Spitzenkoch Stefan Heilemann

Spitzenkoch Stefan Heilemann
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Heilemann: Chef’s Table und traumhaftes Menü

Stefan Heilemann hat im «Widder» losgelegt – und unterstreicht, dass er zu den allerbesten Köchen in der Schweiz gehört. Auch Patissier André Siedl ist exzellenter Form.

Herrlich frisch beginnt das Menü für die kleine Presserunde in den geschichtsträchtigen Stuben des «Widder Hotels»: Zum Tatar vom Hiramasa-Kingfish gibt es zarte rosa Gambas, die der neue Küchenchef Stefan Heilemann aus der Algarve kommen lässt, einen Sepia-Salat, Gurke und Dill. Es folgt der erste kräftige Akzent in Form leicht angebratener Thunfischbauchwürfel mit Blumenkohl, Thai-Salsa und Minze. Wunderbar, wie die übrigen Elemente mit dem buttrig-intensiven Toro harmonieren! Kraft und Leichtigkeit auf einem Teller, ein echter Heilemann eben!

Der Chef liebt Luxusprodukte und steht auch dazu: «Wer, wenn nicht ein Restaurant mit unserem Anspruch, soll sie noch servieren? Nachhaltigkeit im Bezug auf Toro oder Kaisergranat heisst für mich, dass wir sie mit maximaler Sorgfalt und Expertise verarbeiten. Und dass wir sie nicht mit anderen Aromen erschlagen, sondern durch diese noch mehr zum Glänzen bringen.» Die Rotbarbe kombiniert Heilemann mit Artischocken (roh gehobelt, ganz gebraten, als Würfel, frittiert, als Creme), eleganter Sherry-Escabeche und Bottarga. So spannend ist, was neben dem Fisch mit knuspriger Haut und Flosse passiert, so sehr steht dieser im Zentrum. Besser kann man eine Rotbarbe nicht in Szene setzen!

Der Hauptgang – Miéral-Perlhuhnbrust mit wildem Broccoli, Yuzu und australischem Wintertrüffel – mag ein wenig abenteuerlich klingen. Aber was ist das für eine grandiose Kombination! Gehaltvoll und dennoch von tänzerischer Leichtigkeit. Dazu ein dunkler Jus, der weit weg ist von aller Stumpfheit. «Die Yuzu ist nicht zu sauer, setzt fruchtige und salzige Akzente», erklärt Heilemann.

Patissier André Siedl zündet zum Schluss noch einmal ein Feuerwerk. Die mit Pandan aromatisierte Kokosmousse mit Aprikosenkern, Aprikosensorbet, marinierten Aprikosen, Ingwersablé und kandiertem Ingwer zählt zweifellos zu den besten Desserts, die wir hierzulande gegessen haben. Dezent die Süsse, belebend das Zusammenspiel von Frucht, Säure und leichter Schärfe. Ebenso grossartig die Mousse aus Blüemlisberg-Schokolade von Felchlin mit Ziegenmilchglace, Himbeeren und Weizengras.

Ganz wichtig für Stefan Heilemann: Bis auf den bisherigen Sous-chef Armin Rauscher, der eine neue Herausforderung gesucht hat, konnte er seine ganze Küchencrew inklusive Spüler mit in den «Widder» nehmen. Auch der Service mit Gastgeber und Sommelier Stefano Petta blieb grösstenteils beisammen. «Kontinuität ist beim Kochen genauso wichtig wie im Spitzenfussball. Man gewinnt unmöglich die Meisterschaft, wenn man ständig Wechsel auf den Schlüsselpositionen hat», sagt Heilemann. «Es braucht eine gut eingespielte Maschinerie, deren Schmierstoff gegenseitiger Respekt und Freundschaft sind.» Am letzten Abend vor dem Lockdown feierte das Team noch einmal gemeinsam in der «Taverne zum Schäfli» in Wigoltingen bei Christian Kuchler, dessen Tochter Heilemanns Patenkind ist. An das Ende des «Ecco» Zürich dachte damals noch niemand, umso grösser war später die Freude über das gemeinsame Engagement im «Widder».

Anders als zuvor im «Atlantis» sind der Chef und seine Brigade in der offenen «Widder»-Küche ganz schön ausgestellt. «Kein Problem, im Gegenteil», findet Heilemann und fügt an: «Ich freue mich, dass wir auch den Chef’s Table mit einem speziellen Menü bespielen können. Dieser ganz direkte Kontakt mit den Gästen reizt mich. Auch weil ich es liebe, Grosses Pièces und ganze Fische zuzubereiten.» Das Chef’s-Choice-Menü ist ab vier Personen erhältlich und kostet pro Person 350 Franken inklusive einem Glas Krug Grande Cuvée. Und was sagt «Widder»-Direktor Jörg Arnold zu seinem neuen Dream Team? «Die Resonanz ist enorm, der Name Heilemann ein Magnet. Als bekannt wurde, dass das «Atlantis» die Türen schliesst, wollten wir Stefan unbedingt haben, es wäre ja jammerschade, wenn er Zürich den Rücken gekehrt hätte.»

widderhotel.com

Alex Kühn
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