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Gerard Bertrand: «Die Zukunft gehört dem biodynamischen Weinbau»

Gérard Bertrand aus dem Languedoc zählt zu den bedeutendsten Wein-Unternehmern der Welt. Falstaff sprach mit dem Biodyn-Pionier über die Zukunft des Weinbaus.

Gérard Bertrand gehört zu den grossen Visionären der Weinwelt. Im Alter von 22 Jahren übernahm er das Weingut seines Vaters Château de Villemajou und entwickelte sich über die letzten Jahrzehnte hinweg zu einem der bedeutendsten Winzer Frankreichs. Auf seinen 16 Weingütern im Süden Frankreichs arbeitet er seit vielen Jahren nach biodynamischen Methoden. Falstaff hatte die Möglichkeit, mit dem Starwinzer zu sprechen.

Falstaff: Herr Bertrand, bevor sie in der Weinwelt durchstarteten, waren sie als professioneller Rugby-Spieler aktiv. Wie hat diese Zeit ihren Weg in der Weinbranche beeinflusst?
Gérard Bertrand: Rugby war etwa zwanzig Jahre lang meine Passion. Ich war nicht nur als Spieler aktiv, sondern auch einige Zeit lang Präsident des RC Narbonne. Rugby war für mich eine Lebensschule und hat mich zu dem gemacht, der ich heute bin. Bei dieser Sportart geht es um Freundschaft, Demut und Leidenschaft, darum, seine Ängste in Mut umzuwandeln. Mir hat Rugby wichtige Lektionen für das Leben vermittelt. Immer nach vorne zu schauen und neue Projekte anzureissen.

Schauen wir in die Zukunft der Weinwelt. Wie könnte diese aussehen?
Aktuell befinden wir uns an einem Wendepunkt. Wir müssen uns um die Erde kümmern und einen Wandel herbeiführen. Die Biodiversität ist in den letzten vierzig Jahren um etwa vierzig Prozent gesunken und dieser Prozess muss gestoppt werden, wenn wir den Planeten retten wollen. Der Weinbau muss das Zugpferd dieses Wandels sein.

Wie muss dieser Wandel ihrer Meinung nach konkret aussehen?
Wir müssen die Biodiversität und das Bodenleben steigern. Die Mikroorganismen, die in der Erde zu finden sind. Hierbei ist der biologische Anbau ein entscheidender Faktor. Eine Studie des französischen INRA-Instituts (Nationales Institut für Agronomieforschung) hat gezeigt, dass die Anzahl an Mikroorganismen in biologisch bewirtschafteten Flächen signifikant höher ist. Am höchsten ist sie, wenn biodynamisch gearbeitet wird. Durch die Steigerung der organischen Materie im Boden sinkt der CO2-Fussabruck und das ist der Schlüssel für die künftigen Generationen.

Auf ihren 16 Weingütern im Süden Frankreichs arbeiten sie seit vielen Jahren biodynamisch. Wie beeinflusst der biodynamische Anbau ihrer Erfahrung nach die Weinqualität?
Nach etwa drei, vier Jahren spürt man eine Veränderung in den Weinen. Wenn man auf Kaliumdünger und alle anderen chemisch-synthetischen Mittel verzichtet, sinkt der PH-Wert im Boden, die Säure im Wein steigt und die Weine werden frischer und lebendiger. Mit den heutigen önologischen Methoden lassen sich natürlich auch hervorragende Weine aus konventionellem Anbau herstellen. Möchte man jedoch darüber hinausgehen, das Terroir und den Ort spürbar machen, muss man den Einsatz von chemisch-synthetischen Mitteln reduzieren. Das ist meine Meinung. Die Zukunft gehört dem biodynamischen Weinbau.

Teilt die Weinwelt diese Meinung bereits?
Noch nicht. Aber es gibt immer mehr Weingüter, die biodynamisch arbeiten. Ich bin der Überzeugung, dass in zwanzig Jahren die Hälfte aller Weine weltweit zumindest nach biologischen Richtlinien produziert werden. Das wäre eine grosse, entscheidende Veränderung.

Ihre Premiumweine sind in der Schweiz seit Kurzem exklusiv bei Schuler erhältlich. Der Kosmos ist Rotwein des Jahres 2022. Was hat es mit diesem Wein auf sich?
Ja, mit Nikolas von Haugwitz, dem CEO von Schuler, verbindet mich eine jahrzehntelange Freundschaft. Es lag also auf der Hand, ihn bei der Premium-Offensive, die er dort angestossen hat, zu unterstützen. Der Kosmos ist ein Wein, der den Geist Südfrankreichs verkörpert. Er vereint die wichtigsten Rebsorten der Region Grenache, Syrah, Mourvedre und Carignan. Der Kosmos ist ein Wein für jeden Tag, ohne dabei an Tiefgründigkeit vermissen zu lassen. Der Name bezieht sich auf die Bedeutung der Planeten für uns Menschen.

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