Die Früchte des Kakaobaums enthalten bis zu 50 Samen, die landläufig als Kakaobohnen bekannt sind.

Die Früchte des Kakaobaums enthalten bis zu 50 Samen, die landläufig als Kakaobohnen bekannt sind.
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Schokolade: Die Tafelmacher

Bean-to-Bar wird auch in der Schweiz immer wichtiger. Dabei geht es um Schokolade, die ihre Herkunft transportiert, und viel Handwerk. Wir haben mit zwei Protagonisten aus Zürich gesprochen.

Bring Schokolade mit. Diesen Satz hat sicher jeder Schweizer schon einmal gehört, bevor er Verwandte oder Bekannte im Ausland besuchte. Schliesslich gilt die hiesige Schoggi als eine der besten der Welt. Wer von ihr spricht, meint in der Regel Milchschokolade, denn auf ihr beruht der Ruf. Die Kakaobohne kann geschmacklich aber weit mehr als das Standardprodukt liefern.
Als wir die Produktionsräume der kleinen Schokoladenmanufaktur La Flor in Zürich Binz besuchen, wird uns das schnell klar. Es duftet nach Schokolade, aber das ist nicht alles: Nelken, Zimt, Malz, Früchte, wie ein frisch gebackener Kuchen. Mit dem ansonsten von Vanille geprägten Schokoladenduft hat das wenig zu tun. «Kakao ist geschmacklich so divers wie Wein», sagt Laura Schälchli, eine der vier Initianten von La Flor. Ein Terroirprodukt, wenn man so möchte, denn auch beim Kakao gibt es unterschiedliche Sorten, die je nach Anbaubedingungen andere Geschmacksprofile hervorbringen. Diese feinen Unterschiede herauszuarbeiten ist der Grundgedanke der Bean-to-Bar-Bewegung, zu der sich auch La Flor zählt.

Das La-Flor-Team: Laura Schälchli, Ivo Müller, Finn Ramseier, Heini Schwarzenbach und Zelia Zadra.
© Lukas Lienhard
Das La-Flor-Team: Laura Schälchli, Ivo Müller, Finn Ramseier, Heini Schwarzenbach und Zelia Zadra.

Do it yourself

Im Gegensatz zur gängigen Schokoladenproduktion, werden die Bohnen bei Bean-to-Bar selbst geröstet und nur mit der Zugabe von Zucker zu Tafeln verarbeitet, jede Varietät einzeln. Die Qualität der Bohnen spielt eine entscheidende Rolle, deshalb arbeitet La Flor nur mit drei Produzenten – in Ecuador, Venezuela und Brasilien –, zu denen man intensive Beziehungen pflegt. «Vertrauen ist sehr wichtig, denn wir bekommen unsere Bestellung erst sechs Monate später», erklärt Schälchli.
Es braucht viel Know-how, und erst wenn alles schon beim Bauern richtig gemacht wurde – vom Anbau bis hin zur Fermentation der Bohnen –, kann eine herausragende Schokolade entstehen. Schälchli ist es wichtig, Wertschätzung an die Bauern zurückzugeben, denn das Kakaogeschäft ist auch heute noch von den Zeiten des Kolonialismus geprägt. Die Bohnenpreise, die La Flor zahlt, sind dementsprechend hoch, etwa dreimal höher als der gängige Marktpreis. Und das ist die Regel bei Bean-to-Bar-Produzenten. Auch wenn die Schokolade schon hervorragend sei, stehe man geschmacklich noch ganz am Anfang. Ihr selbst gehe es eigentlich mehr um die Emotionen als um den perfekten Geschmack. Schokolade macht sie glücklich.

Qualität durch Technik

Auch Kay Keusen von Taucherli verspürt eine gewisse Romantik, wenn er Schokolade macht. «Ich liebe den Duft, und manchmal bekommen sicher auch die Leute im Tram mit, dass ich gerade Schokolade gemacht habe», berichtet er. Besonders schlägt sein Herz aber für die Technik. Die spielt für ihn eine grosse Rolle, wenn es um Qualität geht. Er sei ein Maschinenfreak, verrät er uns, und dafür auch in der Szene bekannt. Seine Augen leuchten, als er uns im Detail über den Entstehungsprozess der Taucherli-Tafeln einweiht. Vor drei Jahren übernahm er Taucherli und rettete es vor dem Konkurs. Keusen experimentierte über Jahre, bis er mit seiner Bean-to-Bar-Linie an den Markt ging.
Die richtigen Bohnen, die richtige Röstzeit, die richtigen Maschinen, alles sollte perfekt sein. Seiner Ansicht nach ist Schokolade ein Luxusgut. «So lange eine Tafel aber beim Detailhändler für circa 60 Rappen zu haben ist, ist sie ein einfacher Zuckerlieferant», sagt Keusen. Dem arbeitet er seit Jahren entgegen: Der durch Vanille geprägte Einheitsgeschmack ist ihm zuwider. Mit diesem Aroma lassen sich Fehlnoten, die bei der Röstung oder Fermentation entstehen, überdecken, erklärt er uns. Bean-to-Bar-Produkte brauchen das nicht. Er arbeitet mit Bohnen aus Nicaragua, Kolumbien und bald auch Vietnam. In Asien hat er einen Kakaobauer ganz nach seinem Gusto gefunden.
Ein älterer Herr, der lange in Kanada lebte und sich nun zur Aufgabe gemacht hat, die verwildernden Kakaobäume zu pflegen. Zudem liebe er auch Maschinen, was Keusen natürlich gefällt. Bevor diese Schokolade auf den Markt kommt, experimentiere er weiter. Beispielsweise mit dem Reifeprozess, denn auch gute Schokolade verändert mit dem Älterwerden ihren Geschmack und wird komplexer.

Erschienen in
Falstaff Nr. 04/2018

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