unser Bekenntnis zur Regionalität, für den Stolz auf unser kulinarisches Erbe, für Qualität und Vielfalt der Produkte unserer bäuerlichen Landwirtschaft sowie für unser typisch oberösterreichisches Lebensgefühl.« Gibt es ein besseres »Schlusswort«?

»Kuchenwunder« nennt Carmen Schlägel ihre kleine Konditorei, in der ausschließlich auf Bestellung gebacken wird. In jedem Fall entstehen einzigartige süße Kunstwerke.
Foto beigestellt
»Kuchenwunder« nennt Carmen Schlägel ihre kleine Konditorei, in der ausschließlich auf Bestellung gebacken wird. In jedem Fall entstehen einzigartige süße Kunstwerke.

Adressen

Bäckerei Brandl
Traditionsbäckerei in der Linzer Altstadt mit Brot und Gebäck aus Handarbeit.

Bismarckstraße 6, 4020 Linz
T: +43 723 773635-2, baeckerei-brandl.at


Bäckerei-Konditorei Kern
Seit 1912 werden hier Backwaren mit besten Zutaten und Leidenschaft erzeugt.

Dr.-Schober-Straße 9, 4320 Perg
T: +43 7262 52515, kern-baecker.at


Bäckerei Maislinger
Traditionsbäckerei im Salzkammergut, wo das Salz und Sole eine Hauptrolle spielen.

Au 55, 4822 Bad Goisern
T: +43 6135 8216, keltenbrot.at


Bio-Hofbäckerei Mauracher
Von der Ähre bis zum Brot alles bio.

Pogendorf 8, 4152 Sarleinsbach
T: +43 7283 8466, mauracherhof.com


Biobäckerei Stöcher
Seit 1260 – alte Rezepte, neue Kreativität.

Marktplatz 2, 4283 Bad Zell
T: +43 7263 7228, stoecher.at


Brotsüchtig
Die Rohstoffe kommen aus Oberösterreich, die Brottradition von den beiden Backsüchtigen.

Linzer Straße 54, 4221 Steyregg
T: +43 660 2323235, brotsuechtig.at


Klosterbäckerei Höllbacher
In der ältesten Bäckerei Österreichs sind Handwerkskunst und Geschmack daheim.

Wertheimerplatz 7, 5282 Ranshofen
T: +43 7722 63194, klosterbaeckerei.at


Konditorei Tortenmehr
Tortendesign für viele Anlässe.

Bischofstraße 9, 4020 Linz
T: +43 664 3722997, tortenmehr.at


Kuchenwunder
Mit Liebe gebacken: Hochzeits- und Motivtorten, Cake-Pops, Cupcakes, Macarons …

Schulstraße 10, 4212 Neumarkt im Mühlkreis
T: +43 664 1652766, kuchenwunder.at


Kremstaler Hofbäckerei
Hier vereint man traditionelle Werte mit modernen Ansprüchen für das »tägliche Brot«.

Hiersdorf 32, 4552 Wartberg an der Krems
T: +43 7587 6103, hofbaeckerei.com


Stiegl-Gut Wildshut
Am »1. österreichischen Biergut« braut man, bäckt Brot und lebt Kreislaufwirtschaft.

Wildshut 8, 5120 St. Pantaleon
T: +43 6277 64141, wildshut.at


Wir Eigenbrotler
eigenbrotler.at

Erschienen in
Kultur Oberösterreich Special 2024

Zum Magazin


Nichts mehr verpassen!

Melden Sie sich jetzt für unseren Newsletter an.

Ilse Fischer
Ilse Fischer
Autorin
Mehr zum Thema
Kulinarik
Fine-Dining im Europa-Park
Wussten Sie, dass es in Europas größten Freizeitpark zwei erstklassige Gourmet-Restaurants gibt...
Von Sebastian Späth