Zürich: Cheese and the City
Die Region Zürich ist bekannt für ihren Käse, und die Stadt Zürich profitiert kulinarisch von diesem Urschweizer Nahrungsmittel. Ein Blick auf die Käsemacher, Käseläden und die Menschen, die das Milchprodukt grossmachen.
Von der sauber gepützelten Bankenmetropole Zürich aus ist nur eine halbe Stunde Autofahrt Richtung Nordosten nötig. Und schon befindet man sich im Zürcher Oberland, einer hügeligen Region, deren zahlreiche Flüsse Mitte vorletzten Jahrhunderts in den Dienst der Textil- und Maschinenindustrie gestellt wurden. Wo aber auch bis heute eine tief verwurzelte Landwirtschaft den Alltag prägt. So zum Beispiel im Dorf Hinwil, ein Ort in dem sich bereits vorstädtische Atmosphäre mit bäuerlicher Bodenständigkeit vermischt und Christa Egli-Bieri in der «Chäsi Hinwil» aus unbehandelter Milch benachbarter Bauernbetriebe mit der Hilfe zweier Angestellter und grossem Erfolg regionale Käsesorten herstellt. Die beliebtesten Weichen heissen «Girenbaderli» und «Senne-Flade», bei den Hartkäsen sind «Ur-Eiche» oder «Bachtelstei» am gesuchtesten.
Christa Egli-Bieri ist bereits in dritter Generation Käserin, das Unternehmen wurde von ihrem Grossvater 1958 gegründet. Bis heute wird handwerklich gearbeitet, und jeder Laib erfährt – teils über Wochen hinweg – eine liebevolle Behandlung inklusive Reifezeit. Rund 110 Tonnen der insgesamt 14 verschiedenen Sorten Käse entstehen jährlich allein in der Hinwiler «Chäsi». Christas Onkel Fredy Bieri, ein Visionär, hat schon 1996 als Leiter der Organisation «Pro Zürcher Berggebiet» die Marke «Natürli Zürioberland» ins Leben gerufen, um regionale Produkte wie die «Chäsi» seiner Nichte besser vermarkten zu können. Und ja, es gibt tatsächlich ein Berggebiet im Kanton Zürich, und «hier oben» findet man eine charakterstarke Landwirtschaft, die im Zug des unwiderstehlichen Trends zum Regionalen einen breiten Fächer unterschiedlichster Produkte fertigt.

Darum entstand seit 1996 um die regionalen Manufakturen herum ein genussvolles Ökosystem aus Milchlieferanten, derzeit 33 Produzenten, zahlreichen Händlern und Kunden.
Kurze Transportwege, die Kompetenz der Bauern und eine strenge Regulierung der Tierhaltung sorgen dafür, dass die Käsesorten, die in der Region entstehen, eine überdurchschnittlich hohe Qualität an den Tag legen. Die Milch profitiert vom frischen Gras, das die Kühe entweder auf dem hügeligen Grasland oder in luftigen Laufställen fressen. Wann immer möglich, wird die Milch der Kühe unbehandelt verarbeitet oder höchstens thermisiert, um die Aromen möglichst unbeschadet in den lagerfähigen Käse zu überführen. So kommen die Produkte an das heran, was Schweizer Käse schon immer auszeichnete: subtile, aber charaktervolle Aromen von Kräuterwiese und rahmige Noten bei den jüngeren Käsen, die bei den zwei bis drei Jahre gereiften Käsen dann ausdrucksstärker, «chüschtiger» (genussvoll-bissig) und immer hervorragend sauber herausgearbeitet daherkommen.
«Die <Hiesigen> haben sich längst daran gewöhnt, dass es schmackhafte Milch und tollen Käse aus der unmittelbaren Umgebung zu kaufen gibt»

Genuss vereint
Der Erfolg von «Natürli Zürioberland» machte in einem weiteren Berggebiet Schule, das traditionellerweise bei Zürchern als Skigebiet bekannt ist; die Region rund um den Wallfahrtsort Einsiedeln mit seinem berühmten Kloster. Neben dem Erzeugen hochwertiger Milchprodukte wird hier auch auf ein touristisches Element gesetzt, nämlich eine Schaukäserei, in welcher interessierte Gruppen nicht nur alles über das Schweizer Traditionsprodukt und seine Geschichte lernen, sondern auch ihr persönliches «Bergmutschli» erzeugen, das nach einem Monat Reifezeit nach Hause geliefert wird.Längst vergessen sind die historischen Differenzen zwischen katholischen und reformierten Regionen, die einst für Auseinandersetzungen sorgten; heute ist man im Genuss vereint.

Die Käse-Schweiz in einem Raum
Diese Einigkeit gibt es im Käse-Humidor des auf eine Gründung von 1833 zurückgehenden Warenhauses Jelmoli zu erleben – hier kommt nun wirklich die ganze Käse-Schweiz in einem einzigen, perfekt klimatisierten Raum zusammen.Namentlich im Sortiment zu erwähnen gilt es die Produkte von Martin «Flo» Bienerth, dessen Käserei im Bündner Dörfchen Andeer mittlerweile zu Weltruhm gekommen ist. Er beliefert mit seinem «Andeerer Granit» oder «Andeerer Traum» Gourmetköche im Sternebereich, gewinnt internationale Preise und ist, dank des gestiegenen Interesses am kulinarischen Handwerk, so etwas wie ein Käse-Promi geworden. Für seine Produkte verkäst er ausschliesslich Bio-Milch von Kühen, die sich ganzjährig von Gras und Heu ernähren; den für verwöhnte Gourmets störenden Fehlton aufgrund von Silage-Fütterung wird man in seinen Käsen niemals finden.
Man braucht jedoch kein Warenhaus aufzusuchen, um sich mit einer grossartigen Käse-Auswahl zu verwöhnen. Zahlreiche kleine Läden wie «Tritt Käse im Viadukt» oder «Chäs & Brot» halten mit erlesenen Käsesortimenten und darum herum gruppierten Weinen und Dienstleistungen ihre Kundschaft bei der Stange und sorgen dafür, dass Innovationen wie ein regionaler Grillbratkäse oder ein Raclette-Käse mit Blauschimmel(!) zuverlässig ihre Abnehmer finden.
