Die Aro­ma­tik Südspaniens ist die Tomate.

Die Aro­ma­tik Südspaniens ist die Tomate.
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Alles Tomate: Spaniens buntes Gold

Liebesapfel, Paradiesapfel, Goldapfel: Die Tomate hatte im Laufe ihrer Geschichte schon viele Namen. Bis sie die Menschheit in Versuchung geführt hat, hat es jedoch einige Zeit gedauert.

Dass es die Tomate überhaupt in derart reichlicher Form in Andalusien gibt, ist dem spanischen Konquistador Hernán Cortés zu verdanken. Er war es, der das Nachtschattengewächs Anfang des 16. Jahrhunderts nach der Eroberung Mexikos ins Land brachte.

Exot aus Übersee

In Anlehnung an den aztekischen Namen xtomatl (»Nabel des dicken ­Wassers«), der davor schon bei den Maya und anderen Völkern Mittel- und Südamerikas üblich war, gab man dem ­Gemüse den Namen Tomate. Bis ins 17. Jahrhundert galt sie als Rarität, die vorwiegend als Zierpflanze eingesetzt wurde, da man nicht sicher war, ob die Früchte, die botanisch gesehen eigentlich Beeren sind, überhaupt genießbar sind. Erst mit dem Fortschritt der Medizin begann man, die Tomate allmählich zu verkochen, wobei die Einwohner Italiens in diesem Fall als Vorreiterinnen und Vorreiter gelten.

Ende des 18. Jahrhunderts war der Siegeszug der Tomate dann auch im übrigen Europa unaufhaltsam. Mittlerweile geht man von weltweit mehr als 3100 Sor­ten aus, wobei es vermutlich mindestens genauso viele Züchtungen gibt, die nie registriert wurden. Auch bei den jährlich neu hinzukommenden Sorten hat man längst den Überblick verloren. Es gibt sie von klein bis riesig, von rund über herzförmig bis länglich, von klassischem Rot über Grüngestreift bis Schwarz. Fakt ist jedoch, dass die Tomate aus der Küche nicht mehr wegzudenken ist. Auch Spitzenkoch Dani García ist seinem Lieblingsgemüse treu geblieben. Seine Nitro-Tomate gibt es nach wie vor. Aktuell wird sie mit einem grünen Gazpacho und Garnelen serviert. Gäbe es eine Zutat, ohne die er nicht leben könne, so wäre es die Tomate, wie García stets betont, sie steht stellvertretend für seine Herkunft und den einzigartigen Geschmack Andalusiens.

Ein Überblick der bekanntesten Tomatensorten

Die weißen Häuser in Lubrin, Provinz Almería in Andalusien.
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Die weißen Häuser in Lubrin, Provinz Almería in Andalusien.

Tomaten-Hochburg

Die Aromen Südspaniens sind in erster Linie von der Tomate geprägt. Über 4,7 Millionen Tonnen wurden 2021 laut der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen FAO in Spanien produziert, der Großteil davon in der ­andalusischen Provinz Almería, auch bekannt als Gemüsegarten Europas. Auf einer Fläche von über 35.000 Hektar reiht sich ein Gewächshaus an das andere, wobei rund 13.000 Hektar allein um die Stadt El Ejido angesiedelt sind. Und das, obwohl das Gebiet am Fuße der Sierra ­Nevada, des höchsten Gebirges der ­Iberischen Halb­insel, geologisch betrachtet als Halbwüste gilt.

Wasser ist knapp, nur 200 Liter Regen fallen durchschnittlich pro Jahr und Quadratmeter. Zum Vergleich: In Wien sind es jährlich rund 550 Liter, in München 933 Liter und in Zürich über 1000 Liter. Je nach Entwicklungsstadium der ­Pflanze benötigen Tomaten pro Tag zwischen 0,5 und zwei Liter Wasser. Dass sich in ­Almería ab den 1950er-Jahren der Tomatenanbau dennoch etabliert hat, liegt zum einen an einem unterirdischen Flusssystem, das zur Bewässerung herangezogen wird, zum anderen an 3000 Sonnenstunden pro Jahr – womit Almería die meiste Sonne in ganz Spanien abbekommt. Problematisch ist jedoch der Wind. Weil er den Acker­flächen regelmäßig schwer zusetzte, begannen die andalusischen Bäuerinnen und Bauern in den 1960er-Jahren mit der Errichtung der Gewächshäuser. Das Meer aus weißen Dächern ist heute sogar vom Weltall aus erkennbar.


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Erschienen in
Falstaff Nr. 02/2023

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Sonja Planeta
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