Chardonnay-Trauben wie gemalt, und ein Wein voller Kalk-Würze: Weingut Bergdolt in Duttweiler.

Chardonnay-Trauben wie gemalt, und ein Wein voller Kalk-Würze: Weingut Bergdolt in Duttweiler.
© Michael Holz Studio

Shooting Star in weiß: Die Chardonnay Trophy 2023 in Deutschland

Deutschlands Chardonnays werden immer besser – und auch stilistisch immer raffinierter: Bei der Falstaff Chardonnay Trophy 2023 erzielten mehr als 40 Weine eine Spitzenbewertung von 92 Punkten oder mehr!

Am Ende konnte sich die Jury in der finalen Blindprobe der besten 23 Weine nicht mehr entscheiden: Zwei Weine hatten exakt denselben Punkteschnitt. Zwei stilistisch durchaus unterschiedliche Weine, in ihrer jeweiligen Art aber beide komplett ausgefeilt und in sich ruhend. Der eine Wein – er trug die Nummer 11 – zeigte viel Muskel, röstiges Holz, aber auch pfeffrige Kalkaromen und einen dichten Extrakt. Die Nummer 16 wirkte ungemein zurückhaltend und diskret, dabei in allen Komponenten ganz akkurat, der Wein hatte eine feine Phenolik und deutliche Salzigkeit. Zwei Facetten dessen, was deutscher Chardonnay sein kann: einmal – wie sich nach dem Aufdecken der Hüllen zeigte – aus der Pfalz und dem Weingut Bergdolt (Nummer 11), einmal aus Franken und dem Weingut Östreicher (Nummer 16). Beide Weine sind keine Burgund-Imitationen – und gerade darum so ungemein burgundisch in der Art, wie sie gedanklich entlang der eigenen Bedingungen von Weinberg und Klima konzipiert sind.

Möchte man aus der Verkostung (insgesamt waren 101 Weine angetreten) einen Trend ablesen, dann liegt er vielleicht darin, dass der auf die straffe, kernige Bündelung abzielende Stil vielleicht nicht mehr ganz so stark ins Extrem getrieben wird wie während der letzten Jahre. Hier und dort schimmert auch durch die straff gebauten Strukturen ein Hauch von Großzügigkeit – (zum Glück) weit entfernt von der buttrigen Opulenz früherer Zeiten, aber die Komplexität der Weine eindeutig bereichernd – und eine willkommene Brücke für die Speisenbegleitung bauend.

Auch hinter den beiden ex aequo erstplatzierten Weinen folgen Chardonnay-Originale, die höchst individuell gestaltet sind. Es lohnt sich hier ganz besonders, neben den Bewertungen auch einen genauen Blick in die Probennotiz zu werfen.

1. Platz

2021 »Tempus« Chardonnay – 95 Falstaff-Punkte
Weingut Bergdolt St. Lamprecht, Neustadt an der Weinstraße

13 Vol.-%, DIAM, Präsentes Holz, und markant jodige, kalk-würzige Aromen. Im Mund zeigt sich der Wein straff gebündelt, mit einem festen Säurerückgrat und einer Stoffigkeit, die geschmeidig (und auch leicht Holz-cremig) grundiert ist. Ein nuancenreicher, noch sehr junger Wein mit bester Perspektive.

weingut-bergdolt.de, 25 Euro

Foto beigestellt

2021 Rossbach Chardonnay – 95 Falstaff-Punkte
Weingut Richard Östreicher, Sommerach

13 Vol.-%, NK, Unaufdringlicher Duft, der sich langsam auffächert, etwas Apfel und Birne, kaum Primärfrucht, feine Kräuter, steinig-mineralische Noten, etwas Menthol. Druckvoll und auch getragen am Gaumen, die breit angelegte Struktur wird patent ausgefüllt mit dichtem Extrakt, reifen Phenolen und einer stilbildenden Säure. Unnachgiebiges mineralisches Rückgrat, das in das lange Finale führt.

weingut-richard-oesreicher.de, 65 Euro

Foto beigestellt

3. Platz

2021 »Réserve« Chardonnay94+ Falstaff-Punkte
Weingut Bernhart, Schweigen-Rechtenbach

13 Vol.-%, NK, Zitronengelb. Komplexer Duft aus Sternfrucht, Birne, Pfirsich, Limette, kombiniert mit einer leichten Reduktion. Am Gaumen eine attraktive salzige Mineralik, Haselnuss, ein Hauch Bourbonvanille, ideal balanciert von sehr guter Säure. Langer Nachhall. 

weingut-bernhart.de, 50 Euro

Foto beigestellt

2021 »Réserve« Chardonnay trocken – 94+ Falstaff-Punkte
Weingut Philipp Kuhn, Laumersheim

12,5 Vol.-%.  Ein kräftiges Gelb in der Farbe, beinahe explosiv in der Nase mit flintigen, rauchigen und kräuterigen Noten, viel Schießpulver, kaum Frucht. Lässt einem am Gaumen kaum Zeit zum Atmen, sehr energisch in seiner Entfaltung in Starkstrom-Manier, klar gefasste Kontur, groß-artige Säure, eng anliegend und kraftvoll, von engmaschigem Extrakt unterlegt und geschoben, mineralisch definiert, sehr jung und vielversprechend. 

weingut-philipp-kuhn.de, 35 Euro


Nichts mehr verpassen!

Melden Sie sich jetzt für unseren Wein-Newsletter an!

Ulrich Sautter
Ulrich Sautter
Wein-Chefredakteur Deutschland
Mehr zum Thema