Ekkehard Knobelspies

Ekkehard Knobelspies
© Upper Cut Media House Ltd

»Steak-Guru« Knobelspies: »Wir müssen essen, was wir schützen wollen«

Der Fleisch-Experte speist jährlich weltweit in hunderten Fleischrestaurants und ist derzeit auf »Österreich-Tour«. Falstaff hat mit ihm über die Diversifizierung vom Mainstream mit alten österreichischen Rinderrassen, warum die USA nicht mehr das Non-plus-Ultra im Steak-Bereich sind und den Fleischkonsum der Zukunft gesprochen.

Von einem saftigen Ribeye bis hin zu einem zarten Filet: Jeder Schnitt und jede Zubereitungsart ist eine Kunst für sich, die ihren eigenen Charakter und ihr eigenes Geschmacksprofil entfaltet. Waren es früher die USA, die als der Place-to-Be für gutes Rindfleisch und exzellente Steak Cuts galten, hat sich dies nun verändert, auch Europa kann sich in punkto Qualität und Diversität sehen lassen. Falstaff hat den Fleisch-Experten Ekkehard Knobelspies, CEO des »Upper Cut Media House«, dessen Team rund 850 Fleischrestaurants pro Jahr besucht und mit James Byron Meat Critic Fleisch von führenden Züchtern und Farmern weltweit bewertet, auf seiner Verkostungstour durch Österreich zum Gespräch getroffen.

Welchen Einfluss hat die Herkunft des Rindfleischs auf die Qualität des Steaks?

In Hinsicht auf die geografische Herkunft einen lange nicht mehr so großen Einfluss wie noch vor 15 Jahren, denn auch gerade in Europa weiss man inzwischen wie man mit lokalen und teilweise auch sehr alten und autochthonen Rinderrassen ein fantastisches Produkt erzeugt. Jedoch spielt das Klima eine durchaus sehr wichtige Rolle in puncto Qualität des Fleisches. Große Hitze wie sie z.B. vereinzelt in Australien immer wieder vorkommt, ist ein großer Stressfaktor für die Rinder, der sich in der Fleischqualität widerspiegelt. Gute Rahmenbedingungen in der Aufzucht der Rinder wie z.B. ausreichend Wasser, Fütterung und Zufütterung, wenn möglich in extensiver Haltung, ein Habitat in dem sich die Rinder stressfrei bewegen können und last but not least die Art der Tötung der Rinder, machen einen großen und entscheidenden Unterschied.

Es heißt ja, dass die USA bereits seit längerer Zeit nicht mehr das Non-plus Ultra im Fleischbereich sind. Warum ist das so?

Die USA galten lange Zeit als Synonym für gutes Rindfleisch und exzellente Steak Cuts. Das liegt zum einen an der langen Fleischtradition und zum anderen an den in den USA vornehmlich gezüchteten Fleischrassen wie z.B. Angus und Hereford Rinder, die mit zu den besten Fleischrassen der Welt in puncto Genetik etc. zählen. Jedoch finden sie auf den Speisekarten fast aller führenden Steak Restaurants in den USA immer die gleichen Primary Cuts wie Filet Tenderloin, Ribeye oder Porterhouse. Verstehen Sie mich nicht falsch, das sind großartig zubereitete Steaks aber ein Rind hat viel mehr zu bieten, als nur diese teilweise oft vom Gast auch aus Gründen der Zartheit und möglichst fat free gewünschten Edelteile des Tieres.

Heute hat sich der Geschmack von Fleischliebhabern gerade auch in Europa jedoch glücklicherweise zum Besseren verändert. From nose to tail heißt  das Zauberwort und bedeutet, dass das gesamte Rind bestmöglich verarbeitet wird. Eine kreative und vielseitige Nutzung und Zubereitung gerade auch der vor Charakter strotzenden Secondary Cuts wie z.B. ein Onglet / Hanging Tender, Entraña oder eine marinierte Rinderzunge sind richtig zubereitet ein kulinarischer Hochgenuss und Beispiel für lange Zeit unterschätzte Teilstücke, die eine spannende Abwechslung zu den Mainstream Standard Cuts bieten, die vornehmlich in den USA angeboten werden.

Besuchen sie beispielsweise Häuser in Spanien, Italien oder auch in  Belgien erwarten Sie authentische Fleischgerichte mit Lokalkolorit – wir nennen es Terroir – von teilweise alten und vom Aussterben bedrohten lokalen Rinderrassen, die mit viel Einsatz und Verve von kleinen Züchtergemeinschaften am Leben erhalten werden.

Wohin geht die Tendenz?

Die Tendenz geht weg von der Masse und hin zu unverwechselbarer Qualität. Zumindest kann ich dies für unsere 101 gelisteten Steak Restaurants behaupten und auch für die Restaurants, die es noch in kein Ranking geschafft haben. Ich kann behaupten, dass wir einen relative guten Überblick in diesem Segment haben, da wir weltweit ca. 850 Fleischrestaurants pro Jahr besuchen und testen.

Viele unserer Restaurateure haben ein Netzwerk zu lokalen Züchtern aufgebaut und sogar eigene Aufzuchtprogramme entwickelt, die sie gemeinsam mit Züchtern aus der jeweiligen Region umsetzen. Der Küchenchef ist jederzeit in der Lage das Fleisch auf dem Teller des Gastes zu 100 Prozent rückzuverfolgen und das Ergebnis in puncto Aufzucht, Fütterung, Schlachtalter und Reifung etc. nach seinen Vorstellungen zu steuern und mitzubestimmen.

Wir sprechen hier von einem komplett individualisierten Premium-Nahrungsmittel, dass sich in keinster Weise mit einem etikettlosen Massenprodukt ohne Rückverfolgbarkeit vergleichen lässt.

Wie steht Europa im internationalen Vergleich da?

Europa kann sich in puncto Qualität und Diversität wirklich sehen lassen, die Qualität und Kreativität in Hinsicht der Zubereitung wird von Jahr zu Jahr besser. Dies bedeutet, dass Sie neben Argentinien in Europa sicherlich mit die besten Steak Restaurants der Welt finden können.

Wagyu und Co:? Welches Fleisch ist das exklusivste und zarteste der Welt?

Diese Frage wird mir sehr häufig gestellt und ist seriös nur sehr schwierig zu beantworten. Wenn man den Begriff exklusiv in einem herkömmlichen Kontext verwendet ist Wagyu sicherlich weitläufig als das exklusivste Fleisch zu bezeichnen. Dies nicht nur allein aus Kostengründen. Wir haben jedoch jüngst eine 12-jährige »Alte Kuh« der Rasse Frisona verkostet, die selbst das zarteste Japanese Wagyu in den Schatten stellt. Ich bin der Meinung, dass sich jeder Vergleich dieser Produkte und Rassen verbietet, da jedes Fleisch seine Vorzüge und Liebhaber hat, »Chacun selon ses goûts«.

 Österreich zeichnet sich ja durch eine Diversität an lokalen Rinderrassen aus. Welche Chancen sehen Sie hier?

Für uns ist es eine Augenweide, die unterschiedlichen lokalen und teilweise sehr alten Rinderrassen von Tuxer Sprinzen, Jochberger Hummel bis hin zu Pinzgauer und Waldviertler Blondvieh in Österreich zu sehen und immer wieder die Möglichkeit zu haben, diese auch zu verkosten. Dies z.B. bei den Wiener Restaurants »Beef & Glory« und »Dstrikt«.

Die Zucht und Aufzucht alter lokaler Rinderrassen setzt eine große Leidenschaft voraus. Dieser bemerkenswerte Aufwand kann sich durch eine Diversifizierung vom Mainstream lohnen, den jedoch am Schluss auch der Konsument in puncto Preis goutieren und wertschätzen muss. Ganz unter dem Motto »wir müssen essen, was wir schützen wollen«.

Welche Rolle spielen die Reifung und das Ruhen des Fleisches für ein perfektes Steak?

Die richtige Reifung spielt eine essentielle Rolle für die Fleischqualität. Bei der Reifung des Fleisches kann man jedoch auch sehr viel richtig oder auch sehr viel falsch machen. Fakt ist jedoch, dass ich die Vorzüge jedes Steak Cuts durch die individuell angepasste Reifung – und hier gibt es viele unterschiedliche Reifemöglichkeiten – optimieren und wesentlich verbessern kann.

Auch die Ruhezeit nach dem Bratvorgang des Fleisches spielt eine entscheidende Rolle fuer den optimalen Genuss. Es dürfen gut und gern auch 8-10 Minuten sein. Kleiner Tipp – bitte das Fleisch nicht in Alufolie einwickeln, um es ruhen zu lassen !

Gibt es das perfekte Steak überhaupt?

Da viele individuelle und durchaus subjektive Faktoren eine Rolle spielen, um ein Steak als perfekt zu bewerten, würde ich behaupten, dass wir das perfekte Steak Stand heute noch nicht gegessen haben. Es wäre aus unserer Sicht auch langweilig, wenn es DAS perfekte Steak gäbe, da dieses Thema wirklich unerschöpflich ist und sich ständig verändert und weiterentwickelt.

Es gibt hier jedoch auch gute Vergleiche zu den großen Weinen dieser Welt, wo immer wieder eine ähnliche Frage gestellt wird. Eine unserer Tochterfirmen »James Byron Meat Critic« testet und bewertet Fleisch von führenden Züchtern und Farmern weltweit. Auf einer 100 Punkte Skala haben wir bis dato als Höchstnote 96 Punkte vergeben. Sie sehen, es gibt also noch etwas Luft nach oben.

Welche Rolle spielt dabei die Grillmethodik?

Es gibt so viele unterschiedlichen Grillmethoden wie es Rinderrassen und unterschiedliche nationale Vorlieben hinsichtlich der Fleischzubereitung gibt. Denken sie an das Asado über offenem Feuer in Argentinien, welches fester Bestandteil der Argentinier ist und das argentinische Lebensgefühl noch vor dem Tango widerspiegelt. Die Amerikaner bereiten die Steaks lieber eher auf einem 1.000º Grad heißen Gasgrill zu und bei uns wird doch häufig das Steak in der Pfanne auf dem Herd zubereitet.

Es ist einfach eine Frage des Geschmacks, der Vorlieben und der persönlichen Möglichkeiten, fuer welche Zubereitungsmethode ich mich entscheide. Jede der genannten Grill- oder Zubereitungsmethoden verleiht dem Fleisch jedoch einen anderen Charakter, da ein z.B. Gasgrill zu einem anderen Ergebnis als ein Holzkohle- oder ein japanischer Konrogrill führt.

Wo haben Sie das »Steak ihres Lebens« gegessen? Was machte dieses so besonders?

Zuhause bei meiner Familie in der Provence, zubereitet auf einem 100 Jahre alten gemauerten Holzkohlegrill. Ein Abend im Kreis meiner Familie, die Zikaden, der Geruch der Provence, Astor Piazzolla im Hintergrund und nicht zuletzt eine Flasche McLaren Vale Cabernet Sauvignon – Battle of Bosworth 2017.

Wie steht es um die Qualität der Steaklokale im DACH-Raum?

Durchaus sehr sehenswert. In Wien befindet sich unsere No. 19 und somit unser bestes Steak Restaurant in der DACH Region mit »Beef & Glory«. Weitere sehr respektable Plätze folgen auf No. 29 mit »Dstrikt« in Wien, No. 30 »George Prime« in München sowie No.49 »Beef« in Genf die alle unter den Top 50 zu finden sind.  Bemerkenswert, da es weltweit rund 300.000 Steak Restaurants gibt.

In welchen Lokalen trifft man Sie, wenn Sie in Österreich zu Gast sind?

Da ich ein großer Fan der österreichischen Kulinarik und Restaurantszene bin, bin ich dankbar für jeden Besuch, der mich nach Österreich führt. Selbstverständlich finden Sie mich bei meinen Tastings in den genannten Restaurants in Österreich aber auch immer liebend gern bei »Urbanek am Naschmarkt«, im »Schwarzen Kameel«, »Zur Dankbarkeit« in Podersdorf oder im »Mühltalhof« in Oberösterreich.

Seit Anfang der 1960er Jahre hat sich der weltweite Fleischverzehr mehr als vervierfacht. In den vergangenen Jahren haben sich aber viele gegenteilige Strömungen formiert. Wie soll der Fleischkonsum ihrer Meinung nach zukünftig aussehen?

Ganz einfach – weniger ist mehr! Qualität statt Quantität. Fleisch ist und bleibt ein großartiges und wertvolles Produkt, dass seinen Preis haben muss und nicht für den täglichen Verzehr gedacht sein sollte.


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Julia Emma Weninger
Julia Emma Weninger
Chefredakteurin Online
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