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So wird der Weinjahrgang 2023 international

Das Weinjahr 2023 gestaltete sich äußerst anspruchsvoll. Gemäß der Mitteilung der »Internationalen Organisation für Rebe und Wein« (OIV) belief sich die Ernte lediglich auf etwa 244,1 Millionen Hektoliter, was einem Rückgang von sieben Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Ein genauerer Blick auf die bedeutendsten Weinbauländer der Welt offenbart die Herausforderungen dieses Jahres.

Spanien 

Hitze, Dürre, Produktionseinbußen

Das Weinjahr 2023 in Spanien gehörte zu den herausforderndsten der jüngeren Geschichte, geprägt von Hitzewellen, Dürre und starken Regenfällen. Dies führte zur kleinsten Ernte der letzten sechs Jahre mit einem Rückgang von etwa 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, was etwa 33 Millionen Hektolitern entspricht. Der Frühling war der heißeste und zweittrockenste seit 1961. Besonders in Katalonien waren die Auswirkungen extrem, mit einer Erntereduktion von durchschnittlich 30 Prozent, im Penedès sogar 50 Prozent.

Die Weinlese begann aufgrund der Hitze früher, besonders in den südlichen Regionen. Trotz der Herausforderungen gibt es auch positive Aspekte, wie in Galizien, wo höhere Erntemengen erwartet werden. Allerdings gleichen diese nicht den Produktionsausfall in Schlüsselregionen wie Kastilien-La Mancha mit über 20 Prozent Rückgang aus. In Rioja führten starke Regenfälle und hohe Temperaturen zu Botrytis und stellenweisen Erntestopps. In Ribera del Duero hingegen waren die Bedingungen milder, was zu einer optimalen Reife der Trauben führte.

Die geringere Ernte könnte für Spaniens Weinwirtschaft vorteilhaft sein, um die Überproduktion zu reduzieren, die durch Inflation, eine gute Vorjahresernte und gefüllte Lager nach der Pandemie entstand. Insbesondere bei spanischen Rotweinen könnte sich der Angebotsdruck verringern.

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Portugal

Guter Start, schwieriges Ende

In Portugal war 2023 geprägt von Wetterherausforderungen, die jedoch nicht zu bedeutenden Ernteverlusten führten. Ursprünglich wurde eine Erntesteigerung von acht Prozent erwartet, bedingt durch einen milden Sommer, der eine frühere Reife begünstigte. Jedoch führten Wetterinstabilitäten und Regen während der Ernte zu geringeren Erträgen als erwartet, wobei frühes Ernten in einigen Regionen größere Verluste verhinderte.

Im Douro-Gebiet, wo vorangegangene Jahre von Hitzewellen und Dürren geprägt waren, war 2023 dank ausreichenden Niederschlägen und moderaten Temperaturen im Sommer erfreulicher. Starke Regenfälle gegen Ende der Ernte stellten Herausforderungen dar, doch die Produzenten sind mit der Weinqualität, besonders aus der Unterregion Cima Corgo, zufrieden.

Im Alentejo führte Frost im Frühjahr zu Verlusten, aber optimale Bedingungen für die Traubenreife folgten, trotz einer Hitzewelle im August. Hochwertige Weine, insbesondere von Rebsorten mit längerer Reifeperiode, wurden produziert. In der Region Vinho Verde stellte hohe Feuchtigkeit ein Problem dar, erhöhte den Pilzdruck, aber dennoch werden ordentliche Weinqualitäten erwartet.

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Argentinien

Rekordverluste durch Frost 

Eine Hochschaubahn der Gefühle durchlebten die Winzer Argentiniens mit dem sehr seltsamen Weinjahr 2023. Ende Oktober, Anfang November trafen eisige Luftmassen aus der Arktis den Großteil der Weinregionen, wo die Reben bereits weit ausgetrieben hatten. Und das Jahr hatte noch weiteren Unbill auf Lager. Am Ende stand die kleinste Weinernte seit Aufzeichnungsbeginn um 1960. Aber der janusköpfige Jahrgang hat andererseits auch qualitativ spektakuläre Ergebnisse hervorgebracht. Denn die Kälte hat aus dem Süden kommend, die höchsten Steillagen im Uco Valley nicht erreicht, die besten Malbec-Trauben aus Gualtallary und Los Chacayes ergaben 2023 seltene Spitzenweine. Auf die Spätfröste folgte eine anhaltende Trockenperiode, begleitet von hohen Temperaturen. Auch wenn die fehlenden Mengen schmerzen, so berichten die führenden Önologen und Winzer von herausragenden Qualitäten. Und das gilt für Chardonnay, Pinot Noir, Merlot wie auch für Malbec. Ein Umstand, der sich bereits herumgesprochen hat, man beginnt sich bereits Kontingente zu sichern.

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Kalifornien

Ein kühles, spät reifendes Jahr mit Top-Weinen

Rund 80 Prozent des in den USA erzeugten Weines kommt aus Kalifornien und hier feiern die Winzer den neuen Jahrgang 2023 als herausragend. Reichliche Niederschläge im Winter versorgten die Böden, förderten Austrieb und gesundes Blattwachstum, während die kühleren Temperaturen im Frühling und Sommer in ganz Kalifornien eine allmähliche Entwicklung der Trauben und eine zusätzliche Reifezeit ermöglichten. Ein später Lesetermin sorgte für einen der besten Jahrgänge seit Langem und für Weine mit wunderschönen Aromen, lebendiger Säure und bemerkenswerter Ausgewogenheit. Die Ernte lag zwischen zwei Wochen und einem ganzen Monat hinter dem normalen Zeitpunkt, in manchen Fällen bis Ende November. Viele Sorten erreichten gleichzeitig ihre Reife. Die Mengen lagen fünf bis 15 Prozent über denen des Vorjahres. Die Merlots zeigen eine frühe Geschmacksentwicklung, ausgewogene Zuckerwerte und frische Säuren. Herzhafte Tannine und komplexe Aromen sind die Markenzeichen des diesjährigen Cabernet Sauvignon. Die Rotweine 2023 spiegeln den kühleren Jahrgang wider, sie sind elegant und klar, mit ausgewogenem Alkohol und präzisem Sortengeschmack.

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Chile 

Hitze, Feuer, Kälte – La Niña hatte es in sich

Das Wetterphänomen La Niña steht normalerweise in Chile für kühle Bedingungen, so aber nicht dieses Mal. Denn diesmal erreichten die Temperaturen im Central Valley die höchsten Werte seit gut 70 Jahren, was die Weingärten deutlich zu spüren bekamen. Nur die Anlagen in der Nähe des Pazifiks blieben von der Hitze verschont. Die Erntemenge betrug schließlich nicht ganz zehn Millionen Hektoliter, das bedeutete im Vergleich zum Vorjahr ein sattes Minus von 20 Prozent. Dank einer guten Wasserversorgung der Böden im Winter und einer frostfreien Blütephase war man sehr gut in den Sommer gestartet, manche Winzer wurden dann allerdings von den hohen Temperaturen überrascht, ganz im Süden kam es auch zu Schäden durch Waldbrände. Die Trauben reiften je nach Situation teilweise schneller, in den kühleren Zonen mit Verzögerung, das macht das Bild des Jahres 2023 ziemlich inhomogen. Aus den Küstengebieten kommen frische Sauvignon Blancs und Chardonnays sowie Pinot Noirs von erster Güte. Aus dem Zentralgebiet sind es reife Rote, saftige Cabernets mit erstaunlicher Frische und Frucht.

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Südafrika

Kleine Mengen, zurück auf der Erfolgsspur

Südafrika ist heute der neuntgrößte Weinproduzent der Welt und erzeugt rund vier Prozent der weltweiten Weinproduktion. Die Saison 2022/2023 wird wegen des trockenen und eher warmen Winters und der allgemein guten Wachstumsbedingungen während der vegetativen Wachstumsphase in Erinnerung bleiben. Gleichzeitig war die Reifezeit kühl und feucht. Die Trauben reiften in einem langsameren Tempo optimal aus. Kleinere Beeren, die durch die trockenen Bedingungen während der Zellteilung und Zellvergrößerung entstanden, führten zu hervorragenden Geschmacks- und Farbprofilen. Die Erzeuger freuen sich besonders über die ausgezeichnete Farbextraktion, die niedrigen pH-Werte und die hohe natürliche Säure. Im Vergleich mit anderen Jahrgängen ist die Ernte 2023 vergleichbar mit 2014, 2015, 2018, 2019 und 2021. Das waren ebenfalls sehr kühle Jahre. In 2023 blieb die Menge um 14,2 Prozent hinter dem Vorjahr zurück, aber die Qualität ist dank des kühleren Vegetationsverlaufs in den meisten Fällen überdurchschnittlich hoch. Mit einer kleineren Ernte, ausgezeichneten Qualitätsweinen und einem Markt, der sich zu einem Verkäufermarkt gewandelt hat, ist die südafrikanische Weinwirtschaft nach COVID gut aufgestellt.

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Australien

Wenig Wein, dafür mit Charme und Eleganz

Ein drittes La Niña-Ereignis in Folge brachte das feuchteste Jahr seit 2011 und es war auch Australiens kühlstes Jahr seit 2012. Anhaltende Winter- und Frühlingsregenfälle in weiten Teilen Südostaustraliens erschwerten den Zugang zu Weinbergen und verursachten in einigen Regionen Überschwemmungen. Die kühlen, feuchten Bedingungen im Frühling und Sommer in einigen Regionen führten auch zu geringeren Erträgen, verzögerter Reifung und Problemen bei der Krankheitsbekämpfung. Der australische Weinjahrgang 2023 wird auf 1,32 Millionen Tonnen geschätzt, das sind 26 Prozent unter dem 10-Jahres-Durchschnitt und dem niedrigsten Stand seit 2000. Von den fünf Spitzensorten steigerten Shiraz und Sauvignon Blanc ihren Anteil an der Gesamternte, während Cabernet Sauvignon, Chardonnay und Merlot Anteile verloren. Sauvignon Blanc wurde zur viertgrößten Sorte und verdrängte Merlot. Shiraz war die größte Sorte mit einer Ernte von 346.156 Tonnen, ein Rückgang um 20 Prozent im Vergleich zu 2022. Chardonnay war mit 253.887 Tonnen die zweitgrößte Sorte und die größte weiße Sorte, ein Rückgang von 29 Prozent im Vergleich zu 2022.

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Neuseeland

Das Sauvignon Blanc-Wunder

Auf der Südinsel gestaltete sich der Jahrgang 2023 alles in allem ausgezeichnet, er wurde von den Winzern sehr gut umgesetzt, die von den besseren Wetterbedingungen profitierten, in denen sie ihre Ernte abschließen konnten. Andererseits machte das beispiellose nasse Wetter den Produzenten in den Anbaugebieten der Nordinsel sehr zu schaffen. Doch trotz dieser Herausforderungen waren sie am Ende mit der Qualität der Ernte 2023 überwiegend sehr zufrieden. Das Engagement der Winzer für die Herstellung von Weinen in Premiumqualität sorgt dafür, dass die Verbraucher weiterhin die unverwechselbaren Weine genießen werden, die sie kennen und lieben. »Die Aufnahme von Hawke’s Bay in die Liste der zwölf großen Weinhauptstädte der Welt ist von regionaler und nationaler Bedeutung und zeigt, dass Neuseelands Weinbauindustrie zwar noch jung ist, wir aber eine Qualität bieten, die mit der ältesten der Welt mithalten kann«, so Philip Gregan von den New Zealand Winegrowers. Die Erntemenge lag 2023 nur 6 Prozent unter dem Rekordniveau von 2022. Neuseeland ist wertmäßig der sechstgrößte Weinexporteur der Welt, bei nur 1 Prozent der globalen Produktion.

© New Zealand Winegrowers Inc. / NautilusEstate

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Erschienen in
Falstaff Nr. 01/2024

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