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Mike Nährer im Interview: »Das Konzept Gasthaus am Land ist auf jeden Fall zukunftsfähig«

»Man muss nur wissen, was man kann und authentisch sein.«: Das neue Projekt des Gasthaus »Nährer«, das mit einer Investition von rund 2,2 Millionen Euro realisiert wurde, steht für eine Vision, die weit über die Gegenwart hinausblickt.

Im beschaulichen Mostviertel Österreichs liegt das Gasthaus Nährer, ein Ort, der über die Jahre hinweg nicht nur zu einem kulinarischen Treffpunkt, sondern auch zu einem Symbol für Tradition und Innovation geworden ist. Koch und Inhaber, Mike Nährer, gewährte Falstaff im Rahmen eines exklusiven Interviews  Einblicke in die Geschichte des Gasthauses sowie in das neue Projekt.

Mike Nährer, ein leidenschaftlicher Koch und Liebhaber von Wein und Gourmet-Reisen, erzählt stolz von der langen Familientradition, die das «Gasthaus Nährer« prägt. Seit über 70 Jahren wird hier der Kochlöffel von Generation zu Generation weitergereicht. »Wir sind hier gut angekommen«, fügt er hinzu, während er die Geschichte des Gasthauses skizziert:

Falstaff: Soeben haben Sie ein aufsehenerregendes neues Projekt finalisiert. Es wurde auch viel investiert, rund 2,2 Millionen Euro. Was war die Vision dahinter?

Mike Nährer: Es war schon immer ein großer Traum von mir, so ein großes Projekt auf die Beine zu stellen. Die Vision hinter dem neuen Gasthaus ist eigentlich, dass wir für die Zukunft vorausgeschaut haben und hier eigentlich viele Bedürfnisse damit abdecken. Es ist ja optisch doch sehr modern, aber wir versuchen trotzdem unsere Traditionen zu wahren. Und das ist, glaube ich, das, was die nächsten definitiv Jahre gefragt sein wird.

Geöffnet haben wir bereits seit drei Monaten. Wir haben hier den Gastraum, den Gastgarten, die Küche, eigentlich alles neu gebaut. Aus einem Stadl, der landwirtschaftlich genutzt worden ist wurde ein Gasthaus und ich finde, wir hätten es nicht besser umsetzen können. Für mich war es beim Neubau besonders wichtig , dass wir flexibel sind, dass wir alle Möglichkeiten offen lassen und hier eigentlich je nach Bedürfnis agieren können.

Das Planungsbüro »Spitzbart + Partners«  wurde dazugeholt. Wurden die Wünsche auch optimal erfüllt?

Die Wünsche wurden erfüllt, die Liste mit den Wünschen war aber auch ein bisschen länger. Wir haben das Planungsbüro »Spitzbart + Partners« gewählt, weil wir gesehen haben, dass es für uns ideal passt und wir haben hier wirklich eigentlich alles umgesetzt, was wir uns gewünscht haben, von Flexibilität und Transparenz und das Ganze zeitgerecht. Ich wollte hier eigentlich eine geradlinige und vereinfachte Form von Gastronomie bieten, was sich ja auch optisch bemerkbar macht.

Es steckt ja auch ein multifunktionales Konzept dahinter, sodass zum Beispiel die Sitzplätze erweitert werden können. Wer ist eigentlich die Zielgruppe?

Die Zielgruppe, die bei uns im Gasthaus Nährer angesprochen wird, sind alle. Wir haben hier drei Generationen am Tisch sitzen. Das ist eigentlich das, was ein Gasthaus ausmacht. Wir haben von bis, also zum Beispiel Kaffeekränzchen bis hin zu großen Hochzeiten und zu Leichenschmaus. Wir können alles. Und das benötigt halt immer eine Flexibilität von Tischen, Bänken und Mobiliar.

Auf welche Spezialitäten aus der Küche darf man sich freuen?

Die Küche in einem Gasthaus sollte sich für mich in mehreren Bereichen unterteilen. Das soll aber der Gast eigentlich gar nicht mitbekommen, dass es »die Mutter- oder Großmutterküche« gibt, sondern so mitbekommen, wie man sie halt für sich in den Erinnerungen abgespeichert hat. Es sollte zeitgerechte Küche geben und auch eine Küche, die halt, sage ich mal, für den Körper oder für den Geist gut ist.

Wir haben viele Gerichte, die auf der Karte sind, warum auch die Gäste kommen. Das ist für jeden etwas anderes. Für den einen ist es die klassische Frittatensuppe, für den anderen ist es ein gebackener Kalbskopf. Das sind vielleicht die Gerichte, die es woanders nicht mehr gibt, die vielleicht vergessen worden sind auf manchen Speisekarten. Und wie gesagt, bei drei Generationen gibt es dann vielleicht auch einen Veganer oder eine Person, die sich vielleicht vegetarischer nährt. Somit möchten wir hier auch alles abdecken.

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Sie bewirtschaften ja auch mit »Grünzeug vom Feld«, selbst Bio-Gemüse und Kräuter. Wie involviert sind Sie hier?

Bei »Grünzeug vom Feld« ist es mir ganz wichtig, dass wir hier eine Symbiose haben, so wie mit allen unseren Partnern. Wir können hier optimal das Jahr genießen, also sprich das ganze Jahr durch bekommen wir das beste Gemüse vom Feld und da ist es mir ganz wichtig, dass man das auch auf der Speisekarte spürt.

Wie sieht das Weinsortiment aus?

Bei mir ist Wein ein ganz wichtiges Thema und dadurch hat es auch dazu geführt, dass ich jetzt selber Winzer bin -  bei den »Vergessenen Gärten«. Wir haben hier den Wein direkt vor der Haustür und man kann hier die Region verkosten, das Traisental und vieles mehr. Und mein Favorit ist irgendwo hängen geblieben bei handwerklichen Weinen, bei Naturweinen, bei Charakterweinen. Für mich ist das Uniformierte, das Vorhersehbare meistens sehr langweilig, deswegen bin ich hier eigentlich für vieles offen. Freaky muss es aber nicht unbedingt sein, aber sonst alles, was mit Handwerk zu tun hat. Und das findet man bei uns natürlich auf der Weinkarte - nicht nur aus Österreich, sondern internationale Weine.

Gibt es vielleicht noch mehr Visionen oder Projekte, die in nächster Zeit anstehen?

Wir haben eigentlich immer wieder Ideen, das Gasthaus neu zu erfinden. Das macht es spannend für den Gast. Wir haben Events über das ganze Jahr hinweg geplant, bei denen Musik und Kultur mit Kulinarik verbunden sind. Es ist nur noch die Frage offen,  wann das sein wird. Wir werden das noch mit den Künstler:innen absprechen, die Details will ich vorher noch nicht verraten. Es soll eine Überraschung werden.

Wie entwickelt sich ihrer Meinung nach das Konzept Gasthaus am Land?

Veränderungen gibt es immer, vor allem in den vergangenen Jahren hat es hier ganz schnelle und starke Veränderungen gegeben. Wir merken einfach, dass die Wahl der Produkte, die Zubereitungsarten oder beziehungsweise auch das Verlangen nach Tradition eine ganz starke ist. Und ich denke, da geht die Reise hin. Einfach mit einer transparenten und mit einer zeitgerechten Küche wird es für uns, glaube ich, hier weitergehen.

Wir bemerken aber auch hier im Umfeld, dass es immer mehr Wirtshäuser einfach auch nicht mehr gibt bzw. dass diese es auch nicht geschafft haben. Und wir möchten auf jeden Fall nachhaltig Qualität auf den Tisch bringen, das ist für uns die wichtigste Mission.

Ich denke, dass, wie so oft, sich die Spreu vom Weizen trennt und wir hier in einer Situation sind, wo viele nur ein bisschen Gastronomie betreiben und das dann aber sehr schnell keine Zukunft mehr hat. Also man muss das Gastronomie-Konzept voll und ganz machen, das muss man auch leben, mit Herz und Seele dabei sein. Das ist immer wieder ganz wichtig. Man kann nicht sagen, heute bin ich Wirt und morgen bin ich was anderes, das spürt auch der Gast und das ist das gewisse Etwas, das der eine hat oder der andere noch braucht oder der Grund, warum es den anderen gibt und den einen eben nicht mehr.

Ist das Konzept »Gasthaus am Land« also wirklich zukunftsfähig?

Ja absolut. Man muss nur wissen, was kann man. Und man muss authentisch sein. In jedem Gericht und in jedem Getränk muss man sich wiederfinden können. Das heißt nicht, dass man jetzt alles tagtäglich selber konsumieren muss, aber man muss zumindest wissen, warum soll das der Gast heute essen oder trinken. Das Konzept Gasthaus am Land ist also auf jeden Fall zukunftsfähig, wenn man eben weiß, was man kann und wenn man authentisch bleibt. Und das sollte man überall und immer sein.


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